Hell's Angels (German Edition)
viel zu viele Risiken. Es war ein Dilemma, eine echte Herausforderung für die Behörden von Madera County.
An einer Tankstelle in Mariposa erkundigte ich mich nach dem Weg nach Bass Lake. Der Tankwart, ein etwa fünfzehnjähriger Junge, riet mir mit ernster Miene, nicht dorthin zu fahren. »Die Hell’s Angels werden die Stadt in Schutt und Asche legen«, sagte er. »In Life ist ein Artikel über die. Mein Gott, warum sollte irgendjemand nach Bass Lake fahren wollen? Diese Kerle sind schrecklich. Die werden die ganze Stadt niederbrennen.«
Ich erzählte ihm, ich sei Karatemeister und wolle mir diese Schlägereien nicht entgehen lassen. Als ich weiterfuhr, sagte er, ich solle auf mich aufpassen und kein Risiko eingehen. »Die Hell’s Angels sind schlimmer als Sie glauben«, sagte er. »Die lassen sich selbst mit vorgehaltener Flinte nicht aufhalten.«
Der nächste Straßenabschnitt war wie aus einem Tagebuch von Lewis und Clark. Der Wagen wurde so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass ich schon dachte, ich müsste ihn irgendwo stehen lassen, noch bevor das Wochenende rum war, und zusehen, dass mich einer der Hakenkreuz-Pickups
mit nach San Francisco zurück nahm. Zwischen den Bachdurchquerungen vertrieb ich mir die Zeit damit, dem Tonbandgerät zu erzählen, wie absurd es doch sei, sich in dieser Gegend mit einer Bande von Großstadt-Psychopathen zu treffen. Die Straße hatte auf der Landkarte noch nicht einmal eine Nummer. Hin und wieder kam ich an einem verlassenen Blockhaus oder den Überresten eines Goldwäscherlagers vorbei. Vom Radio einmal abgesehen, kam ich mir so fern von jeglicher Zivilisation vor wie ein einsamer Wilderer auf den zerklüfteten Gipfeln der Mission Range in Nord-Montana. 28
Gegen zwei Uhr nachmittags erreichte ich südlich von Bass Lake den glatten Asphalt des Highway 41. Ich suchte gerade im Radio nach einem Sender, der Nachrichten brachte, da kam ich an einer Hotdogbude vorbei und sah zwei Outlaw-Bikes, die gut sichtbar am Straßenrand abgestellt waren. Ich wendete, hielt neben den Maschinen und traf dort Gut und Buzzard, die über der gerichtlichen Verfügung brüteten. Buzzard, ursprünglich aus Berdoo, ist ein Hell’s Angel, wie er im Buche steht. Er stellt eine eigenartige Verbindung dar aus Bedrohlichkeit, Obszönität, Eleganz und tiefem Misstrauen allem gegenüber, was sich regt. Fotografen wendet er den Rücken zu, und Journalisten hält er allesamt für Agenten des großen Oberbullen, der in einem Penthouse auf der anderen Seite irgendeines unermesslich tiefen Grabens lebt, den kein Hell’s Angel je überqueren wird, es sei denn als Gefangener – und dann auch nur, damit man ihm die Hände abhackt, um den anderen eine Lektion zu erteilen. Buzzard hat etwas wunderbar Beständiges, er ist ein menschliches
Stachelschwein, das seine Stacheln stets aufgerichtet hat. Wenn er bei einer Tombola mit einem Los, das seine momentane Freundin für ihn erworben hat, einen Neuwagen gewinnen würde, würde er dahinter sofort eine Finte wittern, mit der ihm die Zulassungsgebühr für den Wagen aus der Tasche gezogen werden soll. Er würde das Mädchen als bestochene Schlampe in die Wüste schicken, den Sponsor der Tombola zusammenschlagen und den Wagen gegen fünfhundert Seconal und einen elektrischen Betäubungsstab mit Goldgriff eintauschen.
Ich kann ihn gut leiden, aber außerhalb der Angels ist mir nie jemand begegnet, der meinte, Buzzard habe etwas Besseres verdient als zwölf Stunden lang Stockschläge auf die nackten Fußsohlen. Als Murray für seinen Post -Artikel recherchierte, versicherte ich ihm eines Morgens, es sei ungefährlich, Barger daheim in Oakland aufzusuchen und um ein Interview zu bitten. Dann legte ich mich wieder schlafen. Einige Stunden später klingelte das Telefon, und Murray war dran und brüllte mich wütend an. Er habe ganz ruhig mit Barger gesprochen, erzählte er, und mit einem Mal habe er einem wild dreinblickenden Wahnsinnigen gegenübergestanden, der ihm mit einem knorrigen Stock vor dem Gesicht herumfuchtelte und brüllte: »Wer zum Teufel bist du?« Die Beschreibung dieses Angreifers passte auf keinen Angel, dem ich je begegnet war, also rief ich Barger an und fragte, was passiert sei. »Ach, Mann, das war nur Buzzard«, sagte er und lachte. »Du weißt ja, wie er ist.«
Das wusste ich in der Tat. Jeder, der Buzzard einmal begegnet ist, weiß, wie er ist. Murray brauchte nach dieser Vorstellung etliche Stunden, um sich wieder zu beruhigen, und
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