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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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schlank, lässig gekleidet, aber nicht sonderlich abgerissen aussehend – die Bärte gestutzt, mittellanges Haar und keine Anzeichen für Waffen oder ausgefallene Extras. Ohne die Hell’s-Angels-Abzeichen hätten sie kaum mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen als zwei durchreisende Hipster aus LA.
    Gut war damals streng genommen gar kein Hell’s Angel. Etliche Jahre zuvor war er Gründungsmitglied des Sacramento-Chapters gewesen, das, wie auch das Frisco-Chapter, in seiner Anfangszeit eine deutliche Boheme-Note hatte. Terry the Tramp war ebenfalls Gründungsmitglied der Angels von North Sacramento. Sie waren mit den Beatniks von Sacramento immer gut ausgekommen, und als das Chapter dann nach Oakland zog, brachten sie etwas von diesem Einfluss mit. Das kam im El Adobe nicht allzu gut an. Die ursprünglichen Oakland-Angels waren knallharte Schläger – eine reinere Abart also  – und hatten nie etwas mit dem Jazz, der Lyrik und den Protestbewegungen aus Berkeley und San Francisco zu schaffen gehabt. Aufgrund dieses Konflikts, was die Hintergründe anging, hatte der plötzliche Zusammenschluss von Angel-Flüchtlingen aus Sacramento und Berdoo in Oakland eine irritierende Wirkung auf die ganze Szene.
    Wie die meisten anderen ein Wanderer, war Gut auch Mitglied des Berdoo-Chapters gewesen, doch nun, mit 27, war er sich nicht sicher, ob er noch mal irgendwo richtig einsteigen wollte. Die Mitgliedschaft wird nicht automatisch
übertragen. Die Brüderschaft aber gilt weiter, und man geht immer davon aus, dass ein Angel, der umzieht, schließlich von dem Chapter aufgenommen wird, mit dem er beschlossen hat zu fahren, aber es gibt dabei immer eine Probezeit – nur für alle Fälle. In Guts Fall beruhte diese Probezeit auf Gegenseitigkeit. Er wolle im Herbst zurück aufs College, erzählte er. Er hatte bereits drunten im Süden ein Jahr an einem Junior College hinter sich gebracht; er wollte Werbegrafiker werden, und sein Skizzenbuch voller Motorradzeichnungen bewies, dass er ein Naturtalent war. »Ich glaube eigentlich nicht, dass ich wieder bei den Angels mitmachen will«, sagte er eines Abends. »Aber ich hasse es, Freunde zu verlieren. Manchmal denke ich, ich sollte den Club aufgeben, mich irgendwo niederlassen und ganz was anderes machen, aber es ist schwer, den Angels das beizubringen.« Einer von Guts Freunden, kein Angel, sagte voraus: »Er wird wieder einsteigen. Mann, er kann doch gar nicht anders.« 29
    Wir drei saßen immer noch da und plauderten vor uns hin, da setzte der Streifenwagen mit einem Mal zurück, wendete in engem Bogen auf dem Parkplatz und brauste dann auf dem Highway davon. Ich trank schnell mein Bier aus und schnappte mir gerade mein Tonbandgerät, als ein ungeheurer Lärm erscholl. Sekunden später kam eine Phalanx von Motorrädern von Westen her über den Hügel gedonnert. Gut und Buzzard liefen zum Highway, winkten und johlten. Die Straße war voller Motorräder. Die Hotdogbude stand auf dem Kamm eines Hügels über Bass Lake; dieser war die letzte geografische Hürde zwischen den Angels und ihrem Ziel. Der Polizei war es in ihrer
Weisheit gelungen, an der Straßensperre mindestens hundert Motorradfahrer aufzuhalten und ihnen mit großem Zeremoniell die Verbotsverfügungen zu überreichen; und dann hatte man sie alle gleichzeitig weiterfahren lassen. Statt also in ruhigen Trupps einzutreffen, überquerten die Outlaws in einer großen Gruppe geschlossen den Hügelkamm – johlend, hupend, Bandanas schwenkend – und boten den Bürgern ein wahrhaft Furcht einflößendes Spektakel. Die Disziplin, die auf dem Highway geherrscht hatte, war dahin; jetzt herrschte der Irrsinn. Als er Gut und Buzzard jubelnd am Straßenrand sah, riss Little Jesus die Hände hoch und stieß ein Triumphgeschrei aus. Seine Maschine machte einen Schlenker nach rechts, und fast wäre er mit Charger Charley the Child Molester zusammengestoßen. Ein Angel, den ich noch nie gesehen hatte, kam auf einem orangen Threewheeler vorbei und riss dabei die Füße hoch wie ein Rodeoreiter. Andy aus Oakland, der keinen Führerschein besitzt, fuhr vorüber, seine Frau vor sich auf dem Tank, bereit, sofort den Lenker zu ergreifen, sollten sich die Bullen blicken lassen. Es war ein Getöse wie bei einem Erdrutsch oder einem vorüberfliegenden Bombergeschwader. Obwohl ich die Angels kannte, konnte ich kaum fassen, was ich da sah. Es war wie Dschingis Khan, Morgan’s Raiders, The Wild One und die Vergewaltigung von Nanking, alles

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