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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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mussten, dass es alles andere als ein Schlaraffenland war. Als diese Herren dort eintrafen, war der Zug nach Westen bereits ins Stocken geraten. Der »California way of life« war zu einer Art Reise nach Jerusalem geworden,
aber es dauerte etwas, bis sich das im Osten herumgesprochen hatte, und währenddessen riss der Strom der Goldgräber nicht ab. Hier eingetroffen, hielten die Neuankömmlinge ein paar Jahre lang durch und waren dabei fruchtbar und mehrten sich – bis der Krieg begann. Dann gingen sie entweder zum Militär oder hatten auf dem boomenden Arbeitsmarkt die freie Wahl. So oder so waren sie bei Kriegsende Kalifornier. Ihren alten Lebensstil ließen sie auf der Route 66 zurück, und ihre Kinder wuchsen in einer neuen Welt auf. Die Linkhorns hatten endlich ein Zuhause gefunden.
    Nelson Algren hatte in a Walk on the Wild Side über sie geschrieben, aber diese Geschichte wurde erzählt in jener Zeit, bevor sie die Rocky Mountains nach Westen überquerten. Dove Linkhorn, der Sohn von Crazy Fitz, zog, um sein Glück zu machen, nach New Orleans. Zehn Jahre später wäre er nach Los Angeles gegangen.
    Algrens Buch beginnt mit einer der besten historischen Schilderungen des Lebens der weißen amerikanischen Unterschicht – des so genannten white trash  –, die je geschrieben wurde. 33 Er verfolgt die Ahnenreihe der Linkhorns zurück bis zur ersten Welle von Leibeigenen, die an unseren Küsten landeten. Sie waren der Abschaum der Britischen Inseln – Pennbrüder, Außenseiter, Verbrecher, Schuldner, gesellschaftliche Bankrotteure aller Art –, alle bereit, für eine Ozeanpassage in die Neue Welt einem künftigen Dienstherrn einen äußerst repressiven Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Hier angelandet, erduldeten sie dann ein, zwei Jahre lang eine Abart der Sklaverei
– wobei sie in dieser Zeit von ihrem Herrn beköstigt und beherbergt wurden –, und wenn ihre Leibeigenschaft dann beendet war, wurden sie freigelassen und standen auf eigenen Beinen.
    Theoretisch und im geschichtlichen Kontext gesehen, war das ein Arrangement zum gegenseitigen Nutzen. Ein Mann, der so verzweifelt war, dass er sich in die Leibeigenschaft verkaufte, pfiff in der alten Heimat vermutlich auf dem letzten Loch, und deshalb war ihm jede Gelegenheit recht, auf einem neuen Kontinent Fuß zu fassen. Nach einer Zeit der harten Arbeit und erniedrigender Umstände stand es ihm dann frei, sich in einem Land mit anscheinend grenzenlosen natürlichen Reichtümern auf das zu stürzen, was seinen Fähigkeiten entsprach. Tausende Leibeigene kamen herüber, aber als sie sich ihre Freiheit verdient hatten, war der Küstenstreifen bereits besiedelt. Das noch unbeanspruchte Land lag im Westen, jenseits des Alleghenygebirges. Und so wanderten sie in die neuen Staaten weiter – nach Kentucky und Tennessee; und ihre Söhne zogen weiter nach Missouri, Arkansas und Oklahoma.
    Das Weiterwandern wurde zur Gewohnheit; mit gekappten Wurzeln in der Alten Welt und gänzlich ohne Verankerung in der Neuen, stand den Linkhorns nicht der Sinn danach, sich niederzulassen und etwas anzubauen. Und auch die Leibeigenschaft wurde zur Gewohnheit, wenn auch nur phasenweise. Sie waren keine Pioniere, sie waren die schäbige Nachhut des ursprünglichen Zugs nach Westen. Wenn die Linkhorns irgendwo eintrafen, war das Land bereits vergeben – also arbeiteten sie eine Zeit lang dort und zogen dann weiter. Ihre Welt war ein brutales, versoffenes Zwischenreich zwischen dem Abgrund der Verzweiflung und dem Big Rock Candy Mountain.
Sie wanderten immer weiter nach Westen, hetzten Jobs, Gerüchten, freien Grundparzellen oder einem glücklicheren Verwandten hinterher. Sie lebten wie Baumwollwürmer von dem, was das Land gerade hergab, nahmen sich, was sie konnten, und zogen dann weiter. Es war ein Leben, bei dem man nicht wusste, was am nächsten Tag geschah, und im Westen gab es immer noch mehr Land.
    Manche blieben zurück, und ihre direkten Nachkommen leben heute immer noch dort: in den Carolinas, in Kentucky, West Virginia und Tennessee. Auf der ganzen Strecke gab es Aussteiger: die Hillbillys, Okies und Arkies – das ist alles ein Volk. Texas ist ein lebendes Monument für diesen Menschenschlag. Und Südkalifornien auch.
    Algren nannte sie »Jungen mit großen Sehnsüchten«, die »das Gefühl hatten, betrogen worden zu sein«. Freibeuter, bewaffnet und betrunken – Legionen von Spielern, Raufbolden und Hurenböcken. Sie kommen in die Stadt in einem schrottreifen

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