Hell's Angels (German Edition)
Warum und Weshalb der ungerechten Frauenverteilung brütet.
Gegen elf Uhr war klar, dass sämtliche im Camp anwesenden Frauen nicht nur vergeben waren, sondern auch bereits genommen wurden. Im Gebüsch hörte man Kichern und Stöhnen und knackende Zweige, aber die etwa hundert Outlaws, die beim Feuer blieben, hörten diskret weg. Viele waren ihre überschüssige Energie bei den traditionellen Kampfspielen losgeworden. Bei einem früheren Run hatten sie zwei geheime Kampfbünde gegründet: Die Loge und U-Boot 13 . Auf ein vorher abgesprochenes Signal hin stürzte sich der U-Boot-Mob auf
irgendein unglückseliges Logen-Mitglied und zermalmte es unter einem Berg aus Leibern. Dann kamen ihm andere Logen-Mitglieder zur Hilfe und warfen sich ebenfalls auf den Haufen. Es sah aus wie ein Gerangel um einen Football bei einem Spiel der Chicago Bears gegen die Green Bay Packers, bloß dass in Bass Lake fünfzig bis sechzig Leute in solchen Menschenhaufen steckten. Ich weiß noch, wie ich Puff sah, der über hundert Kilo wiegt, wie er zwanzig Meter Anlauf nahm und dann kopfüber und mit einem Bier in jeder Hand auf den Haufen sprang. Aus irgendeinem Grund gab es keine Verletzten. Die Outlaws sind nicht in dem Sinne sportlich, dass sie etwa in ihrer Schulzeit irgendwelche Sportabzeichen gewonnen hätten, aber fast alle halten sich in Form. Sie trainieren nicht, aber so, wie die meisten von ihnen leben, haben sie das auch nicht nötig. Die Arbeit, für die man sie bezahlt, ist ohnehin meist körperliche, und wenn sie nicht arbeiten, leben sie von ein paar Hamburgern, Donuts und was sich sonst auftreiben lässt. Viele bläht der Biergenuss auf, aber dieses Anschwellen hat nur wenig Ähnlichkeit mit dem dezenten Bierbäuchlein der Schreibtischwelt. Die wenigen richtig dicken Angels sind eher wie Bierfässer gebaut.
Manche behaupten, die Outlaws bräuchten kein Essen, denn sie bezögen ihre ganze Energie aus Speed-Pillen. Das ist allerdings ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Ein solcher Ersatz funktioniert nicht, wie einem jeder bestätigen kann, der das einmal probiert hat. Es gibt Drogen, die in einem schlummernde Kräfte freisetzen, aber die sind wertlos und wirken eher kontraproduktiv, wenn keine solchen Kräfte vorhanden sind. Im Übermaß auf nüchternen Magen genommen, lösen Speed-Pillen eine Art nervösen Stupor aus, der durch Mattigkeit, Niedergeschlagenheit,
Schüttelfrost und Schweißausbrüche gekennzeichnet ist. Die Angels kennen sich auf dem Schwarzmarkt aus, und wenn es wirklich eine Pille gäbe, die als Essensersatz funktioniert, würden sie sie in großen Mengen schlucken, denn das würde ihnen das Leben sehr erleichtern. Wie es gegenwärtig steht, nehmen sie Nahrung zu sich, wo sie nur können. Mädels bekochen sie, bei Kellnerinnen in schmierigen Dinern dürfen sie »anschreiben lassen« und dann gibt es ja auch immer noch die verheirateten Männer, deren Frauen sich nur selten zu schade sind, zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit fünf oder sechs Kameraden durchzufüttern. Dem Kodex nach ist es unmöglich, dass ein Angel einem anderen Angel zur Last fällt. Ein hungriger Outlaw bekommt unweigerlich von einem anderen etwas zu essen. Und wenn bei allen magere Zeiten herrschen, überfällt eine Gruppe von ihnen einen Supermarkt und klaut alles, was sie tragen kann. Nur wenige Verkäufer werden versuchen, einen gefährlichen Rowdy aufzuhalten, der mit zwei Schinken und drei Flaschen Milch zur Tür hinausrennt. Die Outlaws halten Lebensmitteldiebstahl nicht für ein Verbrechen, es verletzt höchstens ihren Stolz ein wenig. Sie denken gern, sie hätten das nicht nötig – aber wenn sie es doch einmal nötig haben, gehen sie dabei ganz offen zu Werke. Während einer die Schinken oder Steaks zusammenrafft, sorgt ein Zweiter für Unruhe, um die Verkäufer abzulenken. Ein Dritter stopft am anderen Ende des Ladens einen Rucksack mit Dosen und Gemüse voll – und dann türmen sie alle gleichzeitig durch verschiedene Ausgänge. Das ist nicht schwierig. Dazu bedarf es nur einer gewissen Dreistigkeit, eines bedrohlich wirkenden Äußeren und mürrischer Gleichgültigkeit dem gegenüber, was die Leute wohl denken werden. Und was die Polizei angeht:
Wenn die am Tatort eintrifft, wird das Essen zwanzig Blocks weiter bereits gekocht.
Die Outlaws können die Vor- und Nachteile der Welt, in der sie leben, selten in Worte fassen, aber sie haben gute Instinkte. Sie wissen aus Erfahrung, dass man für manche Verbrechen
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