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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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wahrscheinlich bestraft wird, für andere eher nicht. Wenn ein Hell’s Angel beispielsweise ein Ferngespräch führen will, geht er dazu normalerweise zu einem Münzfernsprecher. Er wirft genug Geld für die ersten drei Minuten ein, bejaht nach Ablauf dieser Zeit die Frage der Vermittlung, ob er weitersprechen möchte, und redet dann, so lange er will. Wenn er das Gespräch schließlich beendet, sagt ihm die Vermittlung, wie viel Geld er noch einzuwerfen hat – doch statt zu zahlen, lacht er nur, grunzt Obszönitäten ins Telefon und hängt auf. Im Gegensatz zum normalen, hart arbeitenden Mittelschichts-Amerikaner hat ein Motorrad-Outlaw kein persönliches Interesse an dem System, das durch die Stimme der Telefonvermittlung repräsentiert wird. Die Werte dieses Systems sind ihm vollkommen gleichgültig. Außerdem weiß er, dass ihn die Telefongesellschaft eh nicht belangen wird. Also telefoniert er zu Ende, beschimpft die Vermittlung und geht sich dann gepflegt voll laufen lassen.

16
    Der Psychopath kann, wie das Kind, die Freuden der Befriedigung nicht hinausschieben; und dieser Wesenszug zählt zu seinen grundlegenden, universellen Kennzeichen. Er kann die erotische Befriedigung nicht abwarten, bei welcher die Konvention verlangt, dass vor dem Abschuss die Jagd erfolgt: Er muss vergewaltigen. Er kann nicht abwarten, bis gesellschaftliches Ansehen entsteht: Seine egozentrischen Ambitionen verleiten ihn dazu, Schlagzeilen zu machen, indem er sich dreist aufführt. Die Vorherrschaft dieses Mechanismus’ der sofortigen Befriedigung durchzieht wie ein roter Faden die Lebensgeschichte jedes Psychopathen. Sie erklärt nicht nur sein Verhalten, sondern auch die Gewaltsamkeit seiner Taten. – Robert Lindner, Rebel Without a Cause
    Auf einem Run lassen sich alle voll laufen. Als es auf Mitternacht zuging, hatte der Campingplatz von Willow Cove etwas von einem Tollhaus. Menschen mit glasigem Blick torkelten hinaus in den See und setzten sich ins Wasser. Andere stürzten über Motorräder oder brüllten Freunden, die sie nicht mehr erkannten, sinnlose Beschimpfungen entgegen. Statt mich dem Irrsinn am Lagerfeuer
anzuschließen, zog ich mich lieber zu meinem Wagen am Rande der Dunkelheit zurück und gesellte mich zu einer Gruppe Gypsy Jokers. Sie hielten sich immer noch zurück und ließen die Angels die große Show abziehen.
    Hutch, ihr Sprecher, hegte anscheinend philosophische Neigungen und wollte reden. Was bedeutete denn nun dieses ganze gottverdammte Ding mit den Motorradbanden? Er behauptete nicht, es zu wissen, wollte es aber ergründen. »Wir sind eigentlich nicht böse«, sagte er. »Aber wir sind auch nicht gut. Scheiße, was weiß ich. Manchmal mag ich diese Szene und manchmal nicht. Aber was mich so richtig ankotzt, sind die Zeitungen. Es stört mich nicht mal, dass sie uns als Gangster bezeichnen und so, aber weißt du was? Sogar wenn wir richtig üble Scheiße fabrizieren, stellen sie es immer noch falsch dar. Wenn ich diese Sachen lese, erkenne ich mich da überhaupt nicht wieder. Mann, wahrscheinlich sollten wir dir mal so richtig in den Arsch treten, bloß weil du ein Reporter bist.«
    Die anderen kicherten, und mir kam der Gedanke, dass diese Bemerkung später, wenn der Alkohol allmählich Wirkung zeigte, auch noch andere, weniger harmlose Reaktionen auslösen könnte. Doch wenn die Outlaws tatsächlich von der Presse nichts wissen wollten, hätten sie mich viel früher aus dem Camp geworfen. Kurz bevor es dunkel wurde, hatte Tiny zwei Kameramänner, die behaupteten, von CBS zu sein, verscheucht, und kurz darauf hatte er mir verboten, mein Tonbandgerät zu benutzen, und gesagt, er würde es ins Feuer werfen, sollte er mich damit erwischen. Wenn sie nicht gerade posieren oder etwas vorher abgesprochen wurde, reagieren die meisten Angels mit Misstrauen, wenn sie fotografiert oder auf Band aufgenommen werden oder auch nur mit
jemandem sprechen sollen, der ein Notizbuch dabei hat. Tonbänder und Filmaufnahmen gelten als besonders gefährlich, weil man das Aufgezeichnete nicht bestreiten kann. Das trifft selbst auf friedliche Situationen zu, wenn ein zufälliger Schnappschuss einen Mann womöglich am Tatort eines Verbrechens zeigt, das noch nicht begangen wurde. Ein Angel, der in Oakland wegen Mordverdacht verhaftet wird, findet immer einen Zeugen, der schwört, er sei in der betreffenden Nacht in San Francisco gewesen  – aber wenn irgendeine Zeitung im Besitz eines Fotos ist, das ihn zehn Minuten vor

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