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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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überall, wo ich aufgetaucht war, um aufs Geratewohl ein paar Fragen loszulassen, das Ergebnis wieder nur eine Frage gewesen? Hatten sie nicht alle scheinbar in Rätseln gesprochen - Samuel Waterman jun. und sen.; Lynette Griffiths, Howies nicht trauernde, die Bibel zitierende Witwe; Roy Dumaine, Mona Morgan... ja sogar Labeija?
    »Wenn man im Showbusiness ist, sollte man sich das Gesicht nicht zu oft ummodellieren lassen. Wenn man jemals sauer genug wird, auf jemanden loszugehen, der in derselben Branche ist wie man selbst, dann ist man verpflichtet, seine Schläge so tief wie möglich zu halten. Je tiefer, desto besser.
    Das ist das einzig Anständige, was man tun kann. Leute, die den tieferen Sinn hinter dieser Regel nicht verstehen, nennen es schmutziges Kämpfen. Aber man kann richtig sehen, daß es das nicht ist...«
    Ich erinnerte mich, daß Labeija mir dies neulich abends im Pigalle gesagt hatte, an dem Abend, an dem ich nicht von jemandem niedergeschlagen worden war, der sich im Dunkeln vor der Garderobe einer Stripperin versteckt hatte... in der Mona Morgan mit ihren lackierten Zehennägeln saß und sich häßlich trank, aus Gründen, die sie mir nicht mitteilen wollte. Mehr Rätsel!
    Daran erinnerte ich mich, als ich mich aus dem in tiefe Schatten getauchten östlichen Bett der Schlucht hinaufarbeitete, mich an den Haltepunkten weiterzog und mit den Füßen auf den überlegt angebrachten Stufen so sicheren Halt fand... als hätte ich schon Jahre in dem geheimen Dschungel unterhalb der Straßen von Manhattan gelebt.
    Geheim? Eine klaffende Wunde des Leidens und der Not mitten im Herzen von New York City ist ein Geheimnis?
    Nachdem ich jetzt meine Ausbildung erhalten hatte, war der Dschungel auch kein Geheimnis mehr für mich. Jetzt konnte ich mich wirklich einen Detective nennen, denn ich wußte, daß ein Geheimnis nie stärker ist als in dem Augenblick, wenn es denen enthüllt wird, die nicht sehen Wollen.
    Als ich mich der Höhe der Straße näherte, hörte ich wieder das dumpfe Dröhnen des nach Norden fließenden Verkehrs auf der Tenth Avenue und den drängenden Sog der Zeit. Und ich hörte eine Frau etwas rufen.
    »Juu-huu!«
    Ich schaute mich um und sah nur Felsen und Schatten und dürre Bäume. Noch weitere drei Meter, und ich war wieder auf der Straße. Ich warf einen Blick zurück auf den Boden des Dschungels und sah die ordentlichen, kreuz und quer verlaufenden Wege und die kleinen Feuer und Lionel, der langsam zur Brücke und dann darunter zu seiner Hütte zurückkehrte.
    »Juu-huu, Hock!«
    Und dann sah ich sie.
    »Juu-huu... Fröhliche Weihnachten, Hock!«
    Es war Heidi, die sich aus einem sonnenbeschienenen Spalt zwischen zwei kleinen Felsblöcken dicht unterhalb der Stelle am Rand des Parkplatzes herauslehnte, wo ich den Dschungel betreten hatte. Ich konnte nur ihren Kopf und ihre Schultern sehen und das Taschentuch, mit dem sie mir zuwinkte. Und ich begriff, daß sie Zuflucht genau an der Stelle gefunden hatte, wo sich Buddy-O als Junge den Fluchttunnel unter der Falltür des alten Schuppens hinter Blind Marys Haus gebaut hatte.
    Ich schob mich seitlich zu einer Stelle, von der aus ich Heidi besser sehen und von wo aus sie mich leichter hören konnte. Und da stand ich nun, auf einem flachen Felsvorsprung, der aus der Böschung der Schlucht herausragte, ungefähr zwei Meter unter dem Parkplatz.
    »Wie geht’s dir, Schätzchen?« fragte ich.
    Sie lächelte mich nur an, sagte dann schließlich: »Es hat geschneit, weißt du?«
    »Ja, das weiß ich, Heidi.«
    »Ist das nicht wunderbar?«
    »Ja, das ist es«, sagte ich. »Hast du’s warm genug?«
    Sie rückte etwas auf ihrem Kopf zurecht, und ich sah, daß es der Kopfhörer eines Walkman-Radios war. Sie drehte ihr
    Gesicht in den letzten Schimmer der schwächer werdenden Sonne, atmete das dunkler werdende Licht ein und sah dann wieder zu mir herüber.
    »Was?«
    Ich sagte wieder: »Hast du’s warm genug, Heidi?« Wenn sie nur die Wand der Schlucht hinauf und hinunter klettern könnte, dachte ich, bis ganz nach unten zu einem Unterschlupf und in den Schutz des Königs des Dschungels. Aber nicht mit ihren Beinen.
    Heidi dachte über ihre Antwort nach, wollte schon etwas sagen, und dann registrierte ich ein schlurfendes Geräusch irgendwo hinter ihr, wohin ich nicht sehen konnte. Das Geräusch lenkte sie ab, sie warf einen kurzen Blick über die Schulter. Und dann drehte sie sich wieder zu mir, und ich entdeckte Beunruhigung in ihrem fleckigen,

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