Hell's Kitchen
zerfurchten Gesicht. Dann verschwand die Besorgnis und wurde von einem irren, gelassenen Ausdruck verdrängt, den ich schon auf so vielen Gesichtern von obdachlosen Frauen bemerkt hatte.
»Hast du einen Kaffee für mich?« sagte sie. »Mit Milch und Zucker?«
»Ich könnte dir einen besorgen. Soviel du willst. Wieso kommst du nicht einfach mit, und dann trinken wir einen Kaffee zusammen?«
Sie lächelte. »Oh, vielen Dank, Hock, aber nein. Ich werde schon bald von hier fortgehen... Mach dir keine Sorgen um mich, ich werde schon klarkommen. Es hat geschneit, weißt du. Ist das nicht herrlich?«
Und wieder hörte ich das Schlurfen hinter ihr. Und Heidi hörte es auch, doch diesmal rührte sie sich nicht. Sie winkte nur mit ihrem Taschentuch und lächelte und zog sich dann langsam in den Einschnitt zwischen den Felsen zurück, und ich hörte sie noch sagen: »Fröhliche Weihnachten.«
Ich kletterte das letzte Stück hinauf, zu der Öffnung im Zaun am hinteren Ende des Parkplatzes. Und dann ging ich an diesem Zaun entlang zu einer kleineren Öffnung - kaum mehr als eine schmale Lücke zwischen der Zaununterseite und einem aufplatzenden Stück Asphalt, durch die Heidi gekommen sein mußte, indem sie sich darunter hergerollt und dann das kurze Stück in den Felsspalt fallen gelassen haben mußte.
Sie saß da und hörte Radio. Sie wußte, daß ich über ihr stand, doch sie wollte nicht mehr mit mir reden, weder über Kaffee noch darüber, den Ort zu verlassen, dahin, wo sie es wenigstens etwas warm hatte. Über gar nichts.
Und so ging ich nach Hause.
»Dachte mir schon, daß du wieder anrufst. Verdammt, ich hätte drauf wetten sollen. Vielleicht hätte ich dir ja noch ein Porterhouse-Steak abknöpfen können, was du mir im übrigen sowieso anbieten solltest, falls du willst, daß ich dir noch mal aushelfen soll, Hock.«
Ich sagte Aiello, daß ich ihm jetzt zwei Abendessen im The Palm schuldete.
»Tja, okey-dokey«, sagte er. »Dann sag mir doch einfach, was du dieses Mal brauchst.«
Ich hörte, wie er sich an seinem Ende der Leitung eine Zigarre ansteckte, und ich konnte die Zigarre schmecken, die er mir gegeben hatte, als wir uns neben Buddy-Os Leiche in dem Haus direkt gegenüber von meinem eigenen unterhielten, zu dem ich genau jetzt in diesem Augenblick hinüberschaute, als ich vor meinem Fenster stand und langsam ein schönes, großes Glas mit einem doppelten Johnnie Walker Red auf Eis schwenkte.
»Dieser Anruf ist inoffiziell, okay, Aiello?«
»Klar. Aber die Steaks...«
»Die sind offiziell. Ich muß dich nur etwas über die beiden Mordfälle fragen, die du erwischt hast.«
»Devlin, und danach Griffiths in deiner Badewanne.«
»Ja. Beide splitternackt.«
»Genau, was ja auch der Grund ist, wieso die Sitte als erstes davon erfahren hat, wegen - wie ich’s dir ja schon gesagt habe - der aktuellen Politik, sofort und schnell bei allem vorzugehen, was danach aussieht, als wär’s vielleicht, du weißt schon, ein Fall von »Schwüle aufmischen<.«
»So, bei Buddy-O Devlin sah’s ganz danach aus, als wäre er gerade aus der Dusche gekommen, weswegen er nicht bekleidet war.«
»So sieht’s aus, Hock. Er hat nur ein Handtuch getragen, wir haben seine Installationen überprüft, und wir stellen fest, daß er nicht in den Arsch gefickt worden ist oder so. Und?«
»Also hast du den Fall an die PDU abgeschoben.«
»Korrekt.«
»Was ist mit Kleidungsstücken, die er sich vielleicht schon mal zum Anziehen bereitgelegt hat?«
»Das ist das Komische an der Sache. Da lagen keine Kleider bereit, und dabei war’s doch heller Nachmittag, und Devlin sieht aus, als wollte er sich richtig schick machen und gut riechen, um sich mit jemandem zu treffen...«
»Was dann wohl ich gewesen sein dürfte. Er hatte mir was erzählen wollen, und wir hatten uns eigentlich auf einen Drink verabredet.«
»Ja, also schätze ich doch wohl, das war’s dann. Jedenfalls, da lag nichts in der Richtung, das er für eine Verabredung hätte anziehen können - keine Jacke, keine Hose, kein Hemd und keine Krawatte.«
»Hast du in den Kleiderschränken nachgesehen?«
»Wenn ich mich recht entsinne, haben wir das, ja. Aber das steht alles in dem Bericht, den wir geschrieben haben. Wenn du also die Details willst, wirst du das bei der PDU herausfinden müssen, Hock.«
»Okay. Jetzt reden wir mal über Griffiths. An dem Abend, an dem ich ihn tot in meiner Badewanne fand, hattest du mich unmittelbar vorher angerufen, um mir zu sagen,
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