Hell's Kitchen
auf die Gasse hinausführte und nur von innen geöffnet werden konnte.
Ich fragte Labeija: »Und wer geht die Treppe zu den Garderoben rauf, in denen deine Mädchen sind?«
»Wie du ja sehen kannst, haben wir hier keine Wächter oder so. Aber das war eigentlich auch noch nie nötig, Hock. Wir haben keine unangenehmen Gäste hier, und die Mädchen und ich und die Barkeeper, wir alle halten die Treppe im Auge.«
Das war dann wohl so ungefähr alles, was ich zu diesem Thema erfahren würde. Also wechselte ich es und fragte: »Du sagst, Mona betrinkt sich dann und wann?«
»Also, ja... es macht mir wirklich Sorgen. Alle Mädchen machen mir Sorgen.«
Labeija ließ sich nicht weiter darüber aus, sagte nur soviel: »Weißt du, Hock, ich versuche erst gar nicht, aus allem schlau zu werden, was irgendwen belastet, da ich nicht mal meine eigenen Probleme richtig in den Griff bekomme. Wie ich das in diesem Fall hier sehe, erzählt Mona dir entweder, was sie belastet, oder du wirst es nie erfahren. Was du von anderen hörst, ist entweder einfach nutzlos oder dummes Gerede.«
Also hielt ich den Mund und leerte mein Glas. Labeija gefiel nicht, wie ich es tat, und sagte, für sie sehe es fast aus, als trinke ich, nur um mir selbst weh zu tun, und fragte, ob ich ihr nicht erzählen wolle, was mich selbst beschäftigte.
Ich erzählte, was im Hell’s Kitchen Park und etwas von dem, was während meiner Tour durch den Dschungel passiert war.
Und Labeija sagte: »Diese Stadt wird von Leuten in die Gosse gezogen, die Hermelin tragen.«
»Das muß ich unbedingt einem Freund von mir erzählen, der im Dschungel lebt«, sagte ich, wobei ich bereits schleifend sprach.
»Willst du dich was hinlegen, Hock?«
»Ja, aber was anschließend den Teil mit dem Aufstehen betrifft, bin ich nicht so sicher.«
»Ich habe im Büro eine Couch. Die kannst du gern benutzen.«
Was das letzte war, was ich sie sagen hörte, bevor ich über die Tanzfläche des Pigalle torkelte, vorbei an der Theke und nach vorn, wo Labeija ihr vollgestopftes Büro hatte. Ich legte mich hin und war Sekunden später weg.
»Hock, bist du wach?«
Ich schaute auf und sah zuerst nur cremefarbene Seidenfalten, dann Licht in einem Fenster mit schweren Vorhängen, die zur Seite gezogen worden waren, um den Morgen hereinzulassen, und rot lasierte Wände und einen ovalen Spiegel am Fußende des Bettes. Keine Couch, ein Bett.
Und da war Mona, in einem großen Frotteebademantel und mit nassen Haaren vom Duschen. Sie hatte vor ihrem Schrank gestanden und gesehen, wie ich mich regte.
»Wie...?«
»Ich weiß nicht, ob ich schon mal einen Menschen gesehen habe, der so gründlich weggetreten war«, meinte Mona. »Es war eine ganz schöne Arbeit, dich hier rauf zu kriegen. Ich mußte dem Taxifahrer einen Zwanziger extra geben, nur damit er mir half, dich die Treppe hochzubugsieren... Erinnerst du dich überhaupt noch an was, Hock?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Der Fahrer hat geglaubt, du wärst sturzbesoffen, aber ich habe nichts gesagt, da ich mir nicht vorstellen konnte, daß er verstehen würde, was du durchgemacht hast... Labeija hat mir erzählt, was gestern abend passiert ist, und sie hat auch irgend etwas darüber erzählt, daß du zu diesen alten Eisenbahngleisen, oder was auch immer das ist, hinuntergestiegen bist...«
»Wie spät ist es?«
»Mittag. Möchtest du einen Kaffee?«
»O ja, bitte.«
Mona verließ das Schlafzimmer. Ich stand auf und schaute mich nach meinen Kleidern um, die ich schließlich ordentlich gefaltet auf einem Stuhl in der hintersten Ecke des
Schlafzimmers neben der Frisierkommode entdeckte, damit sie außer Sicht waren. Was ich ihr kaum vorwerfen konnte.
Ich stieg gerade in meine Hose, als sie mit dem Kaffee zurückkam, und sie sagte: »Was soll die Eile, Lover?«
»Eile? Ich weiß nicht, ob ich’s eilig habe, ich weiß nicht, was ich überhaupt habe...«
»Die Nachrichten des Morgens in aller Kürze, Hock. Vielleicht gibt dir das einen Anhaltspunkt. Father Love - keine Veränderung seines Zustandes oben im Harlem Hospital; er liegt immer noch im Koma. Mary Rooney - das Fernsehen hat sie als hitzköpfige Mieter-Aktivistin abgestempelt, die von einem Unbekannten bei einem, wie es in der Fernsehsprache genannt wird, >tragischen Unfall< erschossen wurde. Der Pressesprecher der Polizei hat mitgeteilt, daß die Ermittlungen im Falle Mary Rooney laufen und daß es immer noch keine konkreten Spuren gibt, was den Anschlag auf Father Love
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