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Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Titel: Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herder
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ungeschriebenes Gesetz, wonach ein SPD-Vorsitzender das Amt nur aus eigenem Willen oder durch Tod freimacht. Eine Demontage kommt nicht in Betracht.
    Im Mai 1958, auf dem Stuttgarter Parteitag, wird der „geschäftsführende Vorstand“ – eine Bastion des verschnarchten Ollenhauer-Flügels – durch ein vom Parteivorstand zu wählendes Präsidium ersetzt. In Stuttgart ziehen Willy Brandt (mit einem mäßigen Ergebnis) und Helmut Schmidt (mit der geringsten Stimmenzahl!) in den Parteivorstand ein. Größter Nutznießer ist Herbert Wehner, der einer von zwei stellvertretenden Parteivorsitzenden wird.
    Herbert Wehner nutzt seine Macht und stellt die personellen Weichen, um die SPD auf mittlere Sicht regierungsfähig zu machen. Er setzt Willy Brandt – nicht mehr Ollenhauer und auch nicht Carlo Schmid, Fritz Erler hatte von sich aus abgewunken – als Kanzlerkandidaten für die Wahl 1961 durch. Brandt holt immerhin 36,2 Prozent, ein großer Schritt nach vorn. 1962 drängt Wehner Ollenhauer, Brandt als stellvertretenden Parteivorsitzenden vorzuschlagen, was Ollenhauer beim Parteitag in Köln auch tut. Die Achse zwischen Wehner und Brandt ist fest geschmiedet.
    Helmut Schmidt, zu dieser Zeit Innensenator von Hamburg, macht sich derweil bundesweit einen Namen. Als Hamburg im Februar 1962 von einer schweren Sturmflut heimgesucht wird, rettet er mit seinem entschlossenen Krisenmanagement viele Menschenleben.
    Nach dem Tod von Erich Ollenhauer im Dezember 1963 entsteht der Vorläufer-Typ der späteren Troika. Ihr gehören der Nachfolger von Erich Ollenhauer als Parteivorsitzender, Willy Brandt, sein Stellvertreter Herbert Wehner und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Fritz Erler, an. Zwischen Fritz Erler und Helmut Schmidt, der trotz seiner Arbeit in Hamburg seit 1953 auch dem Deutschen Bundestag angehört, gibt es eine Rivalität auf Arbeitsebene, doch Schmidt kommt an Erler nicht vorbei. Beim SPD-Parteitag 1964 in Karlsruhe wird Schmidt vom Parteivorsitzenden Brandt – entgegen einer früheren Zusage – nicht einmal in das Parteipräsidium geholt.
    Bei der Bundestagswahl 1965 legt die SPD leicht auf 39,3 Prozent zu, doch zugleich kommt die Union auf 47,6 Prozent (gegenüber 45,3 Prozent vier Jahre zuvor). Die SPD kann wieder nichtden Kanzler stellen. Auf Bitten von Herbert Wehner gibt Helmut Schmidt sein Senatorenamt ab und konzentriert alle Energie auf das politische Bonn. Auf dem SPD-Parteitag 1966 in Dortmund schafft es Helmut Schmidt – dank der Fürsprache von Willy Brandt und Herbert Wehner – nunmehr auch in das Präsidium der Bundespartei.
    Im Herbst 1966 erkrankt der SPD-Fraktionsvorsitzende Fritz Erler schwer, Helmut Schmidt übernimmt kommissarisch dessen Amt. Am 1. Dezember 1966 tritt Kurt-Georg Kiesinger das Amt des Bundeskanzlers einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD an. Willy Brandt und Herbert Wehner werden Minister, Helmut Schmidt bleibt SPD-Fraktionsvorsitzender. Nach dem Tod von Fritz Erler im Februar 1967 wird Helmut Schmidt offiziell Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Auf dem SPD-Parteitag 1968 in Nürnberg wird die Große Koalition nach turbulenten Debatten gebilligt. Zugleich steigt Helmut Schmidt zum stellvertretenden Parteivorsitzenden neben Herbert Wehner auf.
    Jetzt steht die Troika Herbert Wehner – Willy Brandt – Helmut Schmidt, die in den nächsten anderthalb Jahrzehnten die Geschichte der alten Bundesrepublik maßgeblich beeinflussen wird. Eine Zeit lang, zwischen Ende der sechziger und Anfang der achtziger Jahre, ist ihre politische Geschichte maßgeblich Personengeschichte – die Geschichte von drei Politikern, die Gewinn, Erhalt und Verlust von Macht so beispielhaft vorgeführt haben wie keine personelle Konstellation vor oder nach ihnen.
    Helmut Schmidt ist der letzte Troikaner, der auf das Gespann aufsteigt. Er ist der Jüngste von den dreien. Und er ist auch, was seine persönliche Autorität angeht, der „dritte“ Mann. Herbert Wehner und Willy Brandt haben das Sagen, Wehner noch mehr als Brandt.
    Die erste Veränderung ihrer „Hackordnung“ erlebt die Troika am Abend der Bundestagswahlen 1969, als Herbert Wehner und Helmut Schmidt für eine Fortsetzung der Großen Koalition votieren, aber Willy Brandt auf eine Kleine Koalition aus SPD und FDP setzt. Ihre Mehrheit ist hauchdünn, zwölf Mandate Vorsprung, aber es ist eine Mehrheit. „Wenn du’s willst, mach’s doch!“,sagt Helmut Schmidt an diesem Abend zu Willy Brandt, und Brandt macht es. Im

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