Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt
Berliner Republik immer weiter von einem Demokratieund Politikverständnis, wie es Helmut Schmidt verkörpert.
Die Zeit mag über das Politikverständnis eines Helmut Schmidt hinweggehen. Bleiben wird jedoch der sittlich-moralische Anspruch, den Helmut Schmidt an die politische Klasse stellt – ein zeitlos aktueller, nicht leicht einzulösender Anspruch. Helmut Schmidts Hinweis im Buch „Außer Dienst“ auf eine Art Berufsethik für Politikerinnen und Politiker ist zwar kurz, aber hochinteressant. Politiker aller Couleur werden mehr denn je über ihre moralischen Grundlagen Auskunft geben müssen, über das sittliche Fundament, das ihr politisches Handeln leitet. In dieser Hinsicht wird der Anspruch an die Politikerinnen und Politiker der Gegenwart und Zukunft wachsen.
Helmut Schmidt, obwohl aus einer vergangenen Politiker-Generation stammend, hat die moralischen und philosophischen Grundlagen seines politischen Handelns stets offengelegt und diese Offenlegung auch von anderen gefordert. In diesem Sinn wird er beispielgebend bleiben.
Steinbrück! – Helmut Schmidt und die Krise der SPD
1976: 42,56%; 1980: 42,86%; 1983: 38,18%; 1987: 37,04%; 1990: 33,46%; 1994: 36,39%; 1998: 40,93%; 2002: 38,52%; 2005: 34,25%; 2009: 23,03%.
Helmut Schmidt ist über einige SPD-Ergebnisse bei Bundestagswahlen nicht glücklich. An ihm persönlich liegt es nicht, er geht jedes Mal zur Wahl.
2004 musste er sich von Roger de Weck in einem Interview fragen lassen, ob er gern Mitglied „einer Partei im Niedergang“ sei. Roger de Weck war, was das Wahlergebnis von 2005 betraf, pessimistisch – und er sollte recht behalten.
Auch was den inneren Frieden seiner Partei betrifft, hatte Helmut Schmidt schon bessere Zeiten gesehen. Nach der Amtszeit des SPD-Vorsitzenden Willy Brandt, die zeitlich vor, während und nach Helmut Schmidts Kanzlerzeit lag, gaben sich Parteivorsitzende die Klinke in die Hand. Die Statistik zählt nach Willy Brandt zwei kommissarische (Johannes Rau, Frank-Walter Steinmeier) und zehn gewählte Vorsitzende (Hans-Jochen Vogel, Björn Engholm, Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, zweimal Franz Müntefering, Matthias Platzeck, Kurt Beck und Sigmar Gabriel).
Helmut Schmidt mischt sich in derlei Genossen-Händel nicht mehr ein, wenigstens hat er sich für seine Verhältnisse zurückgehalten, solange die SPD den Kanzler stellte oder in einer Großen Koalition mitregierte. Aber irgendwie lässt er seine Meinung doch immer durchblicken. Den ersten SPD-Kanzlerkandidaten nach seiner parlamentarischen Abwahl, Hans-Jochen Vogel, schätzt er über die Maßen und hat ihn 1983 nach Kräften unterstützt. Mit Johannes Rau, der 1987 gegen Helmut Kohl antrat, war die Verbindung weniger eng. Über das schlechte Abschneiden 1990 von Oskar Lafontaine, seinem jungen Antipoden, mochte er gedacht haben: „Geschieht ihm recht!“
Als Rudolf Scharping 1994 Kanzler werden wollte, unterstützte ihn Helmut Schmidt im Wahljahr mit dem Buch, das den sprechenden Titel „Das Jahr der Entscheidung“ trägt. Von Willy Brandts „Enkeln“ Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine und Rudolf Scharping kam ihm Letzterer im Politikverständnis am nächsten. So wird es Schmidt begrüßt haben, dass die SPD-Mitglieder Rudolf Scharping dem Mitbewerber Gerhard Schröder vorgezogen haben. Zur Bundestagswahl 1998 lautete die Alternative Gerhard Schröder oder Oskar Lafontaine, diesmal war Schröder aus Sicht von Schmidt – natürlich – die bessere Wahl.
Obwohl Angela Merkel, die Kanzlerin seit 2005, in einer anderen Partei zuhause ist, kann Helmut Schmidt mit ihrer Politik und ihrer Persönlichkeit gut leben (was ihn nicht davon abhält, sie gelegentlich hart zu kritisieren wie im Winter 2010). Er zählt sie zu den vier Politikern, denen er überhaupt die Kanzlerschaft zutraut. Außer der aktuellen Amtsinhaberin stehen Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Karl-Theodor zu Guttenberg („wenn er ein bisschen älter ist“) auf seinem Zettel.
Was zeichnet die Mitglieder dieser Shortlist aus? Helmut Schmidt würde die Vier vielleicht mit altmodischen Begriffen charakterisieren, als anständige, tüchtige, vernünftige Vertreter ihres Fachs.
Für Peer Steinbrück, dem als Finanzminister während der Weltwirtschaftskrise eine Schlüsselrolle zufiel, ist Helmut Schmidt sogar zu einer Art „Spiritus Rector“ geworden. Sie halten enge Verbindung zueinander.
Helmut Schmidt schätzt Peer Steinbrück auch dafür, dass er ein
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