Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
einmal zu überlegen.
Manson: »Mein ganzes Lebe n lang, so weit ich zurückdenken kann, habe ich diese Ratschläge angenommen. Die Gesichter haben gewechselt, aber es ist immer noch dasselbe Gericht, es sind dieselben Strukturen … Mein ganzes Leben lang wurde ich in bestimmte Schubladen gesteckt, Euer Ehren. Und ich habe gute Miene zum bösen Spiel gemacht … mir bleibt sowieso keine andere Wahl, als mich gegen Sie zu wehren, weil Sie und der Bezirksstaatsanwalt und sämtliche Strafverteidiger, denen ich je begegnet bin, alle auf derselben Seite stehen. Die Polizei steht auf derselben Seite und die Zeitungen, und alle richten sich gegen mich, gegen mich persönlich … Nein, ich habe es mir nicht anders überlegt.«
Das Gericht: »Mr. Manson, ich bitte Sie inständig, nicht diesen Schritt zu machen. Ich bitte Sie wirklich inständig, entweder einen Anwalt Ihrer Wahl zu nennen oder, falls Ihnen das nicht möglich ist, dem Gericht zu erlauben, Ihnen einen zu bestellen.«
Doch Mansons Entschluss stand fest, und Richter Keene sagte am Ende zu ihm: »Nach Auffassung dieses Gerichts ist es ein trauriger und tragischer Fehler, den Sie da machen, indem Sie diesen Weg einschlagen, aber ich kann Sie nicht davon abbringen. … Mr. Manson, Sie sind Ihr eigener Verteidiger.«
Es war zwar der Weihnachtsabend, aber ich arbeitete bis zwei Uhr früh, dann begann der nächste Arbeitstag.
26. bis 31. Dezember 1969
Ein Anruf von der Kripo L. A.: Ein Koch im Brentwood Country Club hatte angegeben, dass der dortige leitende Kämmerer Rudolf Weber der Mann sei, vor dessen Haus die Tate-Mörder am 9. August um ein Uhr nachts angehalten hatten, um sich mit dem Gartenschlauch abzuspritzen.
In Begleitung eines Polizeifotografen, der Aufnahmen von der Umgebung machen sollte, fuhren Calkins und ich zu seinem Haus im Portola Drive, Hausnummer 9870, einer Nebenstraße direkt hinter dem Benedict Canyon Drive, keine drei Kilometer vom Tate-Wohnsitz entfernt. Während uns Weber seine Geschichte erzählte, merkte ich, dass er ein guter Zeuge sein würde. Er besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis, sagte nur genau das, woran er sich erinnerte, und versuchte nicht, irgendwelche Lücken auszufüllen. Auf den vielen Fotos, die ich ihm zeigte, konnte er niemanden mit Sicherheit identifizieren, doch seine grobe Beschreibung passte: Alle vier waren jung (Watson, Atkins, Krenwinkel und Kasabian waren alle Anfang 20), der Mann war groß (Watson maß 1,85 Meter), und eines der Mädchen war klein (Kasabian maß 1,55 Meter). Seine Beschreibung des Fahrzeugs – eine solche war nie in der Presse aufgetaucht – stimmte genau bis hin zu der verblassten Farbe rund um das Nummernschild. Wie es komme, dass er sich an ein solches Detail am Wagen, aber nicht an die Gesichter erinnern könne? Ganz einfach: Als er den vieren zum Auto gefolgt sei, habe er die Taschenlampe auf das Nummernschild gerichtet. Aber als er die jungen Leute auf der Straße, in der Nähe des Gartenschlauchs gesehen habe, hätten sie alle im Dunkeln gestanden.
Und Weber wartete noch mit einer Überraschung auf – einer großen. Nach dem Vorfall hatte er sich das Kennzeichen des Wagens notiert, da er die jungen Leute in Verdacht hatte, einen Einbruch verübt zu haben. Inzwischen hatte er den Zettel zwar weggeworfen – ich war schon enttäuscht –, doch er hatte die Nummer noch immer im Kopf. Sie lautete GYY 435.
Wie in aller Welt habe er sich das nur merken können, fragte ich ihn. Bei seiner Tätigkeit als Kämmerer müsse er sich eben Zahlen merken können, antwortete er.
Ich nahm eine naheliegende Frage des Verteidigers vorweg und meinte, ob er den Atkins-Artikel gelesen habe. Er aber verneinte.
Nach meiner Rückkehr ins Büro sah ich mir den Bericht zur Beschlagnahmung von John Swartz ’ Auto an: »Ford, Baujahr 1959, Allrad, Kennzeichen GYY 435.«
Als ich Swartz befragte, gab der ehemalige Rancharbeiter an, dass Manson und seine Mädchen sich den Wagen oft ausgeliehen hätten. Sie hätten sogar den Rücksitz abmontiert, um die großen Kisten hineinzubekommen, wenn sie auf »Müllmission« gingen. Mit Ausnahme einer Nacht hätten sie ihn immer um Erlaubnis gefragt, bevor sie sich das Auto nahmen.
In welcher Nacht sei das gewesen? An das genaue Datum könne er sich nicht erinnern, aber es sei ein, zwei Wochen vor der Razzia gewesen. Was in dieser Nacht passiert sei? Er habe in seinem Wohnwagen schon geschlafen, als er plötzlich aufgewacht sei und gehört habe, wie jemand den
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