Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Umlauf. So wurde beispielsweise immer wieder berichtet, Sharon Tates ungeborenes Kind sei ihr aus dem Bauch gerissen worden, man habe ihr ein oder zwei Brüste abgeschnitten, und mehrere Opfer hätten Genitalverstümmelungen erlitten. Aus dem Handtuch über Sebrings Gesicht wurde, je nachdem, welches Blatt man las, eine weiße oder eine schwarze Kapuze – als Zeichen für eine Verbindung zum Ku-Klux-Klan oder Satanismus.
Dagegen fielen die Meldungen über den Mann, dem die Morde angelastet wurden, eher dürftig aus. Zunächst wurde angenommen, dass die Polizei sich zu Garretson ausschwieg, um seine Rechte zu schützen. Die Öffentlichkeit ging davon aus, dass erdrückende Beweise gegen ihn vorlagen, da man ihn sonst nicht verhaftet hätte.
In Pasadena griff eine Zeitung ein paar bruchstückhafte Informationen auf und versuchte, selbst die Lücken zu schließen. Demnach hatte Garretson, als die Polizisten ihn fand, gefragt: »Wann werden die Detectives mich vernehmen?« Damit war klar, dass er zu diesem Zeitpunkt schon wissen musste, was geschehen war. In Wirklichkeit stellte Garretson diese Frage allerdings erst viel später, als man ihn lange nach seiner Festnahme durch das Eingangstor abführte. Darüber hinaus stand die Frage in Zusammenhang mit einer vorherigen Bemerkung von DeRosa. Unter Berufung auf nicht namentlich genannte Vertreter der Polizei meldete die Zeitung: »Sie erklärten, der Jugendliche habe in einem Hosenbein seiner Jeans in Kniehöhe einen Riss gehabt, und das Gästehaus, in dem er wohnte, habe Kampfspuren aufgewiesen.« Belastende Indizien, wenn man nicht wusste, dass es dazu während Garretsons Festnahme und nicht davor gekommen war.
Im Verlauf der ersten Tage hielten sich insgesamt 43 Beamte auf der Suche nach Waffen oder anderem belastenden Material am Tatort auf. Bei der Durchsuchung des Speichers über dem Wohnzimmer fand Sergeant Mike McGann ein Videoband. Sergeant Ed Henderson nahm dies mit zur Polizeiakademie, um es dort abzuspielen. Auf dem Film waren Sharon und Roman Polanski im Bett zu sehen. Aus Gründen der Diskretion wurde das Band nicht unter die Beweismittel aufgenommen, sondern an den Fundort auf dem Speicher zurückgebracht. 5
Die Ermittler durchsuchten nicht nur das Anwesen, sondern befragten auch die Nachbarn, ob ihnen in der Gegend irgendwelche Fremden aufgefallen seien.
Ray Asin erinnerte sich, dass vor zwei oder drei Monaten in dem Haus im Cielo Drive eine große Party stattgefunden habe, zu der die Gäste in Hippie-Kluft erschienen seien. Er habe allerdings den Eindruck gehabt, dass es sich dabei um keine echten Hippies handelte, da die meisten im Rolls-Royce oder Cadillac vorgefahren seien.
Emmett Steele, der vom Bellen seiner Jagdhunde aufgewacht war, gab an, dass vor wenigen Wochen jemand spätabends in einem Strandbuggy die Hügel herauf- und heruntergejagt sei. Allerdings habe er den Fahrer oder die Insassen nicht aus der Nähe gesehen.
Die meisten der Befragten gaben jedoch an, nichts Außergewöhnliches gesehen oder gehört zu haben.
Am Ende blieben den Beamten weitaus mehr offene Fragen, als sie Antworten erhalten hatten, doch sie hofften, dass eine Person das Puzzle für sie zusammensetzen würde, und zwar William Garretson.
Da waren die Ermittler in Los Angeles, die den 19-Jährigen verhörten, allerdings weniger optimistisch. Nach seiner Verhaftung hatte man ihn in der Haftanstalt von West Los Angeles in Gewahrsam genommen und verhört. Die Beamten fanden seine Antworten »unbeholfen und wenig sachdienlich«, was zu der Vermutung führte, dass er möglicherweise noch unter den Nachwirkungen irgendeiner Droge stehen könnte. Eine andere Erklärung war, dass Garretson, wie er selber sagte, in der letzten Nacht erst am frühen Morgen wenige Stunden Schlaf bekommen hatte und daher ebenso erschöpft wie verängstigt war.
Wenig später wurde Garretson ein Pflichtverteidiger, Anwalt Barry Tarlow, zugewiesen. Ein zweites Verhör fand in Gegenwart Tarlows im Präsidium der Polizei Los Angeles statt. Aus Sicht der Ermittler war es nicht ergiebiger als das erste. Garretson behauptete, dass er, obwohl er auf dem Anwesen wohnte, wenig Kontakt zu den Leuten im Haupthaus gehabt habe. Er gab an, lediglich am Vorabend von einem jungen Mann namens Steve Parent Besuch gehabt zu haben, der um etwa 23.45 Uhr aufgetaucht und eine halbe Stunde später wieder gegangen sei. Allerdings kenne er Parent nur flüchtig, denn er sei vor ein paar Wochen nachts als Anhalter bei ihm
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