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Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson

Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson

Titel: Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Bugliosi
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den Saal zurückkehrten, war Mansons selbstgefälliges Grinsen den ganzen Nachmittag hindurch nicht zu übersehen. Nicht jeder Kriminelle zieht die Aufmerksamkeit des Präsidenten der Vereinigten Staaten auf sich. Charlie war groß rausgekommen.
    Die Geschworenen wurden geholt, dann nahm Atkins ’ Verteidiger, Daye Shinn, Linda ins Kreuzverhör.
    Offenbar darauf bedacht, den Eindruck zu erwecken, ich hätte Linda für ihre Aussage präpariert, fragte er sie: »Erinnern Sie sich, was Mr. Bugliosi bei Ihrem ersten Treffen zu Ihnen gesagt hat?«
    A: »Also, er hat immer betont, dass ich die Wahrheit sagen soll.«
    F: »Abgesehen von der Wahrheit, meine ich.«
    Als ob irgendetwas außer der Wahrheit wichtig wäre.
    F: »Hat Mr. Bugliosi Ihnen je gesagt, dass irgendwelche Ihrer Aussagen falsch oder einige Ihrer Antworten nicht logisch oder nicht nachvollziehbar seien?«
    A: »Nein, ich habe das zu ihm gesagt, nie er zu mir.«
    F: »War nicht die Tatsache, dass Sie schwanger waren, der Grund dafür, dass Sie draußen [außerhalb des Wohnsitzes Tate] blieben, statt hineinzugehen und mitzumachen?«
    A: »Unabhängig davon, ob ich schwanger war oder nicht, hätte ich nie jemanden töten können.«
    Nach nur anderthalb Stunden gab Shinn auf. Lindas Zeugenaussage blieb unangefochten.
    Schwerfällig und nachdenklich näherte sich Kanarek dem Zeugenstand, doch der Anschein, den er sich gab, trog. Während seines gesamten Kreuzverhörs gab es keine Sekunde Entwarnung, denn er konnte jeden Moment mit etwas herausplatzen, das einen Einspruch erforderte. Er war unberechenbar. So wechselte er ohne jeden Übergang das Thema. Viele seiner Fragen waren so komplex, dass er sogar selbst den Faden verlor und sich das Gesagte vom Gerichtsschreiber vorlesen lassen musste.
    Es war entsetzlich ermüdend, ihm zuzuhören, dabei blieb mir gar nichts anderes übrig, denn im Unterschied zu den beiden vorherigen Verteidigern konnte Kanarek durchaus punkten. So kam durch ihn heraus, dass Linda, als sie nach Kalifornien zurückgekehrt war, um Tanya zu holen, der Sozialarbeiterin gegenüber angegeben hatte, dass sie den Bundesstaat am 6. oder 7. August verlassen habe. Wenn das stimmte, wäre es vor den Tate-LaBianca-Morden gewesen. Daraus würde sich aber schließen lassen, dass Lindas gesamte Aussage zu den beiden Morden erfunden war. Falls sie aber die Sozialarbeiterin belogen hatte, um ihre Tochter zurückzubekommen, so belog sie vielleicht auch dieses Gericht, um ihre Freiheit wiederzuerlangen.
    Die meiste Zeit redete Kanarek jedoch ohne Pause und ausschweifend, sodass er die Zuschauer und die Zeugin ermüdete. Viele Reporter hatten Kanarek schon zu einem früheren Zeitpunkt des Prozesses abgeschrieben. Wenn sie die Wahl zwischen den Verteidigern gehabt hätten, dann hätten sie sich für Fitzgerald entschieden, dessen Fragen besser formuliert waren. Doch Kanarek fuhr bei aller Schwafelei die Punkte ein.
    Und er begann auch, Lindas Nerven zu strapazieren. Als der Tag – ihr sechster im Zeugenstand – zur Neige ging, sah sie ein wenig erschöpft aus, und ihre Antworten waren weniger stringent. Niemand wusste, wie viele Tage dieser Art uns noch bevorstanden, da sich Kanarek im Unterschied zu den anderen beharrlich geweigert hatte, Olders Fragen nach der voraussichtlichen Dauer seines Kreuzverhörs zu beantworten.
    Auf meinem Heimweg war ich an diesem Abend wieder einmal dankbar dafür, dass die Geschworenen isoliert worden waren. Denn an jedem Zeitungsstand waren die Schlagzeilen kaum zu übersehen. Das Autoradio brachte einen ständig auf den neuesten Stand. So wurde etwa Hughes mit dem Ausspruch zitiert: »Ich wurde wegen eines unflätigen Ausdrucks der Missachtung des Gerichts für schuldig befunden, doch Nixon hat sich wegen Missachtung der ganzen Menschheit zu rechtfertigen.« Oder Fitzgerald: »Es ist sehr entmutigend, wenn die wichtigste Person der Welt unverhohlen gegen einen ist.« Am häufigsten wurde eine Äußerung von Manson zitiert, die er über einen der Verteidiger an die Presse gegeben hatte. Indem er Nixons Wortwahl nachahmte, sagte er: »Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der angeklagt ist, in Vietnam Hunderttausende ermordet zu haben, und mir vorwirft, acht Menschen ermordet zu haben.«
    Am nächsten Tag bezichtigte Kanarek in einer nichtöffentlichen Verhandlung den Präsidenten der Verabredung zu einer kriminellen Handlung. »Der Bezirksstaatsanwalt des County Los Angeles kandidiert für das Amt des Justizministers von

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