Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
habe, das ihm in der Kehle steckte. Die anderen Beamten hatten dies wegen des Kissenbezugs über dem Kopf des Opfers nicht wahrnehmen können.
Nun waren wir beim stellvertretenden Gerichtsmediziner David Katsuyama angelangt – und bei jeder Menge Probleme.
Dem ersten LaBianca-Untersuchungsbericht zufolge »schien es sich bei dem Brotmesser, das [Leno LaBianca] aus der Kehle gezogen wurde, um die bei beiden Tötungsdelikten benutzte Waffe zu handeln«.
Dies entbehrte jedoch jeder wissenschaftlichen Bestätigung, da Katsuyama, der beide Autopsien durchgeführt hatte, es versäumt hatte, die Wunden der Opfer zu vermessen.
Da dieses Messer aber den LaBiancas gehörte, würde die Verteidigung, wenn wir diese Behauptung nicht widerlegen konnten, vorbringen, dass die Mörder unbewaffnet und folglich ohne Mordabsichten in das Haus eingedrungen waren. Zwar gilt ein Tötungsdelikt im Zuge eines Einbruchs als vorsätzlicher Mord, dennoch konnte dies Einfluss darauf haben, ob die Angeklagten die Todesstrafe erhalten würden oder nicht. Vor allem aber stellte diese Behauptung unsere gesamte Beweisführung infrage, der zufolge Manson und er allein ein Motiv für diese Morde hatte, und zwar nicht etwa Habgier – ein Motiv wie bei Tausenden anderen Raubüberfällen –, sondern das Entfachen von Helter Skelter.
Kurz nachdem ich die LaBianca-Berichte erhalten hatte, hatte ich maßstabsgetreue Vergrößerungen von den Autopsiefotos anfertigen lassen und Katsuyama gebeten, Länge und Dicke der Wunden zu vermessen. Anfangs ging ich davon aus, dass es keine Möglichkeit geben würde, ihre Tiefe zu bestimmen, sodass die Mindestlänge der Klinge abzuleiten gewesen wäre. Doch als ich mir die ursprünglichen Diagramme des Gerichtsmediziners vornahm, stellte ich fest, dass bei zwei von Rosemary LaBiancas Wunden die Tiefe gemessen worden war – in einem Fall waren es 12,7 und in einem anderen 14 Zentimeter, während zwei von Leno LaBiancas Wunden 14 Zentimeter tief waren.
Nach mehrfach wiederholten Bitten hatte Katsuyama endlich die Fotos vermessen. Danach verglich ich seine Angaben mit denen des Brotmessers mit folgendem Ergebnis:
Länge des Brotmessers: zwölf Zentimeter.
Tiefe der tiefsten messbaren Wunde: 14 Zentimeter.
Dicke der Brotmesserklinge: etwas weniger als 1,6 Millimeter.
Dicke der dicksten Wunde: 4,8 Millimeter.
Breite der Brotmesserklinge: zwischen 9,5 Millimeter und drei Zentimeter.
Breite der breitesten Wunde: 3,5 Zentimeter.
Somit war es vollkommen ausgeschlossen, dass sämtliche Wunden vom Brotmesser der LaBiancas stammten. Länge, Breite, Dicke – in allen Dimensionen war das Brotmesser kleiner als die Wunden selbst. Folglich mussten die Mörder ihre eigenen Messer mitgebracht haben.
Eingedenk der Erfahrungen, die ich mit Katsuyama vor dem Großen Geschworenengericht gemacht hatte, als er einen Lederriemen mit einem Stromkabel verwechselte, zeigte ich ihm die verschiedenen Maße und fragte ihn in der Art, wie ich ihn auch vor Gericht befragen würde, ob er glaube, dass sämtliche Wunden von dem in Leno LaBiancas Kehle gefundenen Brotmesser stammen könnten? Ja, sagte er, das sei möglich.
Ich unterdrückte ein Stöhnen und forderte ihn auf, sich die Maßangaben noch einmal genau anzusehen. Diesmal kam er zu dem Schluss, dass unmöglich sämtliche Wunden vom Brotmesser der LaBiancas stammen konnten.
Um auch wirklich sicherzugehen, befragte ich ihn, einen Tag bevor ich ihn vor Gericht aufrufen wollte, noch einmal in meinem Büro. Erneut kam er zu dem Schluss, dass sämtliche Wunden vom Brotmesser stammen könnten, dann änderte er wiederum seine Meinung.
»Doktor«, sagte ich zu ihm, »ich will Ihnen wirklich nichts einreden. Falls Sie aufgrund Ihrer Untersuchungen davon überzeugt sind, dass sämtliche Wunden vom Brotmesser stammen, meinetwegen. Doch die Zahlen, die Sie mir selbst gegeben haben, belegen, dass dieses Brotmesser unmöglich sämtliche Wunden verursacht haben kann. Was stimmt denn nun? Ich möchte nicht jetzt eine Version hören und dann vor Gericht eine andere.«
Auch wenn er bei seiner zuletzt geäußerten Meinung blieb, hatte ich mehr als mulmige Gefühle, als es zu seiner Vernehmung im Gerichtssaal kam. Tatsächlich sagte er dann aus: »Diese Maße [des Brotmessers] sind wesentlich kleiner als viele Wunden, die ich zuvor beschrieben habe.«
F: »Demnach sind Sie der Meinung, dass das aus Mr. LaBiancas Hals entfernte Brotmesser viele der anderen Wunden nicht verursacht haben kann, ist
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