Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
zur Verhinderung der Zeugenaussage nicht anzufechten, würde der Staatsanwalt im Gegenzug beantragen, die Anklage von einer schweren Straftat zu einem Vergehen herabzustufen. Richter Stephen Stothers gab dem Antrag statt, und am 16. April 1971 verurteilte er vier der fünf Angeklagten – Lynette Fromme alias Squeaky, Steve Grogan alias Clem, Catherine Share alias Gypsy, und Dennis Rice – zu 90 Tagen Freiheitsentzug in der Bezirkshaftanstalt. Da sie bereits 15 Tage abgesessen hatten, waren sie nach 75 Tagen wieder auf freiem Fuß.
Die fünfte Angeklagte, Ruth Ann Moorehouse alias Ouisch, das Mädchen, das Barbara Hoyt den mit LSD belegten Hamburger gegeben hatte, kam völlig ungeschoren davon. Als der Termin der Urteilsverkündung gekommen war, erschien sie einfach nicht. Obwohl ein richterlicher Haftbefehl gegen sie erlassen wurde und ihr Aufenthaltsort in Carson City, Nevada, bekannt war, kam die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass es die Sache nicht wert sei, ein Auslieferungsverfahren anzustrengen.
Charles »Tex« Watson kam im August 1971 vor Gericht. Meine Vorbereitungen für diesen Prozess fanden zum Großteil nicht in einer juristischen, sondern einer medizinischen Bibliothek statt, da ich überzeugt davon war, dass Watson auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren und seine Verteidigung auf eine psychiatrische Begründung stützen würde.
In diesem Prozess könnte es drei Abschnitte geben: den zur Schuldfrage, den zum Thema Zurechnungsfähigkeit und den zum Strafmaß. Jeder für sich würde seine eigenen, ganz speziellen Probleme mit sich bringen.
Auch wenn der Verteidiger Sam Bubrick mir mitteilte, dass Watson beabsichtige, auszusagen und ein Geständnis abzulegen, war mir bewusst, dass ich in der Schuldfindungsphase dennoch einen hieb- und stichfesten Beweisvortrag präsentieren musste, da mit großer Sicherheit davon auszugehen war, dass Watsons Aussage nur seinem eigenen Vorteil dienen würde. Außerdem musste ich – zum Beispiel durch Watsons Anweisung an Linda, die 5000 Dollar zu stehlen – beweisen, dass Watson zwar von Manson dominiert wurde, gleichwohl aber genügend Unabhängigkeit besaß, um im juristischen Sinne schuldfähig zu sein. Im Prozessabschnitt, der sich mit der Schuldfrage befasste, würde es maßgeblich um die Frage gehen, ob Watson zur Zeit der Morde in irgendeiner Art vermindert zurechnungsfähig gewesen war. Falls ja, falls er also nicht in der Lage gewesen wäre, absichtsvoll und planvoll vorzugehen, dann würde den Geschworenen keine andere Wahl bleiben, als den Haupttäter der Tate-LaBianca-Morde nur wegen Totschlags statt wegen vorsätzlichen Mordes für schuldig zu befinden.
Nach dem Schuldspruch würde es als Nächstes um die Zurechnungsfähigkeit gehen, also darum, ob Watson zur Zeit der Morde im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen war oder nicht. Ich nahm an und sollte darin auch bestätigt werden, dass die Verteidigung eine Reihe prominenter Psychiater aufrufen würde – acht traten schließlich in den Zeugenstand –, von denen viele Watson für geistig unzurechnungsfähig erklären würden. Daher musste ich nicht nur ihre Aussagen einem gnadenlosen Kreuzverhör unterziehen, sondern auch eine Fülle an Beweisen ins Feld führen, denen zufolge Watson zur Zeit der Morde bei klarem Verstand gewesen war und genau gewusst hatte, dass sein Handeln in den Augen der Gesellschaft eine Verfehlung darstellte. Kurz gesagt, musste ich beweisen, dass er im juristischen Sinne zurechnungsfähig gewesen war. Somit rückten all jene Indizien in den Mittelpunkt, die belegten, dass Watson bewusst gegen die Normen der Gesellschaft verstoßen hatte und schuldfähig war. Dazu zählten das Durchtrennen der Telefonkabel, die Anweisung an Linda, an den Messern die Fingerabdrücke abzuwischen, die Tatsache, wie er mit Rudolf Weber geredet hatte, und die Verwendung eines falschen Namens, als er einige Wochen nach den Morden von den Behörden im Death Valley vernommen worden war.
Würde Watson des vorsätzlichen Mordes für schuldig gesprochen und außerdem für zurechnungsfähig erklärt, müssten die Geschworenen eine letzte Frage entscheiden, nämlich, ob er »lebenslänglich« oder die Todesstrafe bekommen sollte. All dies bedeutete, dass ich mich erneut mit vielen Problemen konfrontiert sehen würde, die mir bereits im zurückliegenden Prozess begegnet waren, als es bei den Mädchen um das Strafmaß ging.
Ein weiteres Problem stellte Watsons Auftreten dar. In dem klar
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