Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
darum bitten musste. Einmal sprach er in einem Gespräch im Richterzimmer, außerhalb des Protokolls, vom Angeklagten als dem »armen Tex«.
Auch meine Bemerkung, die ich gegen Ende des Prozesses machte, war außerprotokollarisch: »Bei meinem Bemühen, in diesem Fall eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes zu erwirken, stellen Sie wirklich das größte Hindernis dar.«
Trotz der Schwierigkeiten mit Richter Alexander befanden die Geschworenen Watson am 12. Oktober 1971 des siebenfachen vorsätzlichen Mordes und der Verabredung zum Mord in einem Fall für schuldig. Am 19. Oktober zeigte sich, dass ich die Aussagen der von der Verteidigung aufgerufenen Psychiater im Kreuzverhör überzeugend entkräftet hatte, denn die Geschworenen brauchten nur zweieinhalb Stunden, um zu dem Urteil zu gelangen, dass Watson zurechnungsfähig war. Am 21. Oktober fällten sie nach nur sechs Stunden das Todesurteil.
Der Prozess hatte zweieinhalb Monate gedauert und eine Viertelmillion Dollar gekostet. Außerdem vergrößerte er die Minibibliothek zu den Tate-LaBianca-Morden um weitere 40 Bände mit 5916 Seiten.
Zwar bedankte sich Richter Alexander bei den Laienrichtern für ihre gewissenhafte Arbeit, fügte jedoch am Tag seiner Urteilsverkündung gegen Watson hinzu: »Hätte ich diesen Fall ohne Geschworene verhandelt, wäre ich möglicherweise zu einem anderen Urteil gelangt.«
In einem weiteren Prozess bekannte sich Susan Atkins des Mordes an Gary Hinman schuldig und bekam dafür eine lebenslängliche Haftstrafe. In seiner Urteilsbegründung bezeichnete Richter Raymond Choate sie als »eine Gefahr für jede Gemeinschaft«, weshalb sie »ihr ganzes Leben in Haft« verbringen solle.
Die Verteidigung erwirkte getrennte Verfahren für Charles Manson, Bruce Davis und Steve Grogan wegen Mordes an Hinman und Shea. Obwohl die Leiche von Donald »Shorty« Shea unauffindbar war – und es bis heute ist –, meisterten die Staatsanwälte Burt Katz, Anthony Manzella und Steven Kay die schwierige Aufgabe, gegen jeden der Angeklagten in allen Punkten einen Schuldspruch zu erzielen. Manson und Davis wurden zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Die Geschworenen im Verfahren gegen Grogan stimmten für das Todesurteil, doch als es – zwei Tage vor Weihnachten 1971 – zur Urteilsverkündung kam, stufte Richter James Kolts die Strafe auf »lebenslänglich« herab und begründete seine Entscheidung mit den Worten: »Grogan war zu dumm und stand zu sehr unter Drogeneinfluss, als dass er selbstständig irgendeine Entscheidung hätte treffen können.« In Wahrheit habe Manson »entschieden, wer am Leben bleiben und wer sterben würde«.
Während der Geschworenenvernehmung zu seinem Verfahren erklärte Manson, als er über die Weigerung des Richters, ihm die Verteidigung selbst zu überlassen, erneut in Wut geriet, dem Gericht: »Ich bekenne mich schuldig. Ich habe Shorty den Kopf abgehackt.« Der Richter weigerte sich, das Geständnis anzuerkennen, und am nächsten Tag zog Manson es zurück. Bei einem weiteren Wutausbruch wandte sich Manson an die Presse und rief: »Ich habe meinen Leuten gesagt, sie sollen anfangen, euch zu töten.«
Wieder ließ sich Manson von Irving Kanarek vertreten. Er wusste, dass es so ein langes Verfahren geben würde und sich daher sein Weg in den Todestrakt von San Quentin verzögern würde.
Während sämtlicher Verfahren setzten die Manson-Mädchen ihre Mahnwache an der Ecke Temple Street/Broadway fort. Im Schatten des Justizgebäudes, vor den Augen Tausender Menschen, die tagtäglich dort vorüberkamen, schmiedeten sie ein bizarres Komplott, um alle gefangenen Mitglieder der Manson Family zu befreien.
Ende Juli 1971 erfuhr mein Mitautor von einem Mitglied der Family in der Bay Area von San Francisco, dass die Family plante, Manson im Lauf des kommenden Monats zum Ausbruch zu verhelfen. Zwar erhielt er keine Information darüber, wie sie das bewerkstelligen wollte, einige Einzelheiten erfuhr er allerdings schon. Die Family hatte ein Waffenarsenal angelegt und Munition gesammelt sowie heimlich ein Haus in Südkalifornien gemietet, in dem sie einen entflohenen Sträfling versteckt hielt. Mit Mansons Flucht »wird Helter Skelter so richtig losgehen, dann herrscht die Revolution«.
Ein Wunschdenken? Ich war mir nicht so sicher und gab die Information daher an die Kripo L. A. weiter. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass zu den Zeugen, die Manson im Hinman-Shea-Prozess aufgerufen hatte, auch ein Strafgefangener aus
Weitere Kostenlose Bücher