Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
umschreiben.»
«Orgien mit Prostituierten?»
«Wo denken Sie hin, Frau Kupfer. Nein, nur mit Gleichgesinnten. Weiblichen Parteimitgliedern oder Anhängerinnen von Peter. Manchmal nahmen auch Parteifreunde teil.»
«Und wo fanden diese Treffen statt?»
«Peter besass in Haute-Nendaz ein repräsentatives Chalet. Dort fanden meist die Versammlungen der Parteispitze statt und eben auch seine Partys.»
«An denen Sie selbstverständlich nie teilnahmen.»
«Ob Sie es glauben oder nicht, Frau Kupfer, ich habe nie daran teilgenommen.»
«Aber später das eine oder andere geregelt.»
«Das war meine Pflicht. Peter ist … ist ein sehr grosszügiger Mensch gewesen. Und die, sagen wir, Abfindungen liefen alle über mich. Ich schliesse jedoch mit absoluter Sicherheit aus, dass eine der Damen eine solche Wut auf ihn hatte, die einen Mord rechtfertigen würde.»
«Haben Sie eine Liste seiner Bekanntschaften, die Sie uns geben könnten?»
«Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst, Frau Kupfer? Ich werde Ihnen diese nie und nimmer aushändigen. Das würde einige der angesehensten Damen der Schweiz kompromittieren. Ich bin Ihnen bei der Aufklärung des Mordes gern behilflich, aber dieses Ansinnen geht zu weit.»
«Gut, lassen wir es vorerst. Falls es sich abzeichnet, dass es sich um eine Beziehungstat handeln könnte, kommen wir nochmals auf Sie zu», lenkte Ferrari ein.
«Und falls die Liste dann wider Erwarten verschwunden wäre, packen wir Sie am Arsch», säuselte Nadine.
Stolz nickte nachdenklich und begleitete sie zum Ausgang.
«Wo finden wir Lutz Wagner?»
«Im zweiten Stock.»
Draussen auf dem Flur atmete der Kommissär tief durch. Nadine schüttelte unentwegt ihren Kopf.
«Ein sauberes Bürschchen.»
«Aalglatt und mit allen Wassern gewaschen», stimmte Ferrari zu.
«Immer darauf bedacht, dass die Schweiz sauber bleibt. Und was nicht sauber ist, wird sauber gewaschen, damit kein Staubkörnchen auf den Vorsitzenden, pardon, den grossen Führer fällt.»
Sie waren für einmal zu früh. Lutz Wagner hatte noch eine Besprechung mit einer Zollagentur. Seine Mitarbeiterin führte sie ins Sitzungszimmer.
«Herr Wagner wird bald da sein. Darf ich Ihnen einen Kaffee oder Mineralwasser anbieten?»
«Ja gern, zwei Mineralwasser bitte», entgegnete Nadine.
Ferrari blätterte die Firmenchronik durch. Gegründet im Jahr 1948, also kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Zuerst fuhr Widmer mit einem einzelnen, klapprigen Lastwagen als Auftragsfahrer für andere Firmen durch die Gegend. In den 1960er-Jahren, als das Wirtschaftswunder in voller Blüte stand, expandierte er. Den Standort Basel behielt er bei. Gut zwanzig Jahre später verfügte er über einen Fuhrpark von hundert Wagen, die ihre Fracht in ganz Europa verteilten. Wenn man dem Gedruckten glauben durfte, gehört die Logistik AG zu den erfolgreichsten Speditionsfirmen in Europa. In einem kleinen Kasten wurden auch die Verdienste von Ines Weller-Widmer gewürdigt. Olivia hatte nicht übertrieben. Nach einem Unfall ihres Vaters trat sie in dessen Fussstapfen und leitete das Unternehmen mit Erfolg. Als sie dann Peter Weller heiratete, zog sie sich aus dem Geschäft zurück. Ferrari schloss die Chronik, die zum sechzigsten Geburtstag der Firma erschienen war.
«Und? Klüger?»
«Dieser Widmer hat eine imposante Firma aufgebaut. Solche Menschen faszinieren mich. Mein Vater …»
In diesem Moment trat Lutz Wagner mit hochrotem Kopf ein. Trotz der Kälte schwitzte er unter einem ärmellosen T-Shirt, das eng anlag und seinen trainierten Körper so richtig zur Geltung brachte. Nadine schmunzelte beim Versuch des Kommissärs, seinen Bauch so gut als möglich einzuziehen, um neben dem Muskelpaket nicht ganz abzufallen. Wagner warf einen Blick auf die Wanduhr.
«Fast pünktlich. Versuche pünktlich zu sein. Hasse Leute, die einen warten lassen.»
Seine Sekretärin brachte ihm einen Tee.
«Danke, Ruth. Sehe, Ruth hat Sie schon bedient. Ausgezeichnet. Was kann ich für Sie tun?»
«Sie können uns helfen, den Mörder zu finden», eröffnete Nadine das Gespräch.
«Verfluchte Sache. Schon zwanzig Jahre für Peter tätig. Mal gings hoch, mal gings runter. Hat er nicht verdient, so einen Tod.»
«Das verdient niemand. Wo waren Sie, als es geschah?»
Er überlegte lange.
«Rechts von ihm Patrick, links von ihm Ines. Edgar neben Patrick und ich neben der Frau mit Blumen. Schöner Blumenstrauss.»
«Sie standen also zwischen der Blumenfrau und Edgar Huber, richtig?»
«Ja. Gab
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