Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
vereinten Europa sind wir doch alle irgendwo Ausländer, Herr Stolz.»
«Sie wissen ganz genau, was ich meine. Unsere Vision ist ein aus den wichtigsten Nationen bestehendes Europa.»
«Ich verstehe, die armen Länder sind unerwünscht.»
«Exakt. Es entspricht nun mal der menschlichen Natur, dass die Starken überleben. Wir sind stark und wir stehen für unser Land ein, selbstverständlich auf demokratische Art und Weise.»
«Drehen Sie sich um, Stolz, schauen Sie sich Ihre Plakate an. Wo zum Teufel ist Ihre Demokratie?»
«Was wissen denn Sie schon? Wir werden tagtäglich von Menschen aus anderen Kulturkreisen unterlaufen, die nur ein Ziel haben, uns ihren Stempel aufzudrücken. Sie drängen uns immer mehr zurück, nehmen uns die Arbeit weg und heiraten sogar unsere Frauen! Das lassen wir nicht länger zu», Stolz erhob sich und ging im Büro auf und ab, «wir sind die Einzigen, die das verhindern können und auch verhindern werden. Jetzt ist Schluss mit falschen Kompromissen. Sie sehen ja, wie weit uns das linke Gedankengut gebracht hat.»
Ferrari rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her.
«Ich möchte nochmals auf den Todestag von Peter Weller zurückkommen.»
Patrick Stolz setzte sich mit glänzenden Augen auf seinen Stuhl.
«Bitte!»
«Konnten Sie erkennen, wohin der Täter flüchtete?»
«Ich … ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube, dass er sich unter die Menge beim Tor mischte. Es ging alles so schnell … und es war ziemlich dunkel. Edgar Huber und seine Leute hatten alle Hände voll zu tun, um Peter abzuschirmen. Zum Glück kam dann sofort die Polizei und brachte Peter ins Bruderholzspital. Leider gab es keine Rettung mehr …», Stolz verstummte und faltete andächtig seine Hände wie zum Gebet.
«Nehmen wir einmal an, dass es sich um keinen politischen Auftragsmord der gegnerischen Parteien handelt. Wer könnte dann ein Interesse daran haben, Peter Weller umzubringen?»
«Niemand.»
«Andere Parteimitglieder?»
«Ich wüsste nicht wer. Es gab von Zeit zu Zeit Unstimmigkeiten innerhalb der Partei, doch Peter war unbestritten. Falls Sie mich verdächtigen, sind Sie auf dem Holzweg. Ich bin, das darf ich von mir behaupten, ein guter Parteisekretär. Vielleicht werde ich auch zum Vorsitzenden gewählt, mit grösster Wahrscheinlichkeit sogar. Aber meine Nase gefällt vielen Leuten nicht. Als Bundesrat komme ich nicht in Frage.»
«In der Firma?»
«Da kenne ich mich zu wenig aus. Diese Frage kann Ihnen Ines … Frau Weller am besten beantworten.»
«Und im Privatleben?»
«Da gibt es mit Sicherheit niemanden, der in Frage kommt. Peter führte eine harmonische Ehe und pflegte einen kleinen auserwählten Freundeskreis.»
«Wie sieht es mit Personen aus dem weiteren Umfeld aus?»
«Ich verstehe Ihre Frage nicht, Frau Kupfer.»
«Vielleicht eine von Wellers Geliebten? Oder ein gehörnter Ehemann?»
Stolz fuhr hoch.
«Sie wagen es, mit Ihren verleumderischen Bemerkungen unseren Vorsitzenden in den Schmutz zu ziehen? Ich verbitte mir das! Das Gespräch ist beendet. Sie wissen ja, wo der Ausgang ist. Guten Tag!»
«Nicht so schnell, mein lieber Herr Stolz. Sie sprechen hier die ganze Zeit von schweizerischen Werten, verwenden Worte wie aufrichtig, offen und sauber, doch wenn man ein wenig am Lack kratzt, drehen Sie gleich durch. Für mich ein klares Indiz, dass Sie mehr wissen, als Sie sagen wollen. Was sind Sie doch für ein verfluchter Heuchler!»
«Wagen Sie es nicht, weiter in diesem Ton mit mir zu reden, Frau Kupfer.»
«Drohen Sie mir? Bleiben wir sachlich. Sie wissen so gut wie wir, dass Peter Weller kein Kind von Traurigkeit gewesen ist. Es würde mich nicht wundern …»
«… es würde uns nicht wundern, wenn Sie ab und zu Herrn Weller aus der Verlegenheit geholfen hätten», unterbrach Ferrari seine Assistentin. «Wie Frau Kupfer bemerkte, kennen wir Wellers sexuelle Eskapaden. Das ist verbürgt. Deshalb auch unsere Frage. Gibt es in diesem Umfeld Personen, die für den Mord in Frage kommen?»
Stolz schloss die Tür.
«Garantieren Sie mir, dass dieses Gespräch unter uns bleibt?»
«Uns liegt ebenso wie Ihnen an Diskretion.»
«Gut. Peter und Ines waren längst nur noch eine Zweckgemeinschaft. Und je stärker Peters Machtanspruch wurde, andere würden wohl Machtgier sagen, desto mehr suchte er nach einem Ventil, um Dampf abzulassen.»
«Um es klar auszudrücken; er kompensierte seinen Alltag mit wilden Sexorgien.»
«So liesse sich das auch
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