Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
gekriegt.»
«Du Lauscherin!»
«Das war nun wirklich nicht zu überhören. ‹Lass Conny in Ruhe oder ich mache dich fertig. Meine Tochter ist viel zu schade für einen wie dich.› Und dann ist Peter in die Vollen gegangen. Unterste Schublade kann ich da nur sagen. Hirnamputierter Trottel konnte ich mir gerade noch so merken.»
«Wie hat Edgar reagiert?»
«Gar nicht. Peter tobte und der Muskelmann stand wie versteinert da, liess alles über sich ergehen.»
«Hat er danach Conny in Ruhe gelassen?»
«Das weiss ich nicht. Am besten du fragst sie selbst.»
«Dann wäre noch Andreas.»
«Der ist schwul!»
Das kam so überzeugend schnell, dass sich Ferrari mit dem Cognac verschluckte. Olivia klopfte ihm auf den Rücken.
«So schlecht ist der Cognac nicht. Du musst ihn trinken, nicht rausspucken. Willst du noch einen?»
«Ja … ich … ich habe eine Kröte im Hals …»
«Spül sie weg. Hier!»
«Wieso … wieso ist … Andreas schwul?»
«Den sieht man immer nur in Männerbegleitung. So komische Vögel im Afrolook und solche, die unzählige Decken und Tücher um sich gewickelt haben, damit sie nicht erfrieren. Alles Sonderlinge! Andreas hat einen ausgeprägten Sozialtick, hilft bei der Gassenküche und im Männerwohnheim.»
«Das heisst noch lange nicht, dass er schwul ist.»
«Ist er aber. Am letzten Silvester wollte ich ihn mehrmals verkuppeln, und zwar nicht mit irgendwelchen Tussis, sondern mit zwei Fotomodellen. Später mit einer schönen Intellektuellen. Und weisst du, was dann passiert ist?»
«Du wirst es mir sicher gleich sagen.»
«Er ist mit Bernhard Buser, der Supertunte, verschwunden. Jetzt sag mir nochmals, dass er nicht schwul ist.»
«Hm … Das muss noch lange nicht heissen, dass er etwas mit ‹BB› hat!»
«Ja, ja. Immer schön den Kopf in den Sand stecken und nur die Dinge sehen, die man sehen will.»
«Gibst du am Silvester wieder eine Party?»
«Wie in jedem Jahr … Wieso fragst du?»
«Nur so.»
«Möchtest du auch kommen? Ich rufe Monika gern an, ihr würde es sicher gefallen.»
Das denke ich auch, du Obermischlerin. Doch dieses Mal werden deine Pläne nicht aufgehen. Du wirst dich wundern. An Silvester sitzt Francesco Ferrari mit einem Glas Champagner gemütlich und in trauter Zweisamkeit auf seinem geliebten Sofa.
«Danke. Das ist lieb gemeint. Aber ich bleibe lieber mit Monika zu Hause. Ich passe nicht in deinen Schickimickikuchen.»
«Schade. Du kannst es dir ja noch überlegen.»
Der erste Teil des Dramas nahm zu Hause seinen Lauf. Francesco hatte die Leiter, die man ausziehen konnte und dem Nachbarn zur Linken gehörte, an die grosse Tanne im Vorgarten gelehnt. Vorsichtig kletterte er die ersten Stufen hoch, befand, dass die Leiter noch nicht richtig stand und stellte sie umständlich um. So, jetzt sollte es gehen. Monika reichte ihm eine Lichterkette.
«Das meinst du doch nicht im Ernst? Ich soll mit dem Ding da ganz raufklettern …»
«… und den Anfang oben festmachen. Dann schlängeln wir die Kette rund um die Tanne und schon ist der erste Teil erledigt.»
«Ich werde mir alle Knochen brechen.»
«Wenn du willst, frage ich Kurt.»
Soweit kommts noch! Der soll drüben in seinem Garten bleiben, der Giftzwerg! Ferrari kletterte vorsichtig die Leiter hoch. Hoffentlich hält das Teil. Sie sieht ziemlich unstabil aus. Kurz vor dem Ziel begann sie leicht zu schwanken. Bitte nicht! Ferrari hielt sich verkrampft an der Tanne fest und stiess ein Stossgebet aus.
«Gut, jetzt bist du hoch genug. Mach die Lichterkette fest.»
Wenn ich die Kette festmache, muss ich den Baum loslassen. Und dann … ich darf gar nicht daran denken.
«Na, was ist?! Mach schon, es ist kalt.»
Unter Einsatz seines Lebens befestigte Ferrari den Anfang der Lichterkette. Geschafft! Nun versuchte er, die Kette um den Baum herum zu wickeln.
«Vorsicht, Francesco! Die Leiter schwankt!», rief Monika entsetzt.
Prima. Da jagt sie mich in schwindelerregende Höhen und, anstatt mich zu ungeahnten Leistungen anzutreiben, bekommt sie selbst Angst. Als würde meine nicht vollends reichen … Langsam stieg er hinunter.
«So geht es nicht. Ich muss die Leiter umstellen. Von der Seite kann ich die Kette erwischen und sie um den Baum schwingen. Anders ist es nicht machbar.»
Monika rollte mit den Augen, verkniff sich aber eine Bemerkung. Der Vorgang wiederholte sich in der nächsten halben Stunde mehrmals. C’est fait. Ferrari betrachtete von unten stolz sein Werk. Das habe ich gut gemacht!
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