Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Rede!»
Ferrari ging um den Tisch herum.
«Stehen Sie auf, Wagner.»
Er erhob sich. Noch immer lächelnd.
«Sie können jetzt gehen. Geniessen Sie Ihre Freiheit, solange Sie können, und denken Sie daran, ich kriege Sie. Früher oder später. Ich sitze Ihnen im Genick, warte geduldig, bis Sie einen Fehler machen. Und Sie machen einen Fehler. Sie sind nicht clever genug. Das haben Ihnen schon andere gesagt, etwa Ihr Freund Stolz und Ihr Mentor Weller. Die Wahrheit kann hart sein. Nicht wahr? Sie sind eben nur ein gutmütiger Mitläufer, ohne Hirn, dafür mit vielen Muskeln. Sehr beeindruckend.»
Wagner lief rot an. Für den Bruchteil einer Sekunde sah es so aus, als wollte er sich auf den Kommissär stürzen. Doch im letzten Moment hielt er inne.
«Na, was ist? Sind Sie zu feige?», feixte Ferrari.
Etwas in den Augen des Kommissär hielt Wagner davon ab.
«So nicht! Kollegen im Nebenraum. Dann bin ich dran. Und Patrick und Peter sagen das nicht.»
«Absolut feige, ich sag es ja! Das überrascht mich nicht. Gegen ein paar Wehrlose seid ihr stark, aber so ganz allein habt ihr keinen Mut. Worauf warten Sie? Sie sind mir doch kräftemässig weit überlegen? Na los!»
Wagner zögerte.
«Gut. Dann schlage ich vor, wir bleiben beim Spiel. Übrigens, ich verliere nicht gern, und Sie?», Ferrari machte eine kurze Pause und fuhr mit gekünstelter Stimme fort, «ich freue mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Ines Weller als neue Mitspielerin gewonnen werden konnte.»
Wagners Gesichtsfarbe wechselte schlagartig von Rot auf Weiss.
«Im Klartext heisst das, ich werde Ines über das Vorgefallene informieren. Sie wissen genauso gut wie ich, dass sie Gewalt verabscheut. Sie stehen also kurz vor dem Rauswurf. Und glauben Sie mir, Sie kriegen in Basel kein Bein mehr auf den Boden, wenn ich mit Ihnen fertig bin.»
Das war des Guten zu viel. Wagner sank auf den Stuhl und zupfte nervös an seinem linken Ohr.
«Haben Scheisse gebaut!»
«Ist das alles, was Sie dazu sagen?»
«Haben Kommissärin zu spät gesehen. Wollte dazwischengehen. War zu spät. War schon ohnmächtig. War dumm! Hat nichts mit ihr zu tun. Wie geht es ihr?»
«Sie hat eine Gehirnerschütterung. Was wolltet ihr da?»
«Diesen Fink. Hat Peter auf dem Gewissen.»
«Wer sagt das?»
«Verpfeife keine Kollegen.»
«Es behauptet also jemand, dass Ruedi Fink der Mörder von Peter Weller ist?»
«Ist sicher. Kann es beweisen.»
«Und Sie haben diese Beweise gesehen?»
«Nein! Muss ich nicht. Glaube ihm.»
Hm. Irgendjemand schien Lutz Wagner gegen Ruedi Fink aufzuwiegeln.
«Wo habt ihr Ruedi Fink hingebracht?»
«Dreckskerl ist entwischt, der andere auch. Durchs Fenster. Linke Säue! Haben nicht einmal Freunden geholfen. Finden diesen Ruedi. Machen ihn kalt.»
Ferrari stand auf und trat ans Fenster. Sein Blick verlor sich im eigenen Spiegelbild.
«Und jetzt?»
«Wie bitte? … Ach ja, Sie können gehen, Herr Wagner.»
«Nicht verhaftet?»
«Nein. Sie laufen uns nicht davon.»
Unsicher bewegte er sich auf den Kommissär zu. Er streckte seine Hand aus.
«Tut mir leid. Ehrlich. Um Kollegin.»
Ferrari schlug ein.
«War totaler, verfluchter Bockmist! Kommt nicht mehr vor. Unschuldige getroffen.»
An der Tür drehte er sich nochmals um.
«Wenn ich auf Sie losgegangen wäre?»
«Was dann passiert wäre? Das werden wir wohl nie erfahren.»
9. Kapitel
Der Turban stand ihr gut, die Prellungen weniger. Ihre Schönheit hatte zum Glück nur einen kleinen Makel erlitten, der durchaus reparabel war. Es ging ihr auf alle Fälle bedeutend besser, denn sie konnte bereits wieder in den höchsten Tönen schimpfen. Der Alltag und das Kommissariat hatten sie wieder.
«Du lässt ihn einfach laufen? Ohne ihn fertig zu machen? Was bist du nur für ein Freund?! Du bist nichts weiter als eine riesengrosse Memme!»
«Entschuldige mal, es ist nicht die Aufgabe der Polizei, jemanden zusammenzuschlagen. Zum Glück gibt es Regeln und Gesetze, die übrigens auch für dich gelten, meine Liebe.»
«Ha! Du fürchtest dich bloss vor seinen Mukis! Du hast eine grosse Klappe, doch wenn es darum geht, seinen Mann zu stehen, dann kriegst du den Kasperl?»
«Den was?»
«Das Muckensausen! Herzflattern oder für blutige Anfänger: Angst.»
«Ich habe mich nett mit ihm unterhalten und einiges Interessantes erfahren. Ganz nebenbei liess ich ihn wissen, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn meine Partnerin zusammengeschlagen wird. Übrigens, schön, dass es dir besser
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