Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

den Häusern spannt, sorgen zusätzlich für Stimmung.steht auf dem Fass im Leiterwagen, das der Melcher senior und der Pflaum stolz herumziehen. Eine erste Kostprobe des Selbstgebrauten.
    «Auf unseren Dorfpicasso! Auf dass sich der Fidl nur ja gut erholt, wir brauchen ihn hier.» Der Rossi, der mit seinem Rollstuhl mitfährt, prostet mir zu.
    Ich wage es gar nicht, in die Töpfe zu schauen, nicht, dass noch eines von meinen Fuggern drin schmort, retten kann ich sie nicht mehr, aber vielleicht rächen. Ob der Hühnermö
rrrr
der in unsere Falle tappt, muss sich noch herausstellen. Zeit, den Köder auszulegen. So gehe ich von Tisch zu Tisch, lupfe die Deckel und schnuppere, ob es nach exquisitem Huhn riecht. Ehrlich gesagt, rieche ich keinen Unterschied, Gewürze und Soßen vertuschen alles. Dafür jammere ich lautstark und beklage meinen Verlust. Bald habe ich viele Verdächtige, Hendl finde ich in jedem zweiten Topf, auch ein paar Halbtagsvegetarier laben sich daran. Angeblich essen sie nur hier und heute ein bisschen Fleisch, weil’s gar so köstlich duftet. Der Schulsekretärin Frau Mörwald ihren pausbackigen Zehnpfünderbuben darf ich auch schon beglückwünschen, also hat sich die Warterei gelohnt. Der Bürgermeister führt mir seine neue Klingel vor, eine chinesische mit zwei Klangschalen, die am Lenker rotieren und so durchdringend schrillen, dass sich alle ringsum die Ohren zuhalten. Danach stelle ich mich wieder an den Anfang der Tischreihe und eröffne dem Dorfschmied, der Wirtin vom
Schaumichan
und noch ein paar Bier- und Weinseligen den Plan, den Emma und ich ausgeheckt haben. «Jetzt geht’s doch weiter mit meiner Hühnerzucht. Aber das verrat ich nur euch, ganz persönlich, passt auf. Eine Bruthenne samt Gelege ist mir geblieben, ein Wunder, aber bitte sagt es nicht weiter, es soll sich nicht gleich rumsprechen.» Nun kann ich sicher sein, kaum dass ich kehrtmache, dass es jeder an diesem Abend erfährt. Von einem Ohr durch den Mund ins nächste Ohr, sogar ohne aufzustehen, bequem im Sitzen. Hoffentlich ist es nicht wie bei der Stillen Post, dass ganz was anderes am Ende der Langen Tafel herauskommt. Aber wie ich meine Pöckinger kenne, denkt der Hühnermörder am Ende, ich hab eine ganze Legebatterie dazugekriegt, und sabbert bereits.
    Vielleicht schreibt der ein oder andere sogar noch eine SMS , damit es die im Oberdorf bei St. Ulrich noch schneller erfahren. Nachrichten per Handy verschicken kann ich jetzt auch, theoretisch. Der Emil hat’s mir gestern gezeigt, und ich habe mich anscheinend bis in den Schlaf hinein angestrengt, dass ich kapiere, wie das geht. Sonst hätte ich doch nie so einen Schmarrn zusammengeträumt. Sehr süße Worte hat mir meine Liebste zur Übung reingetippt, die trage ich jetzt bei mir in der Hosentasche auf dem Bavariahandy. Nur was eine Klammer mit Doppelpunkt bedeuten soll, hab ich nicht verstanden. :)?
    Blöd bloß, dass es doch relativ dunkel ist und ich nicht die ganze Dorfstraße überblicke, wer wann wohin verschwindet, sosehr ich mich auch strecke und hinausspähe. Sonst könnte ich den Täter gleich entlarven. Wer in der nächsten Stunde unbemerkt abhaut, ist potenziell verdächtig. Andererseits drückt mir die Apfelschorle auch auf die Blase, und ich sage der Sophie, dass ich kurz wo hinmuss. Einer hat so eine Kamera auf einen ferngesteuerten Flieger montiert. Der surrt über unseren Köpfen die Dorfstraße entlang und hält das historische Ereignis für die Ewigkeit fest. Wenn der alles filmt, bräuchte ich es nur noch auswerten. Das Material soll die Sophie nachher einfach beschlagnahmen, jetzt will ich sie nicht damit belästigen. Sie trägt der Christl ihren Totenkopfschal, den ich ihr geschenkt habe, redet mit der Lisa ihrer Mama über das, was Emma in den drei Tagen zu Hause in der Schule verpasst haben könnte und überhaupt. Es freut mich, meine Frau entspannter zu sehen, weg von der Arbeit. Die Ermittlungen in Sachen Mord und Drumherum laufen erst morgen wieder an.
    Neugierige Fragen muss sie dennoch genug beantworten. «Nein, der Mörder vom Wickerl ist noch nicht gefasst, die Untersuchungen laufen noch. – Ja, die Christl ist an einer Überdosis Methamphetamin gestorben, im Volksmund Crystal genannt.» Emma und Lisa schlendern mit ihren Tellern von Tisch zu Tisch und picken sich aus den dargebotenen Speisen die Leckereien heraus. Nur, wohin jetzt mit meinem Harndrang? Aufs Klo beim Postwirt? Wie ich den kenne, hat der seine Toiletten zugesperrt,