Hengstgeflüster (German Edition)
und verkündete im Brustton der Überzeugung: „Hausmädchen? So ein Quatsch, das ist meine Verlobte. Wir werden im nächsten Monat heiraten.“
Bell stand schon den ganzen nächsten Morgen neben der Spur. Dieser verdammte, sexbesessene Adonis tickte ja wohl nicht ganz richtig. Sie konnte ja verstehen, dass die ganze Aufregung der letzten Tage zu viel des Guten für ihn gewesen war. Aber musste er denn gleich so einen himmelschreienden Stuss verbreiten? Egal wo sie sich gerade befand und was sie gerade trieb, sie geriet immer von einer Scheiße in die nächste. Ja, so war sie eben.
Aber diese Sache mit der Heirat ging ja wohl zu weit. Noch dazu, wo ihre Geliebte sie in Paris erwartete…
Chris war schon vor einer ganzen Weile im Stall untergetaucht. Bell stand noch immer wie vor den Kopf gestoßen im sonnenbeschienenen Innenhof, als ihr offenbar zukünftiger Ehegatte mit der gesattelten Annie, der durchtrainierten, fünfjährigen Stute, aus dem Stallgebäude trat. Dieses Tier war eine schwarz-weiße Schönheit. Die Hinterbeine zierten zwei weiße Fesseln und aus ihrem bildschönen Köpfchen blickten zwei aufgeweckte, kluge Augen. Sie hatte ein sanftmütiges Wesen und war folgsam und gelehrig.
Fasziniert beobachtete Bell die beiden beim Trainieren im Reining Pen. Annie hatte wunderbare, weiche Gänge und Chris hatte keine Probleme, das Beste aus ihr herauszuholen. Sie bewegten sich wie im Einklang. Die feinen Zeichen, mit denen Chris Annie leitete, waren für ungeübte Betrachter kaum auszumachen. Die Stute bewegte sich so leicht wie eine Feder, ihre Hufe schienen beinah keinen Bodenkontakt zu haben. Die Übungen wurden immer dynamischer und seine Hilfestellungen energischer, als er Annie für die schwereren Reininglektionen vorbereitete und exakte, aber noch langsame Hinterhandwendungen und punktgenaue Stopps durchführte.
Bell spürte einen Kloß in ihrem Hals. Solchen Gefühlen durfte sie sich nicht mehr hingeben. Nur war die Versuchung in solch einer Umgebung fast übermächtig groß. Sie sah wie Chris in der Mitte der Bahn stoppte und aus dem Sattel sprang. Zum Abkühlen der Sehnen spritzte er mit dem Gartenschlauch über Annies Beine und Brust.
Betreten wandte Bell ihren Blick ab. Wenn sie es zuließ, wenn sie ihre Gabe wieder akzeptieren würde, würde es ihr beim nächsten Abschied abermals das Herz brechen. Und der nächste Abschied war unausweichlich. Spätestens, wenn Chris im Herbst zurück nach Kalifornien ging, würde Bell wieder auf der Straße sitzen. So war es immer. Abschiede waren ihr ständiger Begleiter, ihr Fluch und gleichzeitig ihre Rettung. Niemals wieder würde sie sich tiefen Gefühlen oder sogar Geborgenheit hingeben, denn darauf folgten Abschied und gähnende Leere. Ließ sie diese von Anfang nicht zu, stand sie später nicht dermaßen in der Bredouille. So einfach war das. Und so schwierig.
Nachdem Chris die Stute versorgt hatte, schlenderte er zu ihr. „Was meinst du, ob Annie bis zum Herbst die Qualifikation fürs Reining Futurity schafft?“
„Ich hab zwar keine Ahnung was das ist“, bedeutete Bell mit einem bedauerlichen Kopfschütteln, „aber sie bewegt sich wundervoll.“
„Ach komm schon, ich hab dich um deine Meinung gebeten, ist denn das zu viel verlangt?“
Er appellierte an ihr Ehrgefühl! Sie seufzte. Mit seinen Hänseleien konnte sie umgehen, nicht aber mit ernst gemeinter Fachsimpelei. „Ich denke, Annie ist ihr Geld wert“, meinte sie deshalb unverbindlich.
„Was ist eigentlich geschehen, dass du dich dermaßen gegen alles und jeden sträubst“, fragte er gereizt. Warum störte es ihn so, dass Bell ihm nicht vertraute?
„Keine Ahnung, was du meinst. Wie kommst du nur immer auf die Idee, dass ich mich mit dem ganzen Zeugs hier auskennen würde.“
„Du bist die Tochter von Eduardo Torres, verdammt noch mal! Darum hab´ ich da so eine gewisse Ahnung.“
Er sah ihren erstaunten Blick.
„Nicht nur du kannst gute Schlüsse ziehen.“ Etwas sanfter fügte er hinzu: „Sieh mal, ich stecke ganz schön in der Klemme. Chrispin ist für den ganzen Sommer ausgefallen, kann vielleicht nie mehr auf ein Pferd steigen, wenn sein Bruch nicht gut verheilt. Ich hab ein Schweinegeld für diese beiden Tiere ausgegeben. Zum ersten Mal in meinem Leben hab´ ich die Gelegenheit, meine eigenen Pferde zu trainieren“, er sah sie eindringlich an, „und ich weiß verdammt genau, dass du dich verteufelt gut auskennst mit Pferden.“
Sie öffnete ihre sinnlich
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