Hengstgeflüster (German Edition)
waren sie mit den Tieren beschäftigt. Sie bereiteten die Pferde fürs Training vor. Wie bereits am Tag zuvor vollführte Tango einen Affentanz der besonderen Sorte, wurde aber zunehmend ruhiger und stieß gegen Ende nur noch dann und wann einen schallenden Brunftschrei aus, sodass die arme Annie erzitterte.
Das Training wurde nun zusehends anspruchsvoller. Simultan trieben sie die Tiere zu rasanter Geschwindigkeit und stoppten in forschem Gleichklang am Ende der Bahn, wirbelten in einer dynamischen Kehrtwende herum und feuerten die Pferde zu einem immer schwungvolleren, kräftigeren Galopp an. Das war bereits die Vorbereitung für den Klassifizierungswettbewerb der Reining- und Spinningpferde.
Annie gelang es noch jedes Mal, Tango mit Leichtigkeit abzuhängen und sie gelangte mit Längen Vorsprung ins Ziel.
„Du musst ihn härter ran nehmen.“ Chris stoppte in der Mitte der Bahn.
„Wenn du nicht jedes Mal mit dem Arsch deiner Kleinen vor Tangos Nase herumwackeln würdest, dann könnte er sich aufs Laufen konzentrieren“, sagte Bell, wusste aber, dass Chris Recht hatte, „er ist eben ein Kerl und denkt nur an das eine…“
Das war eine forsche Anspielung. Verdammt noch mal…!
Bell schloss betreten die Augen. Seit ihrer Aussprache hatte sie tatsächlich nur noch eins im Kopf. Die Frühlingsgefühle der Pferde übertrugen sich allmählich auf alle Anwesenden. Die ganze Welt spielte verrückt.
Selbst bei Natalia und Chrispin herrschte Ausnahmezustand. Wie Tom und Jerry schlichen sie umeinander herum. Chris bemerkte diesen Zustand wohl kaum, sonst hätte er sich seinen Kumpel Chrispin schon längst einmal zur Brust genommen, überlegte Bell. Doch sie spürte es sofort, wenn irgendjemand auch nur die feinsten Signale aussendete. Trotz der Hitze überkam Bell eine Gänsehaut, als sie an Karlee dachte. Nun, jetzt war die alte Schreckschraube in Cascine di Buti und damit herrschte auf der Ranch ein allgemeiner Unmut, der den ganz alltäglichen Wahnsinn hier noch bei Weitem übertraf. Obwohl - eine gemeinsame Feindin bringt die größten Streithähne zusammen, oder so ähnlich - besagte eine alte Bauernregel.
Selbst Lori schlich seit Karlees Ankunft wie ein Geist durchs Haus und Natalia hatte gestern gar schreiend die Küche verlassen, nachdem Karlee am Abend wie ein Poltergeist auf der Podere la Buti erschienen war und ein gesalzenes Kommentar zu Natalias Kochkünsten abgegeben hatte, die – wohlgemerkt - ihr ganzer Stolz waren.
Sogar Chrispin hatte sich danach leise murmelnd auf seinem fahrbaren Untersatz davongemacht, als wollte er Natalia seine Sympathie bekunden. Doch als Bell ihn wenig später am Treppenansatz mit Natalia streiten hörte, verwarf sie diesen Gedanken gleich wieder.
Nur Chris machte Bell große Sorgen. Alle, Lori mit eingenommen, beklagten sich über Karlee, murrten herum, ja, Bell hatte sogar schon ernsthaft darüber nachgedacht, was der Alten nicht alles zustoßen könnte. Pferde waren doch ganz furchtbar ungestüme Tiere. Doch in Wirklichkeit besaß sie ein durch und durch friedliches Naturell. Bis auf ihren schlagkräftigen rechten Haken natürlich. Chris hingegen sprach kein Wort mit Karlee, gab sich den ganzen Tag nachdenklich und sagte auch zu niemandem etwas über die Sorgerechtssache wegen Lori. Es war sehr besorgniserregend, da er doch normalerweise wegen jeder Kleinigkeit in die Luft ging. Chris schien sich viel mehr auf die – nicht vorhandene – Beziehung mit Bell zu konzentrieren, die alle Hände voll zu tun hatte, um nicht in eine seiner sorgsam geplanten Fallen zu stolpern.
Chris schmunzelte und weckte sie damit aus ihren Überlegungen. „An was denkt deiner Meinung nach ein echter Kerl so...?“
„Na, du weißt schon.“
Er lachte vergnügt und warf ergeben die Hände in die Luft. „Keine Sorge, Süße, wir beide haben noch genug Zeit“, meinte er selbstbewusst.
„Natürlich, Loverboy“, flötete sie mit spitzen Lippen und erotisch angehauchter Stimme, „aber nur in deinen Träumen.“
Er gluckste herum, enthielt sich aber eines weiteren Kommentars, was Bell wie eine größere Niederlage erschien, als wenn Chris das letzte Wort gehabt hätte.
Wo nahm dieser Kerl bloß sein grenzenloses Selbstvertrauen her? Bell wischte sich den Schweiß von der Stirn. Woher auch immer, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt um sich über solche Nichtigkeiten den Kopf zu zerbrechen. Sex, das war doch nur eine weitere Art, sich künstlich Probleme zu erschaffen. Nein, darauf
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