Hengstgeflüster (German Edition)
stille Übereinkunft, die Bell das letzte Mal, vor so langer Zeit, mit Dessie erlebt hatte. Ihr Herz schwoll über vor lauter Liebe zu diesem erhabenen Tier, welches ihr sein ganzes Vertrauen in die Hände legte. Er besaß eine unbändige Stärke und war doch ein so sanftmütiges Wesen. Nur Tiere, denen das ganze Leben Leid widerfahren war, würden diese Stärke zur Selbstverteidigung einsetzten, niemals, um Macht auszuüben oder wissentlich jemandem zu Schaden. Nicht wie einige Menschen ihre Macht auf schändliche Weise nutzten, um anderen Leuten Leid zuzufügen.
Bell sah auf und blickte sich suchend um. Lulu war schon seit geraumer Zeit nicht mehr hier gewesen. Sie erhob sich und rief ein paar Mal ihren Namen. Sonderbar, normalerweise war sie nicht abzuschütteln. Wahrscheinlich hatte Lulu irgendeinen Misthaufen gefunden, in dem sie sich gerade ausgiebig suhlte.
„Los Kleiner, du kannst schon mal nachdenken, in welche Richtung es heimwärts geht“, sagte sie dann und warf ihm den Sattel auf den Rücken. Sie wollte eben den Sattelgurt festzurren, als ein qualvolles, übermenschliches Jaulen ihr Herz einige Schläge aussetzen ließ. Tango machte einen erschrockenen Satz nach vorne. Bell stieß einen lauten Schrei aus. „Lulu!“
Ohne Nachzudenken warf sie den Sattel zu Boden, schwang sich mühelos auf Tangos nackten Rücken und preschte mit ihm in das niedrige Wäldchen hinein, aus dem der Schrei gekommen war.
24. Kapitel
„Diavolo!“, kreischte ein erschüttertes Weiblein, nur, dass diese Beschwörungsformel diesmal aus Karlees Mund kam.
„Aufstehen!“ Ungeduldig fuchtelte der Eindringling mit der Waffe herum, während er den Lichtschalter betätigte. Die beiden Frauen blinzelten. Der Störenfried war von oben bis unten in schwarze Kleidung gehüllt und sein Haupt zierte eine schwarze Strumpfhose, die er bis über die Nase hinuntergerollt hatte und die seine Kinnpartie freiließ. Das Strumpfende wippte wie ein widerwilliges Pfauenrad auf seinem Kopf auf und ab.
„Mafia“, flüsterte die Signora Karlee zu und klammerte sich an ihren Ellenbogen.
„Na los, wird’s bald!“ Er trat einen Schritt zurück und die beiden entsetzten Frauen schwangen ungelenk ihre Beine aus dem Bett.
„Da rüber!“, befahl der Fremde und deutete mit der Pistole in die hintere Ecke des Raumes.
Die Signora hatte als Erste ihre Fassung zurückerlangt. „Sie werden meinen Jungen nicht kriegen“, piepste sie, „und wenn es das Letzte ist, was ich in meinem Leben tue“, nun klang sie schon selbstbewusster, „dann, ihn bis zu meinem letzten Atemzug zu beschützen.“
„Machen Sie mit ihr was Sie wollen“, fiel ihr nun Karlee ins Wort, „aber halten Sie mich da raus!“
„Nun mach mal halblang, Karlee“, wandte sich eine erzürnte Nona zu dem gewissenlosen Weibsbild um, „tu bloß nicht so unschuldig, du hast dich selber hierher eingeladen.“
Ein ermahnendes Räuspern kam vom Fremden, der noch immer seine Waffe auf die beiden richtete.
„Dass ich nicht lache“, nun kam Karlee so richtig in Fahrt, „ du hast mich hierher geschleppt!“ Sie stampfte erzürnt mit dem Fuß auf, dass die Dielen krachten. „Was zum Teufel muss ich noch alles mitmachen? Hä? Schlimm genug, dass ich die Augen aufmache, und du bei mir im Bett liegst!“
Die Signora riss erstaunt die Augen auf und ihr Ton wurde zunehmend lauter. „Man könnte doch annehmen, dass du entsetzt warst, weil uns dieser Mafioso hier mit der Waffe bedrohte, aber nein…“, fuchtelte sie erbost vor Karlees Gesicht herum, „du beklagst dich, weil ich mich in mein Bett gelegt habe!“ Sie raufte sich die Haare. „Ist denn das zu fassen?“
„Klappe, alle beide!“, schrie der Maskierte gegen den Krawall, wurde jedoch rüde von Karlee unterbrochen: „Kann man denn hier keine einzige Minute ein Privatgespräch führen?“ Mit hochrotem Gesicht fauchte sie den Fremden an, der nun unentschlossen von einem Fuß auf den anderen stieg.
Nona konnte sich nicht mehr halten. „Halt die Klappe, Karlee, oder willst du, dass er uns alle umbringt?“
Diese zuckte nur mit den Achseln. „Wenn er wollte, hätte er uns schon längst erledigt“, bedeutete sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Doch dass kann er nicht, nicht wahr?“ Sie blickte ihm mit einem schauderhaften Grinsen ins halbverdeckte Gesicht. „Weil er nicht weiß, wo der Junge ist.“
„Was reden Sie hier für Scheiße?“, schrie der Mann und sein Kehlkopf begann heftig zu zucken. „Sie
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