Henker-Beichte
mich interessieren, Auguste, wenn ich es nicht schon wüßte. Der Abbé hat es mir berichtet. Wir haben lange miteinander telefoniert. Und er war noch heute sehr beeindruckt von Ihnen. Er hat nicht vergessen, was Sie für ihn taten.«
»Das war halb so schlimm.«
»Sagen Sie das nicht, Auguste. Was Sie gemacht haben, hätte nicht jeder getan, glauben Sie mir das, denn damit kenne ich mich aus.«
Cressons Gesicht rötete sich, denn derartige Komplimente war er wohl nicht gewohnt. Dabei hatte ich es ehrlich gemeint.
***
Die Landung in Toulouse war ebenso glatt verlaufen wie der Flug.
Empfangen wurden wir von einem blauen Himmel und höheren Temperaturen als in Paris. Mein Begleiter sagte zwar nichts, die Nervosität aber war ihm schon anzusehen, denn immer wieder blickte er sich um, suchte mögliche Verfolger und hatte natürlich den Schwarzen mit der Brille nicht aus den Augen gelassen. Der Mann aber gab sich gelassen oder normal. Jedenfalls fiel er nicht auf, und er kümmerte sich auch nicht um Auguste Cresson, zumindest gönnte er ihm nicht mal einen Blick.
Im Gegensatz zu uns wurde er abgeholt. Ebenfalls von einem Schwarzen, der ihn sehr herzlich begrüßte. Der neue Mann sah aus wie ein Modellathlet, sicherlich trieb er sich die Hälfte des Tages in irgendwelchen Fitneßstudios herum. Der Mann war lockerer gekleidet als der Passagier. Eine braune Wildlederjacke, darunter trug er einen dunkelblauen Pullover. Beide Männer verschwanden sehr schnell, während wir uns dem Tresen der Leiwagenfirma zuwandten.
»Haben Sie besondere Wünsche, was das Fabrikat eines Wagens angeht?« wollte ich von Cresson wissen, der nur den Kopf schüttelte.
Ihm war es egal.
Die Bedienung war sehr freundlich und erklärte uns, daß bis auf ein Fahrzeug alle anderen schon vermietet waren. Wir hätten vorbestellen sollen.
»Solange es kein Lastwagen ist.«
»Nein, nein, Monsieur. Es ist ein Renault Laguna.«
»Ist mir auch recht.«
»Ein schönes Auto«, erklärte die freundliche Dame. »Das sagt sogar der deutsche Formel-1-Weltmeister.«
»In der Werbung?«
»Wo sonst?«
»Sicher. Wo sonst?« Mir wurden die Unterlagen zugeschoben.
Ich zahlte mit der Kreditkarte, und uns wurde erklärt, wo der Wagen parkte.
»Merci, den werden wir finden.«
Frühling in Südfrankreich. Ein herrliches Gefühl, ins Freie zu treten und endlich mal einen warmen Sonnenschein zu erleben, auf den wir in London so lange gewartet hatten. Bis zu unserem Ziel war es nicht sehr weit. Wir konnten das erste Stück über die Autobahn fahren.
»Ich bin froh, daß Sie sich auskennen, John. So brauche ich wenigstens nicht zu steuern.«
Ich winkte ab. »Das packen wir schon.«
»Haben Sie Verfolger gesehen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, habe ich nicht.« Dann schnallte ich mich an und startete.
»Aber Sie werden darauf achten?«
»Immer.«
»Das ist gut.«
Auguste Cresson war nicht mehr so nervös, wie ich ihn aus dem Flugzeug her kannte. Es ging ihm jetzt besser. Zwar stand er noch unter Druck, aber die Nähe des Abbés und die Hoffnung auf eine schnelle Hilfe hatten ihn doch gelöster werden lassen. Zudem hatte er sich an einem Kiosk noch eine Dose Wasser gekauft, die er trank, während wir den Parkplatz verließen, auf die Umgehungsstraße westlich des Flughafens gerieten und im Südwesten schließlich die Autobahn erreichten. Verkehr herrschte kaum.
»Jetzt können Sie entspannen, Auguste«, sagte ich.
»Wieso?«
»Oder glauben Sie, daß man uns auf der Autobahn attackieren wird?«
Er hob die Schultern. »Was ich glauben soll, weiß ich nicht. Mir ist nur klar, daß sie alle Möglichkeiten haben. Einfach alles, verstehen Sie? Das sind doch keine normalen Menschen, verflucht! Das sind… das sind Wesen oder Geister.« Er schaute mich an, als könnte ich ihm die perfekte Erklärung geben.
»Wir werden sehen.«
»Haben Sie denn keine Vorstellung, was das sein könnte?«
»Sollte ich das?«
»Jeder macht sich mal Gedanken.«
»Stimmt. Sie haben sich mir gegenüber schon teilweise offenbart. Darüber kann ich mir dann Gedanken machen. Die neuen Ereignisse hängen mit einem alten Fluch zusammen, und Sie sind praktisch das Zentrum dieses Fluchs. Hat man Sie denn verflucht?«
»Ich weiß es nicht. Dann hätte ich doch etwas hören müssen – oder?«
»Kann sein.«
»Ist das denn nicht so?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen, Auguste. Es gibt da verschiedene Wege. Nur das Gesicht, das Sie in der Scheibe gesehen haben, weist natürlich
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