Henker-Beichte
denen wir nicht zurechtkommen. Hinter ihm steht ein mächtiger Zauber.«
»Stimmt«, sagte ich und löste den Gurt.
Obwohl es nur ein Beil war, ging ich davon aus, daß es uns – wie auch immer – beobachtete. Cresson stimmte ich zu.
Dieses Beil konnte durchaus der verlängerte Arm einer fremden Kraft sein, die auch durch die Klinge beobachtete. Wie sonst hätte sie uns dann so schnell finden können?
Ich stieg aus.
Vorsichtig, immer auf dem Sprung, die Hand in der Nähe der Waffe haltend, obgleich ich mit einer Kugel kaum etwas gegen das Henkersbeil würde ausrichten können.
Es war wirklich eine gefährliche Mordwaffe. Ich erinnerte mich an einen Fall, der in der Nähe von London, auf einem Grillplatz im Wald, für Furore gesorgt hatte. [1] Da war ein unheimlicher Henker erschienen, der die Menschen mit einem ähnlichen Beil erschlagen hatte.
Ich kam gut aus dem Fahrzeug heraus und drückte die Tür leise hinter mir zu.
Stille umgab mich. Auch der Motor lief nicht mehr. Ich hätte gern die frische Frühlingsluft eingeatmet und mich an der Landschaft erfreut, aber ich sah nur dieses verdammte Beil in der Luft schweben und fühlte mich wie von einem Eisblock umgeben.
Die Mordwaffe zitterte nicht mal. Sie stand starr in der Luft und schien mich zu belauern. Sie wartete auf einen Fehler, auf eine Bewegung, die ihr nicht gefiel, um dann zuschlagen zu können.
Hinter der Scheibe hockte der Henker wie ein graues Gespenst, das sich nicht zu bewegen wagte. Ich hatte einen schnellen Blick auf sein Gesicht erhascht, wo die Augen weit aus den Höhlen gequollen waren und seine Züge verfremdeten.
Das Beil wartete.
Ich ebenfalls.
Aber ich blieb nicht lange starr. Irgend etwas wollte ich tun, zudem trug ich mein Kreuz bei mir, mit dem ich schon einmal den Schatten vertrieben hatte.
Würde es mir auch im Kampf gegen das echte Beil helfen?
Der Atem floß zischend über meine Lippen. Ich konzentrierte mich auf das Kreuz und hatte den Eindruck, es als großen Druck auf meiner Brust zu spüren.
Vorsichtig bewegte ich meinen rechten Arm in die Höhe, um die Kette mit dem Kreuz hochzuziehen.
Es tat mir gut, das dünne Metall zwischen den Fingern zu spüren. Einen Moment später wanderte das Kreuz an der Brust in die Höhe, um sich dem Hemdausschnitt zu nähern.
Meine Chancen stiegen, so dachte ich.
Es war der falsche Gedanke, denn urplötzlich löste sich die Waffe aus ihrer Ruhe. Es war mit keinem Zeichen zuvor zu erkennen gewesen, sie ruckte vor und wischte auf mich zu.
Ich flog nach links. Es war ein gewaltiger Sprung gewesen. Ich wischte über die Straße hinweg, der Graben kam näher, und einen Herzschlag später landete ich in dieser schmalen Mulde, hörte rechts von mir ein sausendes Geräusch, das mich warnte.
Blitzschnell tauchte ich unter.
Der Graben schluckte mich, während dicht über mir das Beil hinwegwischte. Der Schreck ließ mein Herz rasend schnell schlagen. Ich war heilfroh, ihm entwischt zu sein, aber der nächste Angriff würde folgen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Auf allen vieren kroch ich durch den leicht feuchten Graben nach vorn, holte fieberhaft das Kreuz hervor, behielt es in der Hand und kletterte an der der Straße abgewandten Seite aus dem Graben und hielt sofort nach dem Beil Ausschau.
Es war noch da und schwebte wie das berühmte Damoklesschwert über dem Dach des Laguna.
Das hatte seinen Grund.
Aus Alet-les-Bains war ein großer, dunkler Wagen gekommen und hatte in respektabler Nähe unseres Leihwagens gehalten. Ein Mann war ausgestiegen, ein Schwarzer, den ich zum erstenmal auf dem Flughafen gesehen hatte.
Er trug noch immer die braune Jacke und das blaue Hemd, aber auch eine Maschinenpistole, deren Mündung auf mich zeigte.
Zu sagen brauchte er nichts. Ich verstand die Drohung und schaffte es noch, das Kreuz in die Hosentasche zu schieben.
Die Lage wirkte wie eingefroren und änderte sich erst, als der Mann aus dem Flugzeug den Wagen verließ. Er trug die gleiche Kleidung, rückte seine Brille zurecht, schaute auf seinen Leibwächter und deutete mit einem Lächeln an, wie zufrieden er war.
Dann sprach er seinen Mann an, und ich verstand kein Wort von der Sprache. Aber die Mündung blieb auf mich gerichtet, auch dann noch, als der Brillenträger einen Bogen schlug und auf mich zukam. Er geriet nie in die Schußlinie hinein und baute sich an der anderen Seite des Grabens auf.
Wenn jetzt ein anderes Fahrzeug gekommen wäre, dann wäre kein Platz mehr
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