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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Mutter mit der flachen Hand ins Gesicht.
    Es wirkte. Beata rappelte sich hoch, langsam, viel zu langsam, und auch Gertrud sprang auf.
    Melisande half ihnen beim Aussteigen. Der Karren neigte sich nach rechts, Beata verlor den Halt und kippte nach vorne. Melisande versuchte, sie zu halten, aber sie wusste, dass sie es nicht schaffen konnte.
    Da griffen zwei Hände zu. Melisandes Herz hüpfte vor Freude. Rudger! Er lebte! Sein Gesicht war blutverschmiert, an seinem linken Arm klaffte eine Fleischwunde, die ihn jedoch offensichtlich nicht behinderte.
    »Wir müssen weg«, sagte er ruhig. »Vater wird die Feinde aufhalten, bis wir in Sicherheit sind, und dann nachkommen. Wir haben viele von ihnen getötet. Es sind gekaufte Feiglinge, die für Geld alles tun, aber den Schwanz einziehen, wenn es wirklich darauf ankommt. Nicht mehr lange, und sie werden die Flucht ergreifen.« Seine Miene strafte seine Worte Lügen.
    Sie nahmen ihre Mutter in die Mitte, Rudger trug Gertrud, deren Weinen einem erbärmlichen Wimmern gewichen war. Sie hielt die Hände auf die Ohren gepresst und blickte mit furchterfüllten Augen auf das Geschehen um sie herum. Die Schlucht verstärkte die Geräusche, das Kampfgeschrei war zu einem Orkan angeschwollen, das Klirren der Schwerter schmerzte in den Ohren.
    Nach wenigen Schritten erreichten sie den Wacholderbusch, schoben die Zweige auseinander. Tatsächlich. Ein schmaler Pfad führte den Steilhang hinauf. Melisande sah sich noch einmal um. Die Feinde waren bis auf wenige Fuß an den Karren herangekommen. Die vordere Kampflinie drohte zu brechen, die hintere hielt stand, Vater und die Söldner hatten sogar Boden gutgemacht. Aber das würde ihnen nichts nutzen. Wenn die vordere Linie brach, waren sie rettungslos verloren.
    Ein Lichtblitz blendete Melisande, sie hob schützend die Hand und blickte hoch. Oben auf dem Felsen thronte ein Reiter auf einem pechschwarzen Pferd. Reglos beobachtete er das Kampfgetümmel. Sie erkannte das Wappen, die Rüstung und den Rappen: Ottmar de Bruce. Gut hundert Fuß hoch war der Abhang, der ihn von Melisande und ihrer Familie trennte. Er schien hämisch zu ihr hinabzusehen, so als hätte er alle Zeit der Welt, sie einzuholen. Ein eiskalter Schauer lief Melisande über den Rücken, als er gemächlich sein Pferd wendete und langsam losritt.
***
    De Bruce ließ Diabolo im Schritt gehen. Es erfüllte ihn mit tiefer Befriedigung, dass sein Plan bis zur letzten Kleinigkeit aufgegangen war. Er hatte seinen Männern eingeschärft, weder Melisande noch ihre Mutter oder ihre Schwester zu töten. Dass Rudger oder Konrad oder ein anderer ihnen zu Hilfe eilen würde, damit hatte er ebenfalls gerechnet und am Ausgang des Pfades drei Wachen postiert, die die Weiber durchlassen, alles was nachfolgte, aber niedermachen sollten. De Bruce lächelte. Der Zug war nicht ohne Grund genau an dieser Stelle aufgehalten worden. Nur wenn seine Beute den Fluchtweg fand, machte die Jagd Spaß.
    Gerade als er Diabolo die Sporen geben wollte, hörte er aufgeregte Schreie. Ein Scharführer rannte herbei, neigte das Haupt und berichtete atemlos: »Die hintere Linie droht zu brechen, Herr. Konrad Wilhelmis und zwei Ritter haben bereits zwölf Männer erschlagen.«
    De Bruce konnte es nicht glauben. Wilhelmis musste mit dem Teufel im Bunde sein. Wie sonst konnte er dieser Übermacht standhalten? Aber de Bruce glaubte nicht an den Teufel. »Schickt die Schützen hinunter in die Schlucht«, befahl er. »Dann ruft meinen Hauptmann, Eberhard von Säckingen. Er soll dem Spiel ein Ende machen. Und merkt Euch: Am Ende werde ich allen Feiglingen die Haut abziehen.«
    Er verscheuchte die aufkeimende Wut darüber, dass das Unmögliche doch eingetreten war und er ohne Pferdewechsel hinunter in die Schlucht musste. Mit einem Ruck wendete er Diabolo, verfluchte die Schwächlinge, die vor einem Pfeffersack zurückwichen, und preschte bergab. Gut, dass er und Diabolo durch harten Stahl geschützt waren!
    Einige seiner Fußsoldaten kamen ihm entgegengerannt, Todesangst in den Augen. Dem ersten schlug er mit dem Schwert den Kopf ab. Entsetzt blieben die anderen stehen. De Bruce schwenkte sein blutiges Schwert und stieß einen Kampfschrei aus. Schon strömten die Schützen hinab in die Schlucht, sie hatten ihre Bögen durch Schilde und Schwerter ersetzt. Das Fußvolk wendete und warf sich ebenfalls wieder in die Schlacht.
    De Bruce konnte nicht sagen, ob es aus Angst vor ihm geschah oder wegen der heraneilenden

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