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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Waldboden schweifen ließ. »Wo habt Ihr Euch versteckt, Ihr feiger Hund? Kommt raus, und kämpft wie ein Mann! Das ist Eure letzte Gelegenheit. Besiegt Ihr mich, seid Ihr ein freier Mann, und alles, was mir gehört, ist Euer Eigen. Also, worauf wartet Ihr?«
    Ein Ast knackte. Von Säckingen zuckte zusammen, konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf den Baum, hinter dem er seinen Widersacher vermutete.
    Nichts geschah.
    Schweiß sammelte sich unter seinen Armen, in seinem Nacken, auf seiner Stirn. Gedämpft hörte er hinter sich das leise Schnauben eines Pferdes, dort, wo seine Männer auf ihn warteten, ansonsten schien der gesamte Wald erwartungsvoll den Atem anzuhalten.
    »Zeigt Euch, Vulpes«, brüllte von Säckingen in die Stille. »Oder seid Ihr nicht Manns genug, für Euer Versagen geradezustehen?«
    Ein Schatten bewegte sich hinter dem Baum hervor. Im selben Augenblick erkannte von Säckingen seinen Spion. Die muskulöse Gestalt, die hässliche Narbe, die wachen Augen. Allerdings schienen Dietrichs Züge noch bleicher und ausgemergelter als sonst. Vermutlich hatte er in den letzten Nächten kaum geschlafen.
    Von Säckingen hatte kein Mitleid mit ihm. Der Mann hatte sich selbst in diese Lage gebracht.
    »Ich habe Neuigkeiten für Euch, von Säckingen«, sagte Dietrich. Er hielt sein Schwert bereits in der Hand, war aber zu weit entfernt, um einen Überraschungsangriff zu führen.
    »Und ich habe Neuigkeiten für Euch, Vulpes«, gab von Säckingen zurück. »Ihr fangt an.«
    Dietrich trat näher. Sein Körper schien jederzeit bereit loszuschlagen, also zog von Säckingen ebenfalls das Schwert und hob es weit über den Kopf.
    »Ich bin der Spur des Henkers gefolgt«, sagte Dietrich langsam. »Ich dachte, es könnte interessant für Euch sein, zu wissen, wo er sich aufhält, wo doch Ottmar de Bruce so einen Narren an dem Burschen gefressen hat.«
    Von Säckingen glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Dietrich wusste, wo sich der Henker von Esslingen versteckte? Wenn er de Bruce nicht nur Dietrichs Kopf, sondern auch noch Melchior auf einem silbernen Tablett servierte, wäre seine Scharte mehr als ausgewetzt und seine Ehre wiederhergestellt. Er würde Ottmar de Bruce schon beweisen, dass er der beste Hauptmann war, den dieser je gehabt hatte. »Und? Wo steckt das Bürschlein?«, fragte er und versuchte, nur mäßig interessiert zu klingen.
    »Wie viel ist Euch die Information wert?«
    Eberhard von Säckingen lachte auf. »Ihr wollt handeln? Ich weiß ja nicht einmal, was Ihr zu bieten habt.«
    »Mein Leben gegen den Aufenthaltsort von Melchior«, forderte Dietrich unbeirrt. »Und ich will Sicherheiten.«
    »Wie genau stellt Ihr Euch das vor?« Von Säckingen juckte es in den Fingern, dem Kerl endlich das Schwert in den Leib zu rammen, doch er musste erst sicher sein, dass er nicht tatsächlich etwas über den Verbleib des Henkers wusste. Dietrich war ein guter Spion – daran bestand kein Zweifel, auch wenn in diesem Fall vermutlich eher die pure Verzweiflung aus ihm sprach.
    »Bringt mich auf die Adlerburg. Dort werde ich mein Wissen Ottmar de Bruce von Angesicht zu Angesicht mitteilen.«
    »Und darauf soll ich hereinfallen, Dietrich? Für wie dumm haltet Ihr mich?«
    Dietrich zuckte mit den Schultern. »Ich gebe Euch einen Hinweis. Doch die ganze Wahrheit enthülle ich erst in Gegenwart des Grafen.«
    Von Säckingen umfasste den Schwertgriff fester. »Gut«, sagte er und trat einen Schritt vor. »Ich höre.«
    Dietrich sah ihn argwöhnisch an, doch er begann zu erzählen. »Wie gesagt bin ich der Spur des Henkers gefolgt, und zwar bis wenige Meilen vor Urach. Dort stieß ich in der Nähe des Dorfes Hülben auf eine Wüstung, einen aufgelassenen Fronhof. Ich untersuchte das Gelände und stellte fest, dass er nicht ganz verlassen ist. Ein älterer Mann lebt dort mit seiner Frau und einem jungen Mädchen mit feuerrotem Haar.«
    »Und, ist das alles?« Von Säckingen trat näher und schaute Dietrich herausfordernd an. »Was erzählt Ihr da?«
    »Irgendetwas kam mir merkwürdig vor. Mein Verdacht wurde bestätigt, als ich nach dem Fronhof die Spur des Scharfrichters nicht wieder aufnehmen konnte. Er schien wie vom Erdboden verschluckt. Also blieb ich in der Nähe, hielt mich in den Wäldern um Urach auf und hatte ein Auge auf den Hof. Was glaubt Ihr, warum ich nicht längst über alle Berge bin und mich immer noch in der Gegend herumtreibe?« Er grinste. »Ich weiß jetzt, wo der Henker sich versteckt hält. Doch

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