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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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genannt Vulpes, der Fuchs. Er hat viele Jahre für mich als Spion gearbeitet. Zuletzt hat er gefehlt, und er hat es mit seinem Leben bezahlt.«
    De Bruce nickte langsam. »Das Narbengesicht. Ich weiß.«
    Es fiel von Säckingen schwer, seine Überraschung zu verbergen. Er hatte de Bruce nie von Dietrich erzählt. Andererseits sicherte der Graf sich immer mehrfach ab. Es hätte ihm also klar sein müssen, dass er genau über Dietrich Bescheid wusste.
    De Bruce rieb sich das Kinn. »Hat er noch etwas gesagt, bevor ihn sein Schicksal ereilte? Etwas, das uns von Nutzen sein könnte?«
    Von Säckingen schüttelte den Kopf. »Er wollte um sein Leben feilschen, indem er behauptete, er wisse, wo der Henker von Esslingen sei. Doch seine Geschichte war erlogen.«
    »Zu schade.« De Bruce lehnte sich zurück. »Wo dieses seltsame Männlein sich versteckt hält, wüsste ich auch gern.« Er beugte sich wieder vor und sah von Säckingen eindringlich an. »Beantwortet mir noch eine Frage, von Säckingen. Warum sollte ich Euren Kopf nicht ebenfalls abschlagen? Auch Ihr habt zuletzt gefehlt. Ist es nicht so?«
    De Bruce sprach die Wahrheit. Er hatte Fehler gemacht, der Reutlinger war entkommen, und der gedungene Mörder war ein Schwätzer gewesen, der dafür auf dem Rad mit dem Leben bezahlt hatte. »Ich bin nicht der Mann, der um sein Leben bittet«, erwiderte er mit fester Stimme. »Nehmt meinen Kopf, wenn es Euch beliebt. Es ist Euer Recht. Aber wenn Ihr ihn nicht nehmt, so ist es mein Recht, dass Ihr mich wieder aufnehmt, als sei nichts geschehen.«
    De Bruce stand auf, beugte sich über von Säckingen. »Genau das ist der Grund, warum ich Euren Kopf nicht nehmen werde. Ihr habt Fehler gemacht, doch Ihr steht dazu. Ihr seid ein Mann und keine Memme. Das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Das mit diesem stinkenden Fuchs war saubere Arbeit, von Säckingen. Erhebt Euch. Ihr seid in Gnaden wieder in meine Dienste aufgenommen. Doch hütet Euch davor, weitere Fehler zu begehen. Auch wenn Ihr ein ungewöhnlich mutiger Mann seid – ich dulde keine Dummköpfe und Versager an meiner Seite.« Er ließ sich zurück auf seinen Sitz fallen und deutete auf einen Scherenstuhl.
    »Auch ich habe gute Nachrichten«, verkündete er, als von Säckingen sich gesetzt hatte. »Wenn es nicht mit dem Teufel zugegangen ist, dann ist Eure Scharte inzwischen ausgewetzt, von Säckingen. Dann schmort der Reutlinger bereits im Fegefeuer.«
    Von Säckingen hob überrascht die Augenbrauen. Eigentlich hätte er das gern selbst in die Hand genommen. »In der Tat?«, fragte er, bemüht, seine Enttäuschung zu verbergen. »Das sind gute Neuigkeiten, Herr.«
    De Bruce beugte sich vor und sah ihn argwöhnisch an. »Findet Ihr? Ihr klingt enttäuscht.«
    Einer der Hunde sprang auf. Eberhard von Säckingen zuckte unwillkürlich zurück. »Weil ich es erledigen wollte, von eigener Hand, Herr. Jeder Mann, der meinem Herrn im Weg steht, steht auch mir im Weg.« Er begann zu schwitzen. De Bruce benahm sich merkwürdig. Es war fast, als belauere er ihn wie eine Beute, nicht sicher, ob er sofort zuschlagen oder ihn noch ein wenig zappeln lassen sollte.
    »Gut«, sagte der Graf. »Ihr könnt Euch zurückziehen. »Und lasst dieses Ding verschwinden!« Er deutete auf Dietrichs Kopf. »Lebend war er eine Ausgeburt der Hölle, und tot ist er nicht lieblicher.« Er erhob sich und schritt mit seinem vierbeinigen Gefolge aus dem Saal, ohne von Säckingen eines weiteren Blicks zu würdigen.
    Benommen folgte ihm von Säckingen. Auf dem Burghof drückte er Dietrichs Schädel einem seiner Männer in die Hand, trat an die Mauer und ließ seinen Blick schweifen. Grüne Berge erstreckten sich, so weit das Auge reichte, im Tal unter ihm glitzerte die Aich. Von Säckingen schaute nach Südosten. Irgendwo dort in der Ferne lag der verlassene Fronhof. Das Mädchen mit dem roten Haar ging ihm nicht aus dem Kopf. Diese Mechthild. Er hätte sie nehmen sollen, gleich an Ort und Stelle. Er hätte seinen Spaß mit ihr gehabt, seine Männer hätten den Rest besorgt. Dann wäre sie jetzt längst vergessen und würde nicht seine Gedanken beherrschen. Doch er würde das Versäumnis nachholen, und zwar bald.
***
    Die Straßen von Reutlingen waren festlich geschmückt. Überall hingen Girlanden aus Sommerblumen, bunte Bänder flatterten im Wind. Musikanten spielten auf, Händler liefen mit Körben umher und boten Kuchen, Gebäck und andere Leckereien feil. Die Menschen, egal ob reich oder arm,

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