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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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geschlagen worden war, hatte der Graf ihn zu sich geholt. Die Bezahlung war mehr als großzügig, und bis auf das Gemetzel an dem Tross der Wilhelmis hatte er nicht viel zu tun gehabt. De Bruce war hart und oft unbeherrscht und ungerecht. Welcher Herrscher war das nicht? Heute jedoch zeigte de Bruce ein Gesicht, das von Säckingen nicht kannte. Hass. Puren, lodernden Hass, der alles vernichten wollte, was ihm in die Quere kam. Das war gefährlich. Für seine Männer ebenso wie für ihn selbst. Diese verdammte kleine Göre war entwischt. Na und? Wen scherte das? Angeklagt oder verurteilt werden konnte de Bruce nur von seinesgleichen, von Grafen und Herzögen, und zwar von mindestens sieben an der Zahl. Die würden sich niemals finden, denn die meisten bedienten sich derselben Mittel wie de Bruce, um ihre Macht zu halten oder auszubauen.
    Warum hatte de Bruce die Kleine überhaupt fliehen lassen? Was für ein Spiel hatte er mit ihr spielen wollen? Von Säckingen wusste es nicht. Er wusste nur, dass man Kinder nicht unterschätzen sollte. Er war als unerfahrener Knappe bei einem Überfall auf ein Dorf fast von einem kleinen Jungen umgebracht worden. Heulend hatte der Bursche dagestanden, seine Mutter hatte tot am Boden gelegen. Von Säckingen hatte die Klinge gesenkt, hatte den Kleinen schonen wollen, obgleich das gegen jede Vernunft war. Er hatte sich niedergekniet, um den Jungen zu trösten, und als Dankeschön hatte der ihm die Klinge seines Messers zwischen die Rippen gejagt. Nicht tief, aber tief genug, dass er bei schlechter Versorgung an der Wunde hätte sterben können. Mit einer Hand hatte er den Kleinen erwürgt und war dann ohnmächtig zusammengebrochen. Seine Kameraden hatten ihn aufgelesen, er wurde wieder gesund, aber manchmal hatte er sich gewünscht, gestorben zu sein. Der Spott hatte ihn verfolgt wie eine Meute ausgehungerter Wölfe.
    »Wir werden die Augen aufhalten«, fuhr de Bruce fort. »Von Säckingen! Schickt jeden Mann los. Überwacht alle Wege von und nach Esslingen. Schickt Patrouillen in den Wald. Knüpft ein enges Netz. Wenn jemand fragt: Wir tun alles, um die einzige Überlebende dieses furchtbaren Gemetzels zu finden. Aber natürlich erst, wenn die Esslinger selbst darauf gekommen sind, dass sie nicht unter den Toten ist. Ist das klar?«
    Von Säckingen hielt den Kopf gesenkt. »Wie ihr befehlt, Herr.« Er wollte sich zurückziehen, aber de Bruce sprang vom Thron auf und befahl ihm, zu warten.
    »Nehmt Platz, Hauptmann. Und verzeiht meinen rauen Ton.«
    Überrascht nahm sich von Säckingen einen Holzschemel.
    De Bruce ließ sich wieder auf seinem mit einem Bärenfell gepolsterten Thron nieder und legte von Säckingen die Hand auf die Schulter. »Ihr seid seit Langem mein bester Mann. Ihr habt Wilhelmis beachtenswert besiegt und ihn in die Hölle geschickt.«
    Den müde gekämpften Mann zu besiegen war nicht schwer, dachte von Säckingen. Ausgeruht hätte er ihm allerdings nicht gegenüberstehen wollen. Wilhemis’ Kampftechnik war ungewöhnlich gewesen, der Kaufmann hätte vielleicht sogar de Bruce schlagen können. Selbst nach einer Stunde Gefecht hatte der Mann noch genug Kraft gehabt, zwei Söldnern gleichzeitig den Garaus zu machen.
    »Mit den Franziskanern müssen wir sorgsam umgehen, das könnt Ihr Euch ja vorstellen.« De Bruce’ Stimme schnurrte wie eine satte Katze. »Habt Ihr in der letzten Zeit einen fremden Mönch in der Gegend gesehen?«
    »Nicht von Angesicht zu Angesicht, Herr. Mir wurde aber von einem Auswärtigen berichtet, der sich hier aufhalten soll. Dieser Mönch ist angeblich groß, schlank und nicht älter als Ihr.«
    »Wisst Ihr, was er bei uns will?«
    »Sie planen die Erweiterung des Klosters in Esslingen. Bis zur Bindergasse soll gebaut werden. Angeblich bringt er dem Abt die Pläne eines berühmten Baumeisters. Außerdem, so erzählt man sich, wollen sie ein Inquisitionsgericht abhalten und die Gegend von Ketzern befreien.«
    De Bruce spuckte aus. »Diese Kreaturen sind das übelste Gewürm, das auf dieser Erde herumkriecht. Was soll’s. Findet heraus, ob dieser Diener Gottes etwas mit dem Verschwinden des kleinen Miststücks zu tun hat. Wenn ja, ladet ihn auf einen Schluck Wein in unseren dunkelsten Keller ein, dorthin, wo es besonders abgeschieden und kühl ist. Sollte er auf dem Weg verloren gehen, wäre das bedauerlich und mit Sicherheit das Werk der Waldenser.«
    »Ja, Herr.« Von Säckingen nickte. Einem Franziskaner die Beichte abzunehmen, das war ein

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