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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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allerdings hatte ihm ein Franziskaner geschenkt, den er von einem eitrigen Backenzahn befreit hatte. Es war daher möglich, dass de Bruce den braunen Umhang als den eines Mönchs erkannt hatte. Dann wäre es ein Leichtes für ihn, seinen Träger vor den Toren der Stadt abzufangen.
    Die Wolle brannte schnell, das Flackern ließ die Gesichter der Gefallenen zucken, als lägen sie noch im Todeskampf. Als der letzte Funke verglomm, erhob Raimund sich. Hier konnte er nichts mehr ausrichten. Andere würden sich darum kümmern, er aber musste dafür sorgen, dass er nicht de Bruce’ Aufmerksamkeit auf sich zog. Seine Aufgabe war es, ein kleines Mädchen zu schützen. Auch wenn er nicht die geringste Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte.
***
    Der Krug krachte auf die Steinplatten und zersplitterte. Ein Essbrett flog hinterher, gefolgt von zwei gebratenen Hühnern. De Bruce’ Wolfshunde machten sich gierig über das Geflügel her.
    Eberhard von Säckingen zog den Kopf ein und wartete ab. Es war das Vernünftigste, was er unter diesen Umständen tun konnte. Wenn er Glück hatte, verrauchte die Wut seines Herrn ebenso schnell, wie sie aufgebraust war.
    »Wozu, bei Gott dem Allmächtigen, steht Ihr in meinen Diensten, verschwendet Ihr meine Zeit und mein Geld?«, wetterte de Bruce. »Dieses kleine Miststück kann ja wohl nicht fliegen!«
    Eberhard von Säckingen kniete vor dem Grafen. Er wagte einen kurzen Blick auf de Bruce, der mit verschränkten Armen dasaß. Ein Bein baumelte über die Lehne seines prächtigen Sitzmöbels, das eines Königs würdig war. Aus Marmor war es gebaut, aufwändige Verzierungen zeigten Jagd- und Schlachtszenen aus dem Leben des Grafen.
    »Was ist? Hat es Euch das Maul versperrt? Habt Ihr Euer Gedächtnis verloren? Warum kann ein einzelnes Karnickel einer blutdürstigen Meute entwischen?«
    Von Säckingen hob den Kopf ein Stück höher. Unmittelbar über ihm hing de Bruce in seinem Thron wie ein besoffener Bauer. Aber das täuschte. Seine kleinen schwarzen Augen waren hellwach, ihnen entging nichts. Und er war in einer gefährlichen Stimmung. Von Säckingen erinnerte sich an seinen Vorgänger, Frode Honussen, den Nordmann, der genauso hier gekniet hatte, als de Bruce ihm vorgeworfen hatte, Geschäfte auf eigene Rechnung zu machen. Natürlich hatte Honussen geleugnet und de Bruce wiederum vorgeworfen, er habe keine Beweise und wolle sich um die Bezahlung des Soldes drücken. Das war ein Fehler gewesen. De Bruce hatte keine Beweise, in der Tat, aber mit dem Schwert war er schnell, zu schnell selbst für den kampferprobten Honussen.
    »Herr!«, begann von Säckingen vorsichtig. »Sie muss Hilfe gehabt haben. Alleine hätte sie nie fliehen können. Wir haben ihre Spuren nicht gefunden, nur das hier.« Er hielt die silberne Haarspange hoch, die er im Wald aufgelesen hatte. »Und die Fußabdrücke eines Mannes. Er muss sie davongetragen haben.«
    Als er sah, wie de Bruce’ Miene sich verfinsterte, hielt von Säckingen den Atem an. Stundenlang hatten sie den Wald durchsucht. Aber am Talschluss verlor sich die Fährte. Nichts als steile Felsen ragten dort empor. Auf dem nackten Fels gab es keine Spuren. Jeden Stein hatten sie umgedreht, nach einer Höhle gesucht, aber dort gab es nichts als die kahlen grauen Wände.
    »Damit liegt Ihr wohl richtig.« De Bruce’ Stimme hatte ihre Schärfe verloren. Er massierte sich das spitze Kinn. »Ich habe im Gebüsch etwas gesehen, als sie verschwand. Ich war mir sicher, dass sie gerade auf die Lichtung treten wollte, aber irgendwer muss sie zurückgehalten haben. Eine Mönchskutte. Ja. Es war eine Mönchskutte.« De Bruce schloss die Augen. Eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. »Ein Franziskaner«, fuhr er fort und rieb sich den Schädel. »Das passt. Diese frömmelnden Gutmenschen müssen sich in alles einmischen. Ich kann diese Brut nicht leiden.«
    Das glaubte von Säckingen gerne. De Bruce wäre für jeden Inquisitor eine fette Beute gewesen, und die Franziskaner waren eifrige Ketzerjäger. Aber de Bruce war nicht töricht. Er beichtete regelmäßig und spendete großzügig für mildtätige Zwecke. Auf seiner Burg gab es für Bettelmönche immer eine Unterkunft, eine Mahlzeit und Wegzehrung. Zudem hatte er in einem Seitentrakt des Palas eine Kapelle errichten lassen, deren Zierde eine Marienskulptur von erlesener Schönheit war.
    Seit drei Jahren stand von Säckingen in den Diensten von de Bruce, unmittelbar nachdem er zum Ritter

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