Henkersmahl
dann aber: »Warum ist es auseinandergegangen?«
»Sie wollte heiraten und Kinder bekommen.«
»Du nicht?«
»Nein.« Florian hoffte, sie würde nicht weiterfragen.
Aber Jana wagte einen erneuten Vorstoß: »Vielleicht hast du sie nicht richtig geliebt?« Sie sah ihn aufmerksam an und er stellte sein Glas eine Spur zu abrupt zurück auf den Tisch. »Was heißt das denn, richtig lieben? Die Frage ist doch, ob die Bedürfnisse zweier Menschen so weit übereinstimmen, dass sie sich trauen, langfristig eine gemeinsame Richtung einzuschlagen. Ich jedenfalls habe noch bei keiner Frau den Wunsch verspürt, eine Familie zu gründen. Selbst Katharina hat das nicht geschafft.«
Sie sahen sich an.
»Vielleicht leide ich schlicht und ergreifend unter Bindungsängsten.« Florian schluckte.
»Da bist du nicht der einzige Mann.«
Florian, der eine längere Diskussion übers Kinderkriegen und Bindungsängste vermeiden wollte, wechselte das Thema: »Hast du nicht Lust, mit nach Dernau zu kommen?«
»Wann?«
»Morgen am späten Nachmittag, so gegen fünf.«
Jana nickte. »Morgen ist Freitag, da gehe ich immer etwas früher und die Infos für Curt habe ich bestimmt bis nachmittags recherchiert.«
»Schön.« Florian lächelte.
»Ach, übrigens.« Jana fasste sich an die Stirn. »Ich weiß inzwischen, wann der Unbekannte Anrufer bei Max auf den Anrufbeantworter gesprochen hat.«
»Das sagst du mir erst jetzt?«
»Sorry, ich bin irgendwie davon abgekommen.« Jana sah ihn schuldbewusst an. »Es war genau 23.46 Uhr.«
Ihm kam laut vernehmlich ein Stoßseufzer über die Lippen. »Dann hat der Unbekannte mit Max’ Tod wahrscheinlich nichts zu tun. Aber du solltest doch nicht mehr in der Datenbank der Telekom surfen!« Trotz des Vorwurfs, den er ihr gemacht hatte, war er dankbar dafür, dass sie es erneut gewagt hatte. Er streckte die Beine unter dem Tisch aus, wo sie wie unabsichtlich Janas Beine streiften, und sinnierte: »Max ist laut Dr. Sinzig zwischen 20.30 Uhr und 21.30 Uhr gestorben. Dass der Unbekannte Max erst umbringt und dann bei ihm anruft, um ihn einzuschüchtern, wäre doch ziemlich unlogisch.«
»Stimmt«, sagte Jana. Sie dachte einen Augenblick nach. »Sagtest du nicht, der Unbekannte hätte Max einen Präsentkorb geschickt und ihm gedroht?« Ihr Blick ruhte auf dem Korb, den Florian in die Nische zwischen Kühlschrank und Wand gestellt hatte. Jana stand auf, zog den Korb entschlossen hervor, stellte ihn auf den Tisch und fragte unerbittlich: »Und was ist das hier?«
»Ein kleines Geschenk.«
»Von wem, wenn ich fragen darf?« Wortlos reichte Florian ihr den Briefumschlag
Jana las mühsam den zusammengeklebten Text. »Ach, du meine Güte.« Sie sah Florian entsetzt an.
»Schon gut, ich weiß, jetzt bin ich reif«, brummte Florian.
»Ja, und? Reif für was?«
»Reif für die Kripo«, gab er unwillig zu.
»Genau. Wann gehst du hin?«
»Bevor wir nach Dernau fahren. Ich bin um 15 Uhr mit Kriminalhauptkommissar Marco Rössner verabredet, nach der Pressekonferenz.« Florian dachte an das kurze Telefonat, das er zuvor mit Rössner geführt hatte. Der Mann hatte nicht unsympathisch geklungen. Florian gab die Nudeln ins Wasser. Mit einem Seitenblick bemerkte er, dass Jana in ihrer Handtasche wühlte und hörte sie sagen: »Vielleicht ist es ganz gut, dass ich dir außer Sekt noch etwas anderes mitgebracht habe.«
Erstaunt drehte Florian sich um. Als er begriff, was Jana vor ihn auf den Tisch legte, lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken. Die metallisch blinkende Pistole sah in ihrer schwarzen Unnahbarkeit geradezu schön aus.
»Eine Heckler & Koch P7«, sagte Jana und führte ihm vor, wie man das Magazin in den Griff schob, mit der Pistole zielte und abdrückte. Als würde sie täglich von Schusswaffen Gebrauch machen, gab sie nüchtern und sachlich weitere Informationen. »Acht Schuss. Kaliber: Neun Millimeter.«
»Wo hast du das Ding her?«
»Frag besser nicht, doch um deine Neugier halbwegs zu befriedigen: Ich war mal mit einem Polizisten befreundet, und der hatte ein ordentliches Repertoire an Waffen. Dienstwaffen.«
»Doch nicht etwa Rössner?«
»Um Himmels willen, nein.« Jana lachte.
»Und diese Pistole hier stammt von deinem früheren Freund?«
»Ja.« Auf einmal wurde sie sehr ernst. »Er gab sie mir vor drei Jahren, nachdem ich frühmorgens um halb sieben in meiner Wohnung überfallen worden war. Alle Nachbarn waren um diese Zeit beschäftigt. Duschen, Haare föhnen,
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