Henkersmahl
»Interviewtermin?«
»Redaktionssitzung«, antwortete Eddie.
»Halt die Ohren steif.«
Beide lachten. Als Eddie mit schnellen Schritten das Restaurant Maybach verließ, hatte Florian das sichere Gefühl, dass er Max dankbar sein konnte, ihn mit diesem Mann bekannt gemacht zu haben.
29
Das Auberginenmus mit Oliven und Pinienkernen köchelte auf kleiner Flamme vor sich hin. Florian nahm den hölzernen Löffel zur Hand, der neben dem Herd an einem kleinen Ständer hing, und rührte die Masse vorsichtig um. Die Konsistenz war genau richtig. Der feine Knoblauchduft, der aus dem Topf aufstieg und sich mit den fruchtigen und bitteren Aromen der gedünsteten Auberginen vermischte, reizte seinen Gaumen. Er kostete, nahm das Salz zur Hand und gab noch ein wenig hinzu.
Die Rucola- und Radicchioblätter lagen kunstvoll arrangiert auf zwei weißen Porzellantellern, umgeben von geviertelten Cherrytomaten, die sündhaft teuer gewesen waren. Florian griff sich Olivenöl und ein Fläschchen alten Aceto balsamico vom Regal und war gerade im Begriff, die Salatsauce mit Salz, Pfeffer und einem Spritzer Ahornsirup abzuschmecken, als es an der Haustür klingelte. Rasch warf er seine Küchenschürze über einen Stuhl und eilte durch den langen Flur zur Haustür. Ein schneller Blick auf seine schwarze Jeans und das weiße T-Shirt zeigte ihm, dass sie frei von roten Spritzern waren.
Als er die Tür öffnete, stand wie erwartet Jana vor ihm, doch Florian riss unwillkürlich die Augen auf. Unter ihrem aufgeknöpften Mantel war ein dunkelgrüner Tweedrock sichtbar, der so kurz war, dass die einwandfreie Form ihrer blickdicht bestrumpften Beine, die zwischen den hohen schwarzen Stiefeln und dem Rocksaum sichtbar wurden, voll zur Geltung kam. Ein Hoch auf Mary Quant, schoss es Florian durch den Kopf und er merkte, wie ein Adrenalinstoß durch seine Adern tobte. Zum Rock trug Jana einen eng anliegenden weißen Rollkragenpullover, und auf den Hüften lag locker drapiert ein breiter schwarzer Ledergürtel. In der Hand hielt sie eine Flasche, die sie ihm lachend überreichte: »Ich dachte, ein kleiner Apéritif kann nicht schaden. Ein Rieslingsekt von der Mosel.«
Erfreut nahm Florian ihr die Flasche ab, betrachtete interessiert das Etikett ›Riesling brut, Flaschengärung, Weingut Lehnen‹ und registrierte währenddessen, dass sie das ihm bereits bekannte Parfum aufgelegt hatte. »Sehr schön. Und kühl ist er auch.«
Florian half Jana aus dem Mantel, dabei fragte er sich, wie lange es wohl her sein mochte, dass er dies in seiner Wohnung bei jemand anderem als seiner Mutter getan hatte. Mindestens ein Jahr, rechnete er nach. Seit Katharina sich von ihm getrennt hatte, weil sie der Meinung gewesen war, dass er unter Bindungsängsten litt, hatte er keine Frau mehr gehabt. Nicht, weil es ihm an Gelegenheit gemangelt hätte, sondern weil er keinen Frauenbesuch mehr in seiner Wohnung haben wollte. Das war auch der Grund dafür, weswegen er jeden One-Night-Stand, der sich seit der Trennung ergeben hatte, woanders genoss. Meistens war er mit den Frauen in deren Wohnung gelandet, einige wenige Male auch in einem Hotel. Florian war sich darüber im Klaren, dass er allein durch die Tatsache, dass er Jana geküsst und sie zu sich nach Hause eingeladen hatte, zum Verräter eines mittlerweile festen Prinzips geworden war. Im tiefsten Innern musste er sich eingestehen, dass Jana für ihn die große Ausnahme war. Sie bedeutete ihm mehr als jede andere, zu der er seit Katharina Kontakt gehabt hatte. Um seine zunehmende Nervosität im Zaum zu halten, hatte er beschlossen, die heutige Essenseinladung einfach als Dankeschön für Janas Bemühungen zu betrachten, und so war es ihm möglich, ihr gut gelaunt und nur halb so angespannt voran in die Küche zu gehen.
»Fein riecht es hier.« Jana kräuselte die Nase.
»Ich hoffe, du magst Pasta?«
»Immer. Und was gibt es dazu?«
»Lass dich überraschen.« Florian forderte sie auf, an seinem alten Küchentisch, den er bereits eingedeckt hatte, Platz zu nehmen. Er kontrollierte kurz, ob die im Ofen schmelzenden Ziegenfrischkäseröllchen mit Honig und Rosmarin eine tiefere Bräune vertragen konnten, öffnete die von Jana mitgebrachte Sektflasche und schenkte ein.
»Lecker«, sagte er und beobachtete die fein perlende Kohlensäure in seinem Glas.
»Freut mich, dass er dir schmeckt. Ich liebe ihn. Der Winzer macht aber auch einen sehr guten, fruchtigen Blanc de Noir.« Genüsslich fuhr
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