Henningstadt
eigent lich alles ganz gut angehört, und so gibt er sich einen Ruck. Schließlich, bei Alk war es beim ersten kleinen Rausch auch angenehmer, als er erwartet hatte.
«Eigentlich soll man nicht so viel trinken dabei.»
«Wieso?»
«Also Alk trinken, mein ich. Das verträgt sich nicht so gut.»
«Ich kann ja Kaffee kochen.»
«Ja, cool.» Henning geht los. Es ist sogar noch welcher in der Thermoskanne. Er nimmt die Kanne und zwei Tas sen, Milchtüte und Zucker. «Phantastisch», sagt Lars, und Henning schließt die Tür ab. Lars hat schon angeraucht und gibt Henning den Joint. Es schmeckt ein bisschen anders als Zigarette. «Am einfachsten ist, jeder zieht zwei Mal und gibt ihn dann weiter.»
«Also zurück», stellt Henning fest.
«Auf Lunge rauchen kannst du?», sagt Lars.
«Ja.» Und er ist froh, dass er wenigstens das kann, wenn er schon noch nie gekifft hat. Henning ist aufgeregt.
Lars behauptet, dass früher alle gekifft haben, Visionen hatten und deshalb an Gott geglaubt haben. Henning ist skeptisch, findet die Idee aber reizvoll.
Dann bauen sie das zweite Tütchen, und Henning kennt den Vorgang nun schon. Er ist begeistert. Er fühlt sich leicht vergiftet, wie man sich auch von Alkohol ver gif tet fühlt, aber er ist begeistert. Sein Mund lacht von al leine. Die Sonne geht auf, wenn er lacht, so schön ist er dann. Das merkt sogar Lars.
Lars glaubt, dass von Kiffen auch die Intuition besser wird und man auf coole Sachen kommen kann, und dass manche Leute auch die Zukunft vorhersehen können. Wie Nostradamus die Sonnenfinsternis. Henning glaubt, dass Lars da was verwechselt. Bei den Sonnenfinsternissen im Mittelalter ging es ja gerade darum, dass man sie berech nen konnte. Dann lachen sie über die Redewendung eine Sonnenfinsternis berechnen: Einen Zauber über die Sonne wer fen, ein Netz aus Zahlen, und dann hat die Sonne ein Einsehen und tut den Menschen den Gefallen, sich zu ver finstern. Lars weiß nicht, wie eine Sonnenfinsternis eigentlich entsteht, nur, was die Corona ist.
Beredt erklärt Henning eine Sonnenfinsternis: Er baut ein Sonnensystem aus den Bierflaschen, dem Aschen becher, nimmt die Kerze als Sonne und Zigaretten als Monde, außer für den Mond der Erde, da nimmt er einen Kronkorken. Die Anzahl der Monde bestimmt Henning teils aus der Erinnerung und teils nach rhythmischen Prin zi pien. Venus hat keinen und Jupiter sieben und der Rest ist auch nicht so wichtig. Es ist ohnehin nicht sicher, in welcher Reihenfolge die Planeten aufeinander folgen. Das interessiert aber keinen. Lars bestimmt die Zigaret ten schachtel zum Raumschiff und sie diskutieren das Mars gesicht, während sie vom Jupiter zum Mars fliegen. Henning kommt ins Zweifeln, ob es nicht eine Mondfins ternis ist, die er gerade erklärt. Aber Lars ist völlig begeistert von Hennings anschaulicher Methode und grinst breit. Henning nimmt noch einen Schluck Pluto und stellt ihn in Konjunktion zu Merkur.
Er robbt er auf den Knien zu Lars. Lars grinst immer noch. Robbt bis kurz vor Lars Gesicht. Henning sieht sei ne Haut. Jungenhaut. Den abrasierten Bart, der schon regel mäßig wächst. Er lässt sich auf Lars fallen, Lars gibt nach. Einen Arm, mit dem er sich aufgestützt hat, nimmt er weg. Irgendwas fällt um und macht ein dumpfes Ge räusch, was anderes klirrt. Quer durchs Universum rollt Mars in Konjunktion zu Venus. Venus klirrt. Henning ist nicht mehr auf der Erde, er knutscht wie verrückt. Er will um Lars gewickelt sein und will in Lars verschwinden. Er fühlt Lars ’ harten Schwanz durch die Hose. Sein Becken bewegt sich vor und zurück und wahrscheinlich ist es die reine Ekstase. Für Henning.
Lars knutscht eine Weile zurück. Henning merkt, dass Lars nicht bei der Sache ist und erschrickt darüber, was gerade passiert. Lars hat ihm schließlich angedeutet, dass er schwul ist, und überhaupt sind sie bekifft und —
«Ich glaub, ich krieg ‘ nen Wadenkramp f» , sagt Lars und Henning ist froh, dass er jedenfalls nicht vor hat, ihn fertig zu machen. Die Einzelheiten in Hennings Blickfeld sind übergroß und deutlich, ihr Zusammenhang im Raum hingegen nicht ganz klar. Hennings Kopf kreist hin und her. Eine sehr seltsame Bewegung. Lars verzieht das Ge sicht, stöhnt und schreit schließlich gepresst auf. «Nimm meinen Fuß und drück in zu mir hin!» Henning tut wie ihm geheißen und ist bloß froh, dass er sich an was fest halten kann. Lars riecht eindeutig anders als Steffen. Ein bisschen schweißiger auch, aber
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