Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
würde er schmollen. „Begrüßt man so seinen Ehemann?“
Scheinbar
hatte er erwartet, Caleb zu schocken, doch der tat ihm diesen Gefallen nicht.
Isobell hatte ihm von ihrer Vergangenheit erzählt. Er wusste Bescheid.
„Sie
ist nicht mehr deine Frau“, sagte er. „Und ich würde es vorziehen, wenn du sie
in Zukunft in Ruhe lassen würdest.“
„Und
ob sie noch meine Frau ist“, knurrte Antoine, dessen Interesse an Isi durch den
Konkurrenten neu aufgeflammt zu sein schien.
„Und
wie wir das sind. Bis das der Tod uns scheidet. Und er hat uns geschieden.“,
sagte Isi und ging zwischen die beiden Streithähne. „Wir sind so sehr getrennt,
wie zwei Wesen überhaupt getrennt sein können. Für mich existierst du gar
nicht!“
Die
Stimmung war gereizt. Einige der Umstehenden drehten sich zu ihnen um. Jedoch
machte keiner Anstalten, dazwischen zu gehen. Raufereien sind nichts
Ungewöhnliches in einer Welt, in der Jahrhundertelang jeder in das Leben des
anderen hineinpfuschte, in der Liebschaften und Fehden auf der Tagesordnung stehen.
Unterhaltungsprogramm,
nichts weiter. Alle Wunden würden heilen. Sie würden sich schon nicht
gegenseitig die Köpfe abreißen.
Ich
für meinen Teil war mir da nicht so sicher und lief hinüber, um meiner
Schwester beizustehen. Antoine war mehr als nur ihr ehemaliger Liebhaber und
unser beider Schöpfer.
Antoine
war kaltherzig und gefährlich. Als Isi sich in ihrer Naivität in ihn verliebt
hatte, hatte sie nicht ahnen können, was er für ein Monster war, selbst für
einen Blutsauger. Unaussprechliche Dinge, die er ihr angetan hatte, und die
meine geliebte Schwester beinahe zerstört hätten.
„Und
doch hat sie nie aufgehört mich zu lieben“, antwortete Antoine auf meine
Gedanken. „Selbst jetzt, nach all den Jahren und wo sie diesen Mischling an
ihrer Seite hat.“
Caleb
ballte die Faust, besann sich jedoch. „Du bist es nicht wert“, sagte er.
Antoine
fixierte ihn. „Wie armselig du bist, dass du nicht einmal erkennst, dass die
Frau, die du liebst, einen anderen begehrt.“ Er wandte sich an Isi. „Catherine,
auch ich habe dich nicht vergessen. Du warst mein Ein und Alles und bist es bis
heute. Nur, dass du das weißt. Verschwende deine Zeit nicht mit jemandem wie
ihm.“
Er
griff sich ein neues Kristallglas und prostete mir zwinkernd zu. Dann
verschwand er.
Calebs
Blick galt Isobell, als wünsche er sich eine Bestätigung, dass er der Einzige
für sie war.
Doch
Isobell schwieg.
Kapitel 34
Die zweite Geburt
Der große Augenblick
stand kurz bevor. Spannung machte sich breit. Alle Gäste wurden nach draußen in
einen Hinterhof geführt. Dort lag ein großer schwarzer Stein aus poliertem
Marmor, an dem Fuß- sowie Handschellen befestigt waren.
Ein
Opferungsaltar.
Die
Damen und Herren sammelten sich in einem Kreis darum wie Aasgeier um ein totes
Tier.
Ich
schluckte. Emilia wurde von Veda durch die Menge geführt und ließ sich
scheinbar bereitwillig daran festketten. Festgeschnallt wie auf einem
Operationstisch lag sie da. Auch hier brannten überall Fackeln, die die Szene
in schauriges Licht tauchten.
Emilias
unruhiger Blick wanderte über die Gäste, ihre Atmung ging schnell. Als er mich
streifte, glaubte ich Angst in ihren Augen zu sehen. Todesangst. Kein Wunder.
Sie würde
sterben.
Veda
murmelte etwas auf Russisch und drehte Emilias Kopf von der Menge weg. Sie sah
ihr tief in die Augen.
Der
Vampirblick ließ Emilia zur Ruhe kommen.
Wie
oft sie wohl schon auf diese Weise kontrolliert worden war? Mir kamen die Hunde
in den Sinn, wie sie scheinbar willenlos Ethans Befehle befolgt hatten. Das
hier war kaum anders.
Emilia
hatte keine Wahl.
Ich
war mir fast sicher, dass Veda sie entdeckt und als ihre zukünftige Tochter
auserkoren hatte, einzig und allein wegen ihrer Schönheit. Emilia selbst war
wahrscheinlich nicht einmal gefragt worden. Ich war zugleich fasziniert und
höchst beunruhigt. Doch zumindest mit meiner Besorgnis schien ich allein.
Die
Mienen der anderen verrieten Interesse, gemischt mit einer Prise Langeweile,
als sei die Erschaffung eines neuen Vampirs nur mäßig unterhaltsam.
Doch
das täuschte. Keiner wagte es zu reden oder auch nur den Blick für eine Sekunde
abzuwenden. Obwohl es absolut still war, meinte ich das Schlagen von Emilias
Herzen zu hören. Ein letzter Protest, eine letzte Darstellung von Leben, ehe es
von Veda ausgehaucht werden würde.
Ein
leises Trommeln in der Nacht.
Veda beugte sich über
Emilia. Schwarz
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