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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Hosenscheißer nicht fix und fertig machte, dann wollte Flint einen Besen fressen. Soviel zum Thema: zwei Katzen am Schwanz zusammenbinden! Und so zog sich die Nacht dahin. Im Gefängnis nahmen die Ereignisse, die Wilts Anruf ausgelöst hatte, ihren Lauf. Um zwei Uhr steckte ein zweiter Sträfling aus Block D seine Matratze in Brand, die jedoch sogleich von einem Wirtschaftsbetrüger mit Hilfe des Toilettenkübels gelöscht wurde. Die Situation im Hochsicherheitstrakt allerdings war weitaus kritischer. Zu seiner Überraschung mußte der Direktor in McCullams Zelle zwei hellwache Sträflinge entdecken. Da es McCullams Zelle war, hütete er sich, sie in Begleitung von weniger als sechs Aufsehern zu betreten, und sechs Aufseher waren natürlich schwer aufzutreiben, teils, weil sie die Bedenken des Direktors teilten, und teils, weil sie woanders zu tun hatten. In Ermangelung dieser Rückendeckung sah sich der Direktor dazu gezwungen, sich mit McCullams Kameraden durch die Zellentür zu unterhalten. Die zwei hießen allgemein »der Bulle« und »der Bär« und fungierten als McCullams Leibwächter.
    »Warum schlafen Sie beide denn nicht?« wollte der Direktor wissen.
    »Vielleicht, weil Sie das verdammte Licht angedreht haben«, sagte der Bulle, der einst den Fehler begangen hatte, sich hoffnungslos in die Frau eines Bankdirektors zu verlieben, nur um sich Hörner aufsetzen lassen zu müssen, nachdem er ihre kühnsten Träume erfüllt, ihren Mann ermordet und die Bank um fünfzigtausend Pfund erleichtert hatte. Geheiratet hatte sie dann einen Börsenmakler.
    »Das ist keine Art, mit mir zu reden«, sagte der Gefängnisdirektor, während er mißtrauisch durch das Guckloch linste. Im Gegensatz zu den anderen beiden Häftlingen schien McCullam tief zu schlafen. Eine Hand hing schlaff über den Rand seiner Pritsche, und sein Gesicht war unnatürlich bleich, was den Direktor in Anbetracht der Tatsache, daß der Schweinehund gewöhnlich eine krebsrote Hautfarbe hatte, beunruhigte. Wenn irgend jemand für einen Ausbruchsversuch in Frage kam, dann McCullam, das hätte er schwören können. Doch in diesem Fall ... Der Direktor war nicht ganz sicher, was McCullam getan hätte, aber ganz bestimmt hätte er nicht mit so einem abscheulich grauen Gesicht dagelegen und fest geschlafen, während der Bulle und der Bär hellwach waren. Irgendwas war eindeutig faul.
    »McCullam«, schrie der Direktor. »McCullam, wachen Sie auf.«
    McCullam rührte sich nicht. »Verdammt«, rief der Bär und setzte sich auf. »Was zum Teufel ist denn los?«
    »McCullam«, brüllte der Direktor, »ich befehle Ihnen aufzuwachen.«
    »Sie haben wohl einen Sprung in der Schüssel«, schrie der Bulle zurück. »Es ist mitten in der Nacht, verdammt, und da muß so ein Schwachkopf verrückt spielen und rumplärren und die Leute aufwecken. Wir haben auch unsere Scheißrechtedamit Sie’s wissen, auch wenn wir im Knast hocken, und Mac wird das gar nicht gefallen.«
    Der Direktor biß die Zähne zusammen und zählte bis zehn. Sich einen Schwachkopf nennen zu lassen, gefiel ihm auch nicht gerade. »Ich versuche mich nur davon zu überzeugen, daß Mr. McCullam in Ordnung ist«, sagte er. »Also seien Sie jetzt so freundlich und wecken ihn auf.«
    »In Ordnung? Was heißt in Ordnung? Warum sollte er nicht in Ordnung sein?« fragte der Bär.
    Der Direktor blieb ihm die Antwort schuldig. »Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme«, sagte er. Daß sich McCullam weigerte, irgendein Lebenszeichen von sich zu geben – Haltung und Gesichtsfarbe ließen sogar das Gegenteil vermuten –, ging ihm an die Nieren. Bei jedem anderen hätte er die Zellentür geöffnet und wäre hineingegangen. Aber diesem Dreckskerl war es zuzutrauen, daß er simulierte und möglicherweise vorhatte, den erstbesten Wärter, der die Zelle aufschloß, mit Unterstützung von Bulle und Bär zu überwältigen. Während er im stillen den Gefängnisoberaufseher dafür verfluchte, daß er ihm das Leben so sauer machte, eilte der Direktor los, um Hilfe zu holen. Hinter ihm posaunten der Bulle und der Bär lauthals ihre Ansichten über Schwachköpfe hinaus, die die ganze Scheißnacht lang das Scheißlicht anließen, bis es ihnen in den Sinn kam, daß es vielleicht wirklich angebracht war, mal nach McCullam zu sehen. Im nächsten Augenblick gellte ein Schrei durch den ganzen Sicherheitsblock.
    »Er ist tot«, brüllte der Bär, während der Bulle einen unbeholfenen Versuch unternahm, McCullam wiederzubeleben, indem

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