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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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erklärte einer der Männer. »Er muß wohl einen Kanister im Eingangsbereich eingesetzt haben.«
    »Ein Kanister im Eingang?« donnerte Glaushof und erbleichte bei dem Gedanken an die schaurigen Konsequenzen, die ein derart hirnrissiges Vorgehen für seine Karriere nach sich ziehen würde. »Doch nicht bei all diesen Frauen ...«
    »Erraten«, stieß Lieutenant Harah ohne Vorwarnung hervor. »Was soll das heißen, erraten?« fuhr Glaushof ihn an. »Absolut richtig«, kreischte Harah hysterisch. Und in dieser schrillen Tonlage ging es weiter. »Absolut richtig, absolut, absolut, absolut ...«
    »Stopft diesem Irren das Maul«, schrie Glaushof und raste um die Gebäudeecke, um nachzusehen, ob die Situation noch irgendwie zu retten war. Jegliche Hoffnung war vergebens. Aus irgendeinem wahnwitzigen Grund, möglicherweise bei dem Versuch, sich gegen einen zweiten Angriff von Captain Clodiak zur Wehr zu setzen, hatte Lieutenant Harah eine Gasgranate eingesetzt, ohne zu merken, daß er bei seinem Sturz die ABC- Maske verloren hatte. Als Glaushof durch die Glastüren die bizarre Szenerie in der Eingangshalle sichtete, war er mit einem Schlag aller Sorgen um Mrs. Ofreys Einmischung ledig. Wie sie da so hingegossen über eine Stuhllehne hing, wobei ihr Haar den Boden streifte und gnädigerweise ihr Gesicht verdeckte, wies die Frau des Verwaltungschefs verblüffende Ähnlichkeit mit einem ausladenden Mutterschaf aus den Highlands auf, das man deutlich vor der Zeit durch die Strickmaschine gejagt hatte. Die übrigen Kursteilnehmer waren in keinem besseren Zustand. Die Astronavigatorin lag auf dem Rücken und spielte offenbar ein seltsam passives sexuelles Erlebnis nach, während einige andere Hörer Britischer Kultur und Britischer Einrichtungen aussahen, als wären sie bei einem Film über den Weltuntergang übriggeblieben. Zum zweitenmal hatte Glaushof das abscheuliche Gefühl, nicht im Einklang mit seiner Umwelt zu stehen, und nur durch die Mobilisierung der letzten Reserven seines gesunden Menschenverstandes gelang es ihm, seine Selbstbeherrschung aufrechtzuerhalten.
    »Schafft sie da raus«, schrie er, »und holt die Ärzte. Wir haben es mit einem Amokläufer zu tun.«
    »Das kann man wohl sagen«, meinte Captain Clodiak. »Dieser Lieutenant Harah wird sich für einiges verantworten müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß General Ofrey sonderlich begeistert über eine tote Ehefrau ist. Bridge läßt sich so schlecht zu dritt spielen.«
    Glaushof hatte die Nase endgültig von Captain Clodiaks objektiven Stellungnahmen voll. »Sie sind dafür verantwortlich«, sagte er drohend. »Reden Sie besser von Dingen, die Sie selbst zu verantworten haben. Zum Beispiel, daß Sie Lieutenant Harah in Ausübung seiner Pflicht absichtlich beleidigt und ...«
    »Als ob es zur Ausübung seiner Pflicht gehörte, mir mit der Hand ...«, unterbrach ihn der Captain wütend und brach dann wie erstarrt ab. »O mein Gott«, hauchte sie, und Glaushof, der sich bereits auf eine zweite Karatedemonstration gefaßt gemacht hatte, folgte ihrem Blick.
    Unter der Tür zum Hörsaal 9 versuchte sich eine formlose Gestalt aufzurichten. Vor ihren Augen sank sie jedoch wieder zusammen.

Kapitel 15
    Fünfzehn Meilen entfernt bahnte sich Wilts Escort seinen unberechenbaren Weg nach Ipford. Da niemand daran gedacht hatte, dem Corporal ausreichende Anweisungen zu geben, und er Glaushofs Versicherung mißtraute, der Major und seine Männer, die ihm in einem Laster folgten, seien ein ausreichender Schutz, hatte er vor und nach dem Verlassen des Stützpunktes seine eigenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Er hatte sich ein schweres Sturmgewehr besorgt und sich per Computer eine Route entwerfen lassen, die bei allen, die mit Hilfe von Peilungen seine jeweilige Position bestimmen wollten, ein Höchstmaß an Verwirrung stiften würde. Dieses Ziel erreichte er, indem er im Rennfahrertempo zwanzig Meilen kreuz und quer und auf verschlungenen Pfaden durch die Gegend fuhr. Eine halbe Stunde, nachdem er Baconheath verlassen hatte, befand er sich nicht weiter als fünf Meilen vom Stützpunkt entfernt. Danach war er Richtung Ipford davongerast und hatte zwanzig Minuten damit zugebracht, in einem Tunnel unter der Autobahn einen Radwechsel vorzutäuschen, bevor er in eine kleine Nebenstraße einbog, die praktischerweise mehrere Meilen weit entlang einer Hochspannungsleitung verlief. Zwei weitere Tunnel und fünfzig Meilen auf einer Straße, die sich am einstigen Ufer eines

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