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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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schon eine Erklärung für Mrs. Ofreys Zustand geben können. Aber rechnen Sie bloß nicht damit, daß ich behaupte, sie und sieben weitere Frauen seien von Natur aus psychotisch.«
    Glaushof erwog die Konsequenzen einer solchen Nachfrage und fand sie entschieden unangenehm. Andererseits gab es ja immer noch Lieutenant Harah ... »Hören Sie mal, Doc«, sagte er, »wie krank ist denn Harah überhaupt?«
    »Etwa so krank, wie es ein Mann ist, der einen Tritt in den Unterleib bekommen und Agenten-Ex Zwo eingeatmet hat«, meinte der Arzt. »Und das ohne Berücksichtigung seines vorherigen Geisteszustandes. Er hätte lieber auch so was tragen sollen«, sagte er und hielt die Schachtel hoch. Nachdenklich betrachtete Glaushof das Ding und dann Wilt. »Wozu braucht ein Terrorist denn so was?« fragte er. »Könnte sein, daß er mit dem gerechnet hat, was Lieutenant Harah zugestoßen ist«, meinte der Arzt und verließ den Raum. Glaushof folgte ihm ins Nebenzimmer und schickte nach Captain Clodiak. »Nehmen Sie Platz, Captain«, sagte er. »Ich möchte jetzt einen detaillierten Bericht über das, was sich heute abend hier abgespielt hat.«
    »Was sich hier abgespielt hat? Woher soll ich denn das wissen? Da kommt dieser Verrückte, dieser Harah ...« Glaushof hob die Hand. »Ich glaube, ich sollte Ihnen sagen, daß Lieutenant Harah momentan schwer krank ist.«
    »Was heißt momentan?« entgegnete Clodiak. »Der war doch schon immer krank im Kopf.«
    »Ich denke nicht unbedingt an seinen Kopf.« Captain Clodiak kaute auf ihrem Kaugummi herum. »Dann hat er halt Eier anstelle des Gehirns. Was kümmert’s mich.«
    »Ich muß Sie hiermit ermahnen«, sagte Glaushof. »Die Strafe für tätliche Beleidigung von Untergebenen ist ziemlich hoch.«
    »Weiß ich, aber dasselbe gilt für sexuelle Angriffe auf einen Vorgesetzten.«
    »Schon möglich«, sagte Glaushof, »aber es dürfte Ihnen wohl schwerfallen, das zu beweisen.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich lüge?« brauste der Captain auf.
    »Nein. Ganz sicher nicht. Ich glaube Ihnen zwar, aber ich frage mich, ob dies jemand anderes auch tun wird.«
    »Ich habe Zeugen.«
    »Hatten«, korrigierte Glaushof. »Nach allem, was mir die Ärzte sagten, werden die nicht sehr verläßlich sein. Ich möchte sogar soweit gehen zu behaupten, daß sie als Zeugen überhaupt nicht mehr in Frage kommen. Agenten-Ex beeinträchtigt das Gedächtnis. Das sollten Sie doch wissen. Und Lieutenant Harahs Verletzungen sind ärztlicherseits festgestellt worden. Es wird Ihnen wohl kaum gelingen, sie in Abrede zu stellen. Das heißt zwar nicht, daß Sie das müßten, aber ich gebe Ihnen den guten Rat, sich kooperativ zu verhalten.« Captain Clodiak betrachtete eingehend sein Gesicht. Es war nicht sehr sympathisch, aber an der Tatsache, daß ihre augenblickliche Situation ihr nicht allzu viele Wahlmöglichkeiten ließ, gab es nichts zu rütteln. »Also, was wollen Sie von mir?« fragte sie.
    »Ich will wissen, was dieser Wilt gesagt hat und was in seinen Vorlesungen so lief. Hat er irgendwelche Hinweise dafür geliefert, daß er Kommunist ist?«
    »Nicht, das ich wüßte«, erwiderte der Captain. »Wäre dem so gewesen, hätte ich das gemeldet.«
    »Was hat er denn so von sich gegeben?«
    »Er hat hauptsächlich über Dinge wie Parlament und Stimmrecht gesprochen und darüber, wie die Menschen in England die Dinge sehen.«
    »Die Dinge sehen?« wiederholte Glaushof und versuchte dahinterzukommen, warum eine attraktive Frau wie Mrs. Clodiak freiwillig solche Kurse besuchte, für die er sogar geblecht hätte, nur um da nicht hin zu müssen. »Was für Dinge denn?«
    »Religion und Ehe und ... solche Sachen eben.« Nach einer Stunde war Glaushof auch nicht schlauer als vorher.

Kapitel 16
    Eva saß in der Küche und sah erneut auf die Uhr. Es war fünf Uhr früh. Sie war seit zwei Uhr auf und leistete sich seitdem den Luxus vielfältiger Gefühle. Ihre erste Reaktion beim Zubettgehen hatte darin bestanden, sich zu ärgern. Der ist bestimmt wieder in die Kneipe gegangen und läßt sich vollaufen, hatte sie gedacht. Und wenn er morgen einen Kater hat, werde ich mit ihm kein Mitleid haben. Dann hatte sie wachgelegen und war von Minute zu Minute wütender geworden, bis sie sich um ein Uhr Sorgen zu machen begann. Es sah Henry gar nicht ähnlich, so lange wegzubleiben. Vielleicht war ihm was zugestoßen. In Gedanken ging sie verschiedene Möglichkeiten durch, angefangen von einem Autounfall bis hin zu einer Festnahme

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