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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Gerngroß möchte ich nicht sprechen. Nein, auch nicht, wenn es dringend ist. Er soll sich unterstehen, mich zu Hause anzurufen.«
    Nach längeren Nebengeräuschen und dumpfen Stimmen hörte ich ein Rascheln, ein Wühlen … Dann Sophies Stimme. Aber anders als am Telefon. Irgendwie … weiter weg:
    »Aber Christian? Den hättest du geheiratet?«
    Und dann meine: »Sofort! Wenn er mir unter anderen Umständen begegnet wäre, hätte ich ihn mir geschnappt und nie mehr losgelassen.«
    Sophie: »Süß. Ihr wärt ein Traumpaar.«
    Ich: »Sind wir aber nicht. Und jetzt lass uns über was anderes reden.«
    Sophie: »Und? Wirst du ihn wiedersehen?«
    Ich: »Natürlich NICHT! Genau das unterstellt mir Jürgen ja!«
    Sophie: »Aber anrufen? Jetzt? Hier?! Danke fürs Konzert sagen? Ein frohes neues Jahr wünschen?«
    Ich: »Nein, nein.«
    Sophie: »Christian Meran in Wien bitte. Ja, stellen Sie durch.«
    Ich: »NEIN! Mach das nicht! Lass das! Ich werde NICHT mit ihm sprechen.« Sophie, bedauernd: »Besetzt.«
    Mit bebenden Fingern brachte ich das Gerät zum Schweigen. Wir starrten uns fassungslos an. Caspar half mir, die kleinen Ohrstöpsel wieder aus meinem Haargestrüpp zu befreien.
    »Du hast ihr die Freundschaft gekündigt, nicht wahr?«
    Caspar hatte das natürlich alles mitgekriegt. Er hatte Sophie vor Kurzem noch die Tür geöffnet, als sie Sturm geläutet hatte, und ich hatte mich geweigert, mit ihr zu sprechen. Mir wurde ganz anders! »Mach mal das Fenster auf«, krächzte ich mit letzter Kraft.
    Caspar gehorchte. Er ließ kaltes Wasser in ein Zahnputzglas laufen und reichte es mir. »Big brother is watching you!«
    Das Blut rauschte in meinen Ohren.
    Unverdrossen bedrohte uns Paulchen mit seinem Krokodil. »Ihr seid nirgends vor mir sicher, NIRGENDS könnt ihr euch verstecken! ROAAAAHHHH!«
    Das konnte doch nicht wahr sein! Jürgen und ich, wir vertrauten uns doch wieder. Unsere Beziehung war doch gefestigt! Er hatte mir das Handy wiedergegeben. Wir hatten die Krise doch hinter uns gebracht, wir schauten gemeinsam nach vorn! Ich trank in gierigen Zügen und sah meinen Au-pair-Jungen fassungslos an. Jürgen hatte mir das Handy wiedergegeben, um mir eine Falle zu stellen. Um mich belauschen zu können. Um mich unter Kontrolle zu haben. Mein Gott, ich hatte das verwanzte Handy in der Handtasche gehabt! Schon damals bei meinem Besuch bei Sophie! Er hatte mich sagen hören, dass ich Christian heiraten würde. HEIRATEN. Genau das hatte ich Jürgen kurz zuvor abgeschlagen! Meine Gedanken begannen zu rasen. Jürgen hatte mir einen Schreck einjagen, einen Warnschuss abfeuern wollen! Und zwar, indem er Schaumschläger, unseren Lokalreporter, der mich kurz zuvor noch in den Himmel gelobt hatte, zu seinem Komplizen gemacht hatte! Damit hatte Jürgen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hatte dafür gesorgt, dass ich meine einzige Vertraute los war, UND das Hochzeitsgerücht als tickende Zeitbombe bei Schaumschläger geparkt. Ich konnte nicht länger still sitzen. Wie eine Geisteskranke in der Gummizelle begann ich unwillkürlich, meinen Oberkörper vor und zurück zu wiegen. Die schwarz-weißen Fliesen hatten sich längst verselbstständigt und tanzten vor meinen Augen. In meiner kleinen heilen Welt stand kein Stein mehr auf dem anderen! Wie hatte Schaumschläger gesagt? »Fast jede Familie schickt ihre Kinder zu Ihnen in die Musikschule. Und die Anmeldungen für nächstes Jahr haben sich verdoppelt. Und meine Berichterstattung Ihnen gegenüber war ja wohl bis jetzt mehr als … wohlwollend.« Das war doch eine versteckte Drohung gewesen! Das war doch exakt Jürgens Rede: Dass ich mir meine Karriere versauen würde, wenn mein Fehltritt mit Christian an die Öffentlichkeit geriet! Dass ich meinen guten Ruf aufs Spiel setzte! Und genau DAS hatte auch dieser Zeitungsfritze gesagt, als er rauchend bei mir auf der Fensterbank saß! Es klang wie einstudiert! Hatte er nicht sogar zugegeben, dass er gerade von Jürgen kam, weil er für Silvester noch Geld geholt hatte? Was, wenn Schaumschläger nicht flüssig gewesen war? Was, wenn Jürgen ihm einen Deal angeboten hatte? Du erschreckst meine Frau, und ich gebe dir noch einmal Kredit? Ich musste mich am Waschbecken festhalten. Immer wieder ließ ich das Gespräch mit Schaumschläger in meinem Kopf ablaufen. Wie ein Band, das ich wieder und wieder zurückspulte. Ein Band!, dröhnte es in meinem Schädel. Jürgen hatte auch beim Telefonat mit den Kobaliks ein Band mitlaufen

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