Herbert, James - Die Brut.pdf
sicher denken können - Kaninchen, Hasen, Eichhörnchen. Kürzlich hatten wir sogar einen Fuchs. Dann, in einer der letzten Nächte, wurde in die Gehege eingebrochen.«
Pender gab ein wenig Milch in seinen Kaffee und schaute den Wart aufmerksam an. »Wurden Tiere getötet?«
»Großer Gott, nein! Das nicht.«
Pender entspannte sich wieder.
»Nur das Futter wurde gestohlen. Doch alle Tiere befanden sich am nächsten Morgen in einer Art Schockzustand, verstehen Sie? Sie waren aufs höchste erschrocken, hatten nicht einmal versucht, durch die Löcher im Zaun, die der Einbrecher hinterließ - wer oder was immer es gewesen sein mag - in die Freiheit zu entwischen.«
»Das kann alles Mögliche gewesen sein. Vielleicht ist der Fuchs, den Sie früher mal hier hatten, zurückgekommen, weil er wusste, dass es hier Futter gibt.«
»Nein, nein, der Fuchs ist uns eingegangen.«
»Dann war's eben ein anderer.«
»Ja, das wäre schon eher möglich. Wir wissen, dass noch ungefähr fünfzig Füchse hier im Wald leben. Doch wir fanden Kotreste, und die stammen auf keinen Fall von Füchsen.«
»Haben Sie sie noch? Kann ich mal einen Blick darauf werfen?«
»Natürlich, deshalb sind Sie ja hier. Ich werde Sie gleich ins Labor hinüberbegleiten.«
»Wie sahen sie aus?«
»Rundlich, spindelförmig, würde ich sagen.«
»Waren es Häufchen?«
»Ja, kleine Anhäufungen.«
Penders Gesicht blieb ausdruckslos, Milton konnte nichts darin lesen. »Sonst noch etwas?« fragte der Rattenfänger.
»Wir haben ein Außengebäude hinter dem Anwesen, wo wir den Müll aufbewahren, bis er geholt wird. Dort lagern wir auch die Küchenabfälle. Gestern Morgen war der untere Türrand durchgenagt.«
Pender seufzte. »Ja, Ratten machen das gelegentlich.«
»Sicher, aber bedenken Sie, dass wir mitten im Wald wohnen und an Nachträuber gewöhnt sind. Das Center wurde daher so gebaut, dass selbst hartnäckige Räuber ferngehalten werden. Der untere Teil des Außengebäudes ist mit einem Blechstreifen verkleidet. Eine Ecke davon war völlig abgerissen.«
Pender trank einen Schluck Kaffee.
»Das Blech war auf das Türblatt festgeschraubt, Mr.
Pender. Ein Mensch hätte eine Brechstange benötigt, um es abzureißen.«
»Ich werde mir das mal ansehen. Haben Sie Gift ausgelegt?«
»Nein, das wollten wir lieber Ihnen überlassen. Wir sind nur gehalten, sofort das Ministerium zu informieren, wenn wir auf Spuren von Schädlingen stoßen. Bis jetzt wissen wir noch nicht, ob es sich hier um Ratten handelt, doch unserer Meinung nach müssen diese beiden merkwürdigen Ereignisse genauestens untersucht werden. Sie stimmen uns doch sicher zu?«
Pender nickte, stellte seine Kaffeetasse ab und erhob sich. »Ich werde mir mal diesen Auswurf ansehen...«
Ein heftiges Klopfen unterbrach ihn. Ohne die Aufforderung zum Eintreten abzuwarten, wurde die Tür aufgerissen, und eine junge Frau in Jeans und einer weiten Wolljacke stürzte ins Büro. Ihr auf dem Fuße folgte der Mann, den Milton mit >Will< angeredet hatte. Die Frau war völlig außer sich. Sie stützte sich schwer mit beiden Armen auf die Schreibtischplatte, ihr langes dunkles Haar fiel ihr wirr ins Gesicht. Vor Verwunderung brachte Milton kein Wort über die Lippen.
»Ich habe sie gesehen, Mr. Milton«, keuchte sie und versuchte dabei, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Dort draußen, an einem der Teiche.«
»Was ist los, Jenny? Wovon reden Sie überhaupt?«
»Jenny hat die Ratten gesehen, Mr. Milton.« Auch Wills Stimme klang aufgeregt.
Milton musterte ihn eine Sekunde lang, dann wanderte sein Blick zu dem Mädchen zurück. »Sie haben sie gesehen?«
»Ja, genau. Ich bin sicher, es waren Ratten. Aber sie waren verdammt groß«, antwortete Jenny mit ernstem Gesicht.
»Setzen Sie sich, Jenny, und erzählen Sie uns genau, was Sie beobachtet haben.« Der Wart deutete auf den zweiten Besuchersessel vor dem Schreibtisch. Erst als die Frau Platz nahm, bemerkte sie den Rattenfänger.
»Das ist ein glücklicher Zufall, wirklich«, meinte Milton. »Mr. Pender hier kommt von Ratkill. Ich bin überzeugt, dass er sich sehr dafür interessiert, was Sie uns zu erzählen haben. Jenny Hanmer ist eine unserer Institutslehrerinnen, Mr. Pender.«
Pender musterte die junge Frau eingehender. Jetzt, wo er ihr Gesicht besser sehen konnte, bemerkte er, dass sie sehr hübsch war und keinesfalls den landläufigen Vorstellungen einer Museums- oder Institutslehrerin entsprach.
Sie schob mit einer raschen
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