Herbert, James - Die Brut.pdf
verwandelt.«
»Schön, dann gehen wir eben.« Pender ließ den Blick über die freien Felder bis zu den bewaldeten Rändern schweifen. Er war froh, aus dem Kiefernwald heraus zu sein. Die Erinnerung an die aus den Bäumen fallenden Ratten war noch zu lebendig. Rechts vor ihm lag das kleine Unterholz, bei dessen Anblick er sich schon bei seinem letzten Besuch unbehaglich gefühlt hatte. Auch diese Stelle musste unbedingt überprüft werden. Er würde das gleich nach seiner Rückkehr veranlassen. Pender griff nach dem Funksprechgerät auf dem Rücksitz und informierte die Operationszentrale im Center über ihren genauen Standort - eine strikte Anweisung für alle Streifen im Wald. Dann legte er den Waffengurt um. »Also, sehen wir uns das mal näher an.«
Whittaker stieß die Beifahrertür auf und stieg aus. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich in seinem silbergrauen Schutzanzug.
»He - Ihr Helm!« Pender reichte ihm den Kopfschutz, den der Tutor im Fußraum vor dem Sitz liegengelassen hatte.
»Jesus, ist das wirklich nötig?« stöhnte Whittaker.
»Setzen Sie ihn auf. Man kann nie wissen.«
Whittaker nahm den Helm mit der Sichtscheibe aus Plastik und schob ihn unter den Arm. Dann strich er durch seinen Bart und schaute sich suchend um. »Die Gegend wirkt so verdammt friedlich. Kaum zu glauben, dass das alles erst vor so kurzer Zeit geschehen ist.«
Pender schloss die Wagentür und lächelte grimmig.
»Hoffen wir, dass es so bleibt.«
Sie wandten sich zum Zaun. Pender zog den Sperrbalken des Gatters hoch, hob es leicht über den niedrigen Erdhügel an seinem unteren Ende hinweg und schob es einen Spaltbreit auf, so dass er mit dem Tutor bequem hin-durchschlüpfen konnte. Sorgfältig verriegelte er das Gatter hinter sich. Schweigend gingen sie weiter. Der Pfad wurde immer schlammiger. Der Rattenfänger betrachtete den Morast zu beiden Seiten. »Die Schweine lassen nicht viel übrig, nicht wahr?«
»Nein, sie fressen alles bis auf den letzten Rest. Deshalb ist ihre Haltung auch so kostengünstig. Diese Freiland-Säue hier sind Selbstversorger, um die sich keiner zu kümmern braucht.«
»Ich sehe aber keine.« Pender drehte seinen Kopf in alle Richtungen.
»Sie werden oben beim Haus sein, bei ihrem Schuppen.
Wir können ja mal nach ihnen schauen, wenn Sie das beruhigt.«
Der Schlamm klebte schwer an ihren Stiefeln und machte das Gehen noch mühsamer.
»Mich wundert, dass der Boden hier bei dem schönen Wetter, das wir in den vergangenen beiden Wochen hatten, noch nicht getrocknet ist«, murmelte Pender.
»Er hat sich im Lauf der Jahre vollgesogen, der Grund-wasserspiegel ist gestiegen, so dass die Erde hier niemals ganz austrocknet. Weiter vorn ist es noch schlimmer.«
Schweigend stapften sie weiter durch den Matsch. Pender spürte deutlich die Abneigung, die Whittaker gegen ihn hegte, hatte sie schon an den vorangegangenen Tagen bemerkt, als sie beide als Suchtrupp unterwegs gewesen waren, aber diese Antipathie einfach ignoriert. Der Tutor hatte sich ihm gegenüber korrekt verhalten und auch keinerlei Kommentar über die Beziehung zwischen Pender und Jenny abgegeben.
Es war eher eine unterschwellige Animosität, die darauf basieren mochte, dass Pender während des Überfalls die Ratte von seiner Brust gezerrt, ihm vielleicht sogar das Leben gerettet, ihn zumindest aber vor einer ernsthaften Verletzung bewahrt hatte. Und irgendwie wusste Pender, dass dem Tutor etwas auf der Zunge brannte. Deshalb musste er sich ein Lächeln verbeißen, als Whittaker plötzlich sagte: »Hören Sie, Luke, mit Jenny...«
Pender ging weiter und suchte dabei mit den Augen die leeren Fensterhöhlen der Ruine ab. »Was ist mit ihr?«
»Sie wissen, dass sie im Moment etwas durcheinander ist. Die Sache mit den Ratten hat sie schrecklich aufgeregt.«
Pender schwieg.
»Ich will damit sagen, dass sie momentan sehr verletzlich ist. Ich glaube, sie erkennt sich zurzeit selbst nicht wieder.«
»Da muss ich Ihnen widersprechen. Meiner Meinung nach ist sie durchaus in der Lage, klar und logisch zu denken.«
Whittaker packte den Rattenfänger am Arm und zwang ihn, stehenzubleiben. »Hören Sie, ich möchte nicht, dass jemand ihren Zustand ausnutzt.«
Pender trat dicht an ihn heran. Seine Augen wurden hart. »Jetzt hören Sie mal genau zu, mein Freund. Ich verstehe Ihr Problem, aber deswegen bleibt es immer noch ausschließlich Ihr Problem. Jenny und ich haben damit nichts zu tun. Sie ist keineswegs durcheinander, und sie wird auch
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