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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
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der Regen verbarg, bis sie sich fast mittendrin befanden. Howard betrachtete die alten, erschöpft wirkenden Häuser und Geschäfte. Wie lange mochte es diesen Ort schon geben? Aber wen kümmerte es? Früher hatte er sich für Lokalgeschichte interessiert, aber jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich stünde die Geschichte dieses Weilers noch zur Verfügung, tief vergraben in einem Buch irgendwo in einer staubigen, ewig stillen Bibliothek, aber es war mittlerweile vollkommen belanglos. Da sie nun in einer Zeit lebten, die sich zunehmend wie die letzten Tage der Menschheit anfühlten, spielte das, was sich davor ereignet hatte, nicht mehr die geringste Rolle. Wer hatte in dem Haus gelebt, das sie gerade passierten, wer hatte es gebaut, wer hatte es entworfen, wem hatte das Grundstück gehört, wer hatte es den letzten Besitzern verkauft ... alles sinnlose, vergessene Details, an die sich nie wieder jemand erinnern würde. Und als er den Gedankengang fortsetzte, von dem er allmählich wünschte, er hätte ihn nie begonnen, wurde ihm klar, dass überhaupt kaum etwas, das je geschehen war, noch eine Rolle spielte . Jeder je ausgetragene Krieg, jeder je abgeschlossene Handel, jede je erfolgte Entdeckung ... alles irrelevant. Von Flachbildfernsehern in Schaufenstern bis hin zum Teilchenbeschleuniger – nichts davon war noch etwas wert.
    Trotz der unwirtlichen Bedingungen und der Unsicherheit, die sie alle darüber empfanden, draußen zu sein fühlte es sich überraschend befreiend an. Lorna wurde klar, dass sie sich zum ersten Mal seit dem ›Tod der Toten‹, wie es einer der anderen bezeichnet hatte, außerhalb der Mauern ihrer verschiedenen Zufluchten befanden. Man konnte es zwar keineswegs als angenehme Erfahrung bezeichnen, aber es war definitiv besser als die Umstände, denen sie gezwungenermaßen in den vergangenen drei Monaten ausgesetzt gewesen waren.
    »Hier ist es wie in einer Geisterstadt«, meinte Kieran, als sie zusammen durch das Dorf gingen. Ohne bewusstes Zutun waren sie dicht zusammengerückt.
    »Es ist eine Geisterstadt«, gab Caron zurück, die Hollis’ Arm festhielt. »So wie alle Städte.«
    Sie blickte von einer Seite zur anderen und kniff die Augen zusammen, um im Regen die Formen rings um sie auszumachen. Hier waren kaum Leichen übrig. Zwei erspähte sie in einem geparkten Auto, in dem sie zusammen saßen. Die Verwesung hatte auf bizarre Weise ihr Alter und Geschlecht unkenntlich werden lassen, und einige umtriebige Spinnen hatten eine graue Verbindungsbrücke aus Netzen zwischen ihren Köpfen gesponnen. Caron stellte sich vor, dass sie beide zu Staub zerfallen würden, wenn sie die Tür öffnete und sie berührte – was sie natürlich nie tun würde.
    »Sieh einer an«, sagte Harte, beschleunigte die Schritte ein wenig und hielt auf einen kleinen Gemischtwarenladen zu. »Ich glaube, wir sind nicht die Ersten hier.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Caron und versuchte, über seine Schulter in das Geschäft zu spähen, wollte jedoch nicht zu nah hin.
    »Einige der Regale sind leergeräumt«, erklärte er. »Und sieh nur, die Zigaretten sind auch alle weg.«
    Caron trat ein paar Schritte näher und stellte fest, dass er recht hatte. Von einer Ablage hinter der Kasse hatte sich jemand sämtliche Zigarettenpäckchen genommen.
    »Ob das erst vor Kurzem war?«, überlegte Lorna laut.
    »Glaub ich nicht«, erwiderte Harte, der das Geschäft betrat. »Hier drin ist reichlich Staub. Und ich sehe keine Fußabdrücke. Irgendjemand hat sich wohl vor einiger Zeit genommen, was er brauchte, und ist weitergezogen.«
    »Stimmt aber schon nachdenklich, oder?«, meinte sie zu ihm, als sie den Weg die Straße entlang fortsetzten.
    »Was?«
    »Dieser Ort. Da fragt man sich unwillkürlich, wie viele andere wie uns es geben mag.«
    »Wer hier war, könnte durchaus noch am Leben sein. Es könnten Hunderte sein, vielleicht in den Großstädten. Man kann nie wissen. Vielleicht ist es irgendwo anders besser.«
    »Ja, klar. Halte ich nicht für besonders wahrscheinlich. Du etwa?«
    »Man kann nie wissen«, wiederholte er, doch sein Tonfall verriet, dass er selbst Mühe hatte, die eigenen Worte zu glauben. »Vielleicht haben sich einige Menschen allein besser durchgeschlagen.«
    »Vielleicht«, räumte Lorna ein. »Aber ich glaube nicht, dass ich das alles allein hätte durchmachen wollen. Du?«
    »Keine Chance.«
    Lorna schwieg eine Weile, bevor sie wieder das Wort ergriff.
    »Weißt du, irgendwie ist Jas’ Verhalten
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