Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
Vom Netzwerk:
dadurch noch schwerer zu akzeptieren. Es sind kaum noch lebende Menschen übrig, und trotzdem sind wir immer noch mit dem Versuch beschäftigt, Macht zu erlangen und einander zu bekriegen. Das ist verflucht traurig.«
    Kurze Zeit später stießen sie auf die Person, die ihrer Vermutung nach die Zigaretten geplündert hatte. Michael machte die düstere Entdeckung an der Rückseite eines Einfamilienhauses etwa einen Kilometer außerhalb des Dorfs. Es gab Anzeichen darauf, dass sich hier gewaltige Massen der Toten herumgetrieben hatten – zertrampelte Vegetation, umgestürzte Zäune, überall klebrige braune Rückstände, Knochen im Gestrüpp. Und im Hinterhof baumelte eine Leiche am Hals vom Ast einer knorrigen, uralten Eiche mit einem gewaltigen Stamm. Trotz der fortgeschrittenen Verwesung ließ sich im Vergleich zu den unzähligen anderen Kadavern, die sie schon gesehen hatten, deutlich erkennen, dass diese Person erst vor wenigen Wochen gestorben war – höchstens vor einem Monat. Vermutlich war die arme Seele unter der Belastung des Versuchs zusammengebrochen, während der Belagerung durch die Toten am Leben zu bleiben. Und die grausamste Ironie von allem schien zu sein, dass man nur ein Stück weiter die Straße entlang die Burg erspähen konnte. Hätte der Arme Teufel den Mut gehabt, sich vom Grundstück zu wagen und sich umzusehen, hätte er vielleicht mitbekommen, dass er nicht allein war.

54
    Die Gruppe stand am Straßenrand unter einem Baum und beobachtete, wie Michael und Kieran versuchten, einen dunkelblauen VW-Van zu starten. Der Wind peitschte durch die Äste, die ihnen wenig Schutz boten, und schien die Heftigkeit des Regens noch zu verstärken, doch sie waren darüber hinaus, darauf zu achten, da sie ohnehin schon völlig durchnässt und taub vor Kälte waren.
    Der Van weigerte sich, anzuspringen.
    »Das ist dumm«, beklagte sich Howard stöhnend. »Lasst es gut sein und versucht es mit einem anderen Auto. Oder gehen wir einfach weiter. Alles ist besser, als nur so hier draußen rumzustehen.«
    Michael trat frustriert gegen das Vorderrad des VW.
    »Howard hat recht«, befand Lorna. »Wir sollten in Bewegung bleiben. Das hilft niemandem weiter.«
    Michael trat erneut gegen das Fahrzeug.
    »Wie soll ich es nach Hause schaffen, wenn es mir nicht mal gelingt, ein verfluchtes Auto zu starten?«
    Howard kam unter dem Baum hervor und hielt sich die Karte über den Kopf. Er deutete die Straße hinab. »Weiter vorn sind einige Gebäude. Dort können wir uns eine Weile unterstellen und aufwärmen. Etwas essen. Ein wenig trocknen ...«
    Widerwillig fand sich Michael damit ab, dass er recht hatte. Das half wirklich niemandem weiter. Wenn sie sich einen Unterstand suchten, konnten sie zumindest etwas verschnaufen und dringend benötigte Kraft für den letzten Abschnitt nach Chadwick sammeln, den sie später antreten würden. Howard hatte die Karte überprüft, kurz bevor sie versucht hatten, den Van zu starten, und er hatte ihnen allen die schlechte Neuigkeit verkündet, dass sie wahrscheinlich erst weniger als die Hälfte der Strecke hinter sich hatten. So verzweifelt Michael den Hafen erreichen wollte, die Vorstellung, noch einmal so weit laufen zu müssen, ließ seinen Mut sinken. Und dabei hatten sie noch gar nicht überlegt, was sie tun wollten, wenn sie endlich dort wären. Kein Boot. Keine Möglichkeit, auf die Insel zu gelangen. Kein verdammter Sinn in dem ganzen Unterfangen.
    Michael fühlte sich zu müde und deprimiert, um weiter über die Lage zu diskutieren. Er schaute zu Boden, verspürte eine irrationale Wut auf sich selbst und alle anderen und bemühte sich, jeglichen Blickkontakt zu vermeiden. Im Gestrüpp ein wenig vor ihm befand sich ein Schädel, gelblich-weiß und ohne jegliches Gewebe daran. Michael beobachtete, wie ein großer, fetter, glänzender Wurm aus einer Augenhöhle kroch, sich abwärtsschlängelte und im klaffenden Mund verschwand. Der Anblick erinnerte an Szenen aus den billigen Horrorromanen, die er als Kind immer unter dem Bett versteckt gehabt hatte. Seine Mutter hatte immer versucht, ihn davon abzuhalten, sie zu lesen, weil sie fand, er sei dafür zu jung und sie könnten einen schlechten Einfluss auf ihn haben. Wenn sie ihn jetzt nur sehen könnte. Im Vergleich zu der Welt, in der er seit vergangenem September lebte, fühlte sich nichts, was er je gelesen oder in einem Horrorfilm gesehen hatte, auch nur im Entferntesten furchteinflößend an. Unmittelbar hinter dem Schädel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher