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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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nahmen sich der Leichen an, die noch stark genug wirkten, um Probleme zu verursachen, und räumten anschließend die Regale aus. Sobald sich die anfängliche Beklommenheit darüber, den Leichen wieder so nahe zu sein, gelegt hatte, begann die harte Arbeit, sich unerwartet erlösend anzufühlen. Eine solche Beschäftigung – eine ausnahmsweise wirklich wertvolle Tätigkeit – stellte eine willkommene Abwechslung von der Norm dar. Als sie fast zwei Stunden später aufhörten und sich am Laster versammelten, stellte sich die Nervosität sofort wieder ein. Solange sie gearbeitet hatten, war die Zeit schnell vergangen. Draußen hatte sich die Lage geändert.
    »Der da hat sich bewegt«, sagte Bayliss und zeigte auf die Überreste eines Körpers, der mitten auf der Straße lag. Harte wusste, dass er recht hatte, denn er konnte sich nicht daran erinnern, den Toten zuvor gesehen zu haben. Während sie den Leichnam beobachteten, bewegte er langsam die Beine, stieß sich mit den Füßen ab und mühte sich halb kriechend, halb schiebend einige Zentimeter weiter. Der Kadaver war dermaßen verwest, dass man kaum noch Einzelheiten erkennen konnte. Der Körper glänzte vor Wasser und vereisten Stellen und wies insgesamt eine groteske, fäkalbraune Färbung auf. Die verfluchte Kreatur sah aus, als hätte man sie in Teer getränkt.
    »Was ist schon dabei, wenn er sich bewegt hat?«, warf Kieran ein. »Die Temperatur steigt. Die tauen auf. Wir haben doch gewusst, dass das passieren würde.«
    Harte stand still und lauschte. Er hatte recht. Die bittere Kälte des Morgens hatte nachgelassen, und das vereinzelte Tropfen, das sie zuvor gehört hatten, war zu einem konstanteren Geräusch geworden. Wasser troff von Gebäudefassaden und lief in Abflüsse. Das gelegentliche Knacken von tauendem Eis ertönte häufiger als zuvor wie ferne Schüsse aus jeder Richtung. Am unheimlichsten fand Harte, dass er leichte Bewegungen von den ansonsten erstarrten, schaufensterpuppenartigen Gestalten ausmachen konnte – das Zucken eines Fingers, ein kaum merkliches Vorrücken, das Rollen eines toten Auges ...
    »Wir sollten uns mit dem Gedanken anfreunden, von hier zu verschwinden«, meinte Jackson, als er einen weiteren Karton mit Lebensmitteln auf die Ladefläche des Lasters hievte.
    »Noch nicht«, widersprach Jas, womit er alle überraschte. Seit ihrer Ankunft in Chadwick hatte er sich still verhalten. Nun schwang in seiner Stimme keinerlei Emotion, aber Entschlossenheit mit. Er unterbreitete der Gruppe keinen Vorschlag, über den es nachzudenken und den es zu diskutieren galt – er erteilte einen Befehl.
    »Blödsinn«, meldete sich Bayliss zu Wort. »Fahren wir. Der Laster ist halb voll. Wir haben genug für mehrere Wochen.«
    »Der Laster ist halb leer, und wir brauchen mehr. Ich will nicht noch mal hierher kommen.«
    »Jas hat recht«, warf Kieran ein. »Eine weitere halbe Stunde wird uns schon nicht umbringen. Immerhin sind wir jetzt schon mal hier.«
    »Wir sollten fahren«, tat Driver seine Meinung kund und steuerte bereits auf die Kabine zu. »Sie tauen auf. Ich will nicht mehr hier sein, wenn sie wieder voll bewegungsfähig sind.«
    Wie auf ein Stichwort gelang es einem der Kadaver in Kierans Nähe, die Schulter zu befreien und einen gefrorenen Arm auf sein Gesicht zuzubewegen. Er schwang ihn mit einer linkischen, stockenden Bewegung wie eine Marionette, dann ließ er ihn wieder sinken. Kieran zuckte mit keiner Wimper. Er sah Jackson und Driver direkt an, dann stieß er den Toten um. Der kippte rückwärts und prallte im Fallen gegen den Rand einer Bank. Der rechte Arm brach praktisch vollkommen ab. Kieran ergriff Jacksons Hammer, der seitlich am Laster lehnte, und ließ ihn kräftig auf das frustrierend ausdruckslose Gesicht des Toten hinabsausen.
    »Davor habt ihr Angst?«, fragte er und sah erst Driver, dann Bayliss an, verlangte eine Antwort, die er nicht erhielt. »Springt um Himmels willen über euren Schatten. Ich gebe Jas recht – wenn wir es schon tun, dann gefälligst richtig.«
    »Jetzt hör schon auf«, ergriff Harte das Wort. »Ist es das wert? Ernsthaft? Wie Jackson schon sagte, wir haben wahrscheinlich genug Zeug.«
    »Wahrscheinlich ist nicht gut genug«, erwiderte Jas.
    »Blödsinn«, warf Driver ein. »Ich verschwinde.«
    Er hievte sich in die Kabine. Kieran stellte sich vor den Laster.
    »Wo willst du hin? Zurücksetzen würde ich im restlichen Schnee nicht empfehlen, und nach vorne kannst du nicht.«
    Er trat beiseite

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