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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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nicht weniger. Vielleicht die Letzten einer aussterbenden Art.
    Wie sie alles verloren hatten, ließ sich nach wie vor nicht einmal ansatzweise verstehen. Ihr normales, vergleichsweise bequemes Leben war ihnen innerhalb von Sekunden geraubt worden, und sie hatten nicht das Geringste dagegen tun können, hatten keine Chance gehabt, sich zu wehren oder das zurückzuholen, was sie verloren hatten. Seit jenem ersten Morgen hatten sie einen dermaßen verzehrenden Albtraum durchlebt, dass sie geglaubt hatten, ihn nicht zu überstehen. Aber das hatten sie. Trotz aller beträchtlichen Unwahrscheinlichkeit hatten sie irgendwie überlebt und alles relativ unbeschadet überdauert. Sie hatten begonnen, sich auf einer kleinen, felsigen Insel ein Stück vor der Küste etwas aufzubauen, das einem normalen Leben ähnelte. Nichts, das dem Leben nahekam, das sie früher geführt hatten, aber trotzdem unendlich besser als alles, was sie in jenen ersten dunklen, grauenhaften Tagen für möglich gehalten hatten, nachdem der Rest der Welt gestorben war.
    Nun jedoch kehrten sie zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch zurück, und es erwies sich als ernüchterndes Erlebnis.
    Als das Meer unter ihnen einer einst vertrauten Landschaft wich, fingen sie allmählich darüber zu reden an, was sie vielleicht sehen würden. Sie flogen vergleichsweise tief über leer stehende Geschäfte und Häuser, folgten dem Verlauf vormals verkehrsreicher Straßen, die sich nun still präsentierten und ins Nichts führten.
    »Was für eine verfluchte Scheiße«, murmelte Michael Collins, der das Ausmaß der sichtbaren Verwüstung unter ihnen kaum fassen konnte. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, denn er hatte bewusst versucht, vorher nicht daran zu denken, aber die Realität fühlte sich niederschmetternd an. Keine der Straßen war leer, alle waren voll von verwesten Überresten, von Müll, den der Wind erfasst und verweht hatte, und von anderem Unrat, der sich angesammelt hatte, seit die menschliche Rasse vergangenen September ein abruptes Ende erfahren hatte. Es hatte keine Aufräumarbeiten gegeben, keine Rettungsdienste, keine internationale Hilfe. Alles war noch so, wie es nach jenem ersten Morgen zurückgeblieben war, nur etwas verrotteter, verrosteter und verwahrloster.
    Richard Lawrence hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Er zwang sich, nach oben, nicht nach unten zu schauen, weil er fürchtete, von dem gespenstischen Chaos unter ihnen abgelenkt zu werden. Mehr denn je zuvor spürte er an diesem Tag den intensiven Druck, den es verhieß, der einzige Pilot der Gruppe zu sein – vielleicht der letzte überhaupt noch lebende Pilot. Das Wissen lastete schwer auf seinen Schultern, vermittelte ihm das Gefühl, es käme allein auf ihn an, ihr weiteres Überleben wäre ausschließlich von ihm abhängig. Er empfand das als schwer zu tragendes Kreuz. Ein kurzer Pendelflug von der Insel zum Land klang zwar nach nicht viel, und im Gesamtgefüge der Dinge war er das auch nicht, aber was, wenn etwas schiefginge? Das Leben der vier Menschen, die mit ihm flogen, lag in seinen Händen. Und was, wenn etwas passierte und sie es nicht zurück zur Insel schafften? Die Konsequenzen waren nicht auszudenken. Die Menschen auf Cormansey – eine so kleine, zerbrechliche und isolierte Gemeinschaft – würden Mühe haben, am Leben zu bleiben. Aus diesem Grund waren sie heute hierher zurückgekehrt – um Vorräte zu sammeln und nach alternativen Transportmitteln zu suchen. Der langfristige Plan hatte immer vorgesehen, dass die Inselbewohner im Verlauf der Zeit autark werden sollten, doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. In praktischer Hinsicht hatten sie noch gewaltig viel zu lernen, und in emotionaler Hinsicht ... hatten sie noch gar nicht wirklich angefangen. Ihr neues Leben steckte in den Kinderschuhen, aber es mussten auch die Trümmer ihres alten Lebens bewältigt werden. Eine Phase der Anpassung und Akzeptanz würde unweigerlich notwendig sein, bevor sie darauf hoffen konnten, einen neuen Abschnitt zu beginnen.
    Einige der Menschen, die auf Cormansey lebten, hatten das Dasein auf der Insel erfolgreicher in Angriff genommen als die meisten. Andere schienen beinah zufällig dort gelandet zu sein, nachdem sie sich in den Schatten von Universitätsgebäuden, unterirdischen Bunkeranlagen und Kontrolltürmen von Flughäfen versteckt und von anderen mitgenommen worden waren. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Michael hatte nichts als selbstverständlich betrachtet und

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