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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Michael sich wie ein verwöhntes Kind an, doch Emma wusste, dass er Recht hatte. War es nicht schlimm genug gewesen, alles zu verlieren, was ihnen je etwas bedeutet hatte? Warum musste sich ihr Leid auf diese Weise fortsetzen?
    »Und was mich völlig fertig macht«, fuhr Michael fort, »ist, dass diese Kreaturen bereits tot sind. Man kann sie nicht töten. Ich wette mit dir, wenn man ihnen eine Kugel zwischen die Augen jagt, greifen sie trotzdem weiter an.«
    Emma erwiderte nichts. Sie spürte, wie wichtig es für ihn war zu reden, allerdings entwickelte sich die Unterhaltung in eine Richtung, die ihr nicht behagte. Sie hielt sich vor Augen, wie gut es Michael zu tun schien, sich darüber auszulassen. Zu lange hatten sie beide ihre Ängste und Gefühle in sich eingesperrt, weil sie ihre Gefährten nicht beunruhigen und den zerbrechlichen Frieden nicht stören wollten, den sie auf der Penn Farm gefunden hatten. Carl hatte bewiesen, dass es nicht unbedingt ratsam war, Schmerz und Verzweiflung in sich hineinzufressen. Sein innerer Konflikt und seine persönlichen Qualen hatten ihn zu einer Handlung verleitet, die aus Emmas Sicht Selbstmord gleichkam.
    »Willst du noch etwas zu trinken?«, fragte Michael und unterbrach damit ihren Gedankengang.
    »Was?«, murmelte sie abwesend.
    »Ich habe gefragt, ob du noch etwas zu trinken möchtest.«
    »Nein, danke. Du?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Warum fragst du dann?«
    »Keine Ahnung. Ich schätze, bloß um irgendetwas zu sagen.«
    »Was ist denn falsch daran zu schweigen?«
    Michael bedeckte die Augen.
    »Das ist mir zu still«, erwiderte er.
    »Und was ist falsch an Stille?«
    »Bei Stille verfalle ich immer ins Nachdenken.«
    »Und das willst du nicht?«
    »Nein, nicht mehr. Ich will mal eine Auszeit davon.«
    »Das ist dumm. Man denkt doch immer an irgendetwas, oder?«
    Michael gähnte und streckte die Arme, dann vergrub er abermals das Gesicht in den Händen.
    »Es gibt mehrere Arten von Nachdenken.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Bist du noch nie mit einer Gruppe von Freundinnen zusammen gesessen und hast dich über nichts Bestimmtes unterhalten?«
    »Doch.«
    »Und hattest du je eines dieser sinnlosen Gespräche, bei denen man stundenlang über allen möglichen Blödsinn redet, zum Beispiel über die Farbe der Unterwäsche seines Lieblingssuperhelden diskutiert?«
    Emma lächelte.

»Ich kann mich nicht erinnern, je über die Unterwäsche von Superhelden diskutiert zu haben, aber ich weiß, was du meinst.«
    »Als ich noch ein Kind war, sind wir in den Sommerferien oft früh aufgestanden und für Stunden in den Park verschwunden. Wir haben dort den Großteil des Tages verbracht und eigentlich nichts Richtiges gemacht. Wir sind nur rumgeschlendert, haben gespielt und gerauft und ...«
    »Du musst abschalten«, sagte Emma, als Michaels Satz unvollendet verhallte. »Das müssen wir beide. Wir sind für diese Art Leben nicht geschaffen. Seele und Körper kommen nicht damit zurecht, wenn man ständig mit Vollgas unterwegs ist.«
    »Wann werden du und ich abschalten können?«, fragte er. »Wann werden wir etwas tun können, ohne uns den Kopf über die Konsequenzen zerbrechen zu müssen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weißt du, ich glaube, du hast Recht, das werden wir beide tun müssen, Emma. Irgendwie müssen wir einen Weg dafür finden.«
    »Meditation«, schlug Emma vor. »Wir könnten abwechselnd meditieren.«
    »Willst du mich verarschen?«
    »Nein, das ist mein voller Ernst. Wie du richtig sagst, wir müssen lernen abzuschalten, uns von allem zu lösen. Sonst schnappen wir früher oder später über.«
    »Wann ist es dir zuletzt gelungen, abzuschalten und dich von allem zu lösen?«, wollte Michael wissen.
    Emma überlegte eine Weile. »Vor etwa sechs Monaten«, gab sie zurück und lachte.
    Nachdem sie ihren aufgestauten Emotionen Luft gemacht hatten, redeten Emma und Michael stundenlang. Die Unterhaltung scherte bald hierhin, bald dorthin aus, drehte sich um alles und nichts.
    »Bist du in Northwich geboren, Mike?«
    »Etwas außerhalb. Und du?«
    »Nein, ich habe dort nur studiert.«
    »Hat dir die Stadt gefallen?«
    »Ich fand sie ganz nett.«
    »Nur nett?«
    »Ja.«
    »Ich mochte sie. Sicher, es gab dort gute und schlechte Gegenden, aber das ist überall so. Northwich war meine Heimat.«
    »Emma, vermisst du das Fernsehen?«
    »Eigentlich nur die Normalität, die es vermittelt hat, sonst eher weniger.«
    »Mir fehlen die Wettervorhersagen.«
    »Die

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