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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Michael fühlte sich plötzlich lebendiger und kräftiger als zu irgendeinem Moment des bisherigen Tages, trat energisch auf das Gas und beschleunigte wieder.
    »Wohin fahren Sie?«, fragte Fry, als sie an der Vorderseite des nächsten Hauses vorüberrasten und die schmale Straße abwärtsfuhren.
    »Will nur sehen, wer da ist«, murmelte Michael, dessen Puls vor plötzlicher Nervosität und Erwartung raste.
    Als der Jeep die Landepiste erreicht hatte, waren das Flugzeug und auch der Helikopter bereits gelandet. Die Passagiere wurden rasch aus dem rückwärtigen Bereich des Flugzeugs ausgeladen. Sie schwankten auf das asphaltierte Rollfeld und wanderten auf Brigid und Spencer zu, die sich zu Fuß der Landebahn näherten. Die Neuankömmlinge sahen sich ehrfürchtig, wie Touristen, die an einem lang erwarteten und heiß ersehnten Urlaubsziel angekommen waren, in ihrer Umgebung um. Gary Keele rannte in die entgegengesetzte Richtung und blieb stehen, als er einen Fleck mit langem Gras erreicht hatte. Er beugte sich tief hinunter, legte die Hände auf seine Knie und erbrach sich in die Büschel aus Unkraut zu seinen Füßen. Die Landung des Flugzeugs hatte sich als noch zermürbender erwiesen als der Start.
    Michael brachte den Jeep zum Stehen, sprang heraus und sah sich hoffnungsvoll um. Er erkannte etliche Gesichter, die er sofort einordnen konnte, darunter Donna, Clare und Karen Chase.
    Von Emma keine Spur.

37
    Nachdem nun der erste Teil der Leute abgereist war, hatte sich der Überwachungsturm zu einem recht leeren und tristen Ort verändert. Es lag nicht daran, dass eine bestimmte Person gegangen war, befand Emma, sondern an dem Umstand, dass sie nun dort, wo sie daran gewöhnt war, immer Menschen zu sehen, leere Räume vorfand. Etliche von denen, die nun abgereist waren, hatten seit ihrer Ankunft auf dem Flugplatz mehr getan als immer am gleichen Fleck zu sitzen und abzuwarten. Es verärgerte sie, dass einige von denen, die nichts dazu beigetragen hatten, der Gruppe zu helfen, zu den Ersten zählten, die von hier wegkamen. Sie hatte sich schon den ganzen Tag über befremdlich und seltsam desorientiert gefühlt. Ihre Empfindungen erwuchsen aus der Tatsache, dass sie nicht wusste, ob der Flug auf die Insel sicher verlaufen war. Noch eine Stunde oder zwei, nachdem sie abgereist waren, hatte sie vage damit gerechnet, nach oben zu blicken und Keele zu sehen, der das Flugzeug, das immer noch voller Überlebender war, mit den letzten Reserven zurückbrachte. Sie setzte weder als Pilot noch als Mensch viel Vertrauen in ihn. Aber um die Wahrheit zu sagen, hatte sie zu nichts mehr Vertrauen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wünschte sie sich im Grunde genommen das Flugzeug zurück, damit sie selber abreisen konnte. Sie wollte von diesem Ort weg, wollte ihn sofort und nicht erst morgen verlassen. Was auch immer geschehen würde, in wenigen Stunden wussten sie, ob die Piloten erfolgreich gewesen waren. Keeles und Lawrences Plan sah vor, ihre Passagiere abzusetzen und so schnell wie möglich auf den Flugplatz zurückzukehren. Sie hatten sich vorgenommen, innerhalb des Tages hin- und zurückzufliegen und gehofft, um drei Uhr wieder auf dem Festland aufzusetzen. Es war beinahe halb zwei.
    Emma hatte früher etwas über dreißig Leute gezählt, die auf dem Flugplatz verblieben waren. Das schloss sowohl sie als auch Kilgore ein, der vor etlichen Stunden verschwunden war, und den sie zuletzt gesehen hatte, als er sich zu einem der Außengebäude bewegte, die nahe am Beobachtungsturm standen. Er wusste, so erschöpft, dehydriert und hungernd, wie er war, dass seine Zeit ablief. Doch er hatte nicht die Stärke oder den Mut, dasselbe zu tun wie Kelly Harcourt. Stattdessen blieb er, wo er war, vermoderte und wartete. Der Rest der Überlebenden hielt von ihm Abstand. Ihre letzten Annäherungsversuche waren bei dem schwachen Mann entweder auf Zorn und Feindschaft oder ebenso widerwärtige Ausbrüche von Selbstmitleid und Kummer gestoßen. Da sie selbst hinlänglich mit Verwirrung, Orientierungslosigkeit und Zweifeln zu kämpfen hatten, taten die Überlebenden ihr Bestes, um ihn zu vergessen. Viele von ihnen hielten sich nun im Bürogebäude auf, wo sie ungeduldig darauf warteten, dass der Helikopter und das Flugzeug zurückkehrten. Nachdem sich herausstellte, dass es ihr unmöglich war, nicht an Michael oder die anderen zu denken, ging Emma lethargisch das Treppenhaus des Überwachungsturms hinunter und trat in den kalten, aber

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