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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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strahlenden Nachmittag hinaus. Sie fand Cooper im Freien vor, wo er mit einem Fernglas den Himmel und gelegentlich den Begrenzungszaun absuchte.
    »Bisher schon irgendwas gesehen?«, fragte sie hoffnungsvoll und erschreckte ihn für einen Moment.
    »Nichts«, murmelte er. Emma beobachtete, wie er seine Aufmerksamkeit vom Himmel weg näher zum Erdboden verlagerte.
    »Wonach suchen Sie?«
    »Eigentlich nach nichts«, erwiderte er. »Ich halte nur ein Auge auf die.«
    Emma schirmte ihre Augen vor der Sonne ab und sah nun selbst zum Zaun. Ohne Hilfe des Fernglases konnte sie nur wenig mehr als eine sich unaufhörlich umherwälzende und scheinbar unendliche Masse aus kaltem, totem Fleisch sehen. Die gewaltige Horde sah an diesem Tag nicht anders aus, als sie gestern oder vorgestern erschienen war. Sie stellte bald fest, dass sie eher Cooper als die Leichen beobachtete. Seine Wachsamkeit war keineswegs geringer geworden, doch seit die erste Flugzeugladung Überlebender zur Insel aufgebrochen war, hatte sein Verhalten eine nahezu unmerkliche Veränderung durchlaufen. Er schien nun entspannter und weniger verkrampft zu sein, als bei ihrer letzten Begegnung. Es war, als hätte sich ein schweres Gewicht von seinen Schultern gehoben und zusammen mit diesem schienen weitere Schichten militärischer Disziplin und Autorität abgeblättert zu sein. Als mehr Leute das Festland verlassen hatten, war es, als habe sich der Druck, der auf ihm lastete, gelöst. Obgleich immer noch ein langer Weg vor ihnen lag, bedeutete es für sie eine ausgesprochen wichtige Errungenschaft, dass das Flugzeug abgehoben hatte.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte er plötzlich und fokussierte seine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Zaunbereich.
    »Was?« Emma war besorgt.
    »Die verdammten Dinger da unten sehen so aus, als würden sie versuchen, den Zaun einzureißen.«
    »Was?«, fragte sie wieder ungläubig. Cooper reichte ihr das Fernglas und sie hob es an ihr Gesicht. Sie stellte es auf den Zaun scharf und tastete alles zu ihrer Linken ab, bis sie zu dem Abschnitt kam, den Cooper beobachtet hatte. Sie atmete keuchend aus und rief: »Verdammte Scheiße!«
    Er hatte recht. In der Ferne hatte eine dicht gedrängte Gruppe der Gestalten mit knochigen, skelettartigen Händen das Drahtgeflecht gepackt. Gemeinsam zogen sie es zu sich hin und drückten es dann wieder auf die Gegenseite, als würden sie versuchen, die Pfosten aus der Erde zu lösen. Die Zusammenarbeit und der Erfolg waren zufällig und ungeschickt, wodurch es zunächst so schien, als wären diese mehr durch Glück als durch gezieltes Vorgehen erreicht worden.
    »Die werden das nicht schaffen, oder?«
    Cooper zuckte die Achseln. »Keine Ahnung«, antwortete er. »Ich glaube zwar nicht, dass sie stark genug sind, aber ...«
    »Aber ...?«
    »Da draußen gibt es Tausende, und wenn man ihnen genügend Zeit gibt ...«
    Emma blickte wieder konzentriert in die Leichenmassen hinein. Von ihrem Standpunkt aus schien sich die gesamte Horde unablässig hin und her zu winden. »Was unternehmen wir«
    »Ich glaube nicht, dass es irgendetwas gibt, was wir da tun können«, erwiderte Cooper, »ausgenommen, was wir bereits unternehmen. Die Anzahl der Leichen wird uns in jedem Fall Schwierigkeiten bereiten. Wir sollten ohnehin morgen hier herauskommen. Bis dahin müssen wir uns auf unser Glück verlassen.«
    »Wir haben uns auf unser Glück verlassen, seit das alles begonnen hat.«
    »Richtig, und daher wird ein weiterer Tag auch nicht mehr viel Unterschied machen, nicht wahr? Ich nehme an, wenn wir wollten, könnten wir zu diesem Zaunabschnitt hinuntergehen, die verdammten Dinger mit Treibstoff durchtränken und den ganzen Haufen in Brand stecken. Aber was soll das bringen? Vielleicht fühlen wir uns dann ein bisschen besser, und wir könnten ein paar Hundert davon loswerden. Aber sind wir dann sicherer oder wird es uns dabei helfen, irgendwie schneller von hier wegzukommen? Und falls sie tatsächlich damit beginnen, logisch zu denken, dann könnten sie unser Vorgehen als einen Akt der Aggression ansehen und versuchen, zurückzuschlagen.«
    »Sie machen Witze, oder?«, fragte Emma fassungslos.
    Cooper zuckte die Achseln. »Vor Kurzem sind seltsamere Dinge passiert«, erinnerte er sie.
    Emma gab ihm das Fernglas wieder, wandte sich um und ging zurück zum Beobachtungsturm. Sie hatte es auf einmal eilig, wieder nach drinnen zu kommen.
    Cooper fuhr fort, den Zaun nicht aus den Augen zu lassen. Es gab am

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