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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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züngelten, zu brennen begannen und die hölzerne Wand des Gebäudes erfassten. Er drückte sich wieder gegen die Tür – gegen die nun von der anderen Seite die Kadaver drängten und schoben – und verkeilte seine Füße unter der Tür der gegenüberliegenden Kabine.
    Er saß da, rauchte seine letzte Zigarette und wartete, während er sich fragte, ob zuerst die Flammen oder die Leichen bei ihm sein würden.
    Cooper beobachtete von der Spitze des Überwachungsturmes hoch über dem Erdboden, wie das Gebäude unter ihm zu brennen begann. Elf gute Leute waren verloren. Wie lange würde es dauern, bis entweder das Feuer oder die Leichen zu ihm und den anderen vordrangen? Er ließ sich zu Boden fallen und barg den Kopf in seinen Händen. Er wollte nicht länger nach draußen sehen.

43
    Beinahe Tagesanbruch.
    Lawrence hatte, erschöpft und zerschlagen, wie er war, den Flug so lange wie möglich hinausgezögert und seine körperliche Müdigkeit gegen die Notwendigkeit abgewogen, so schnell wie möglich zu den Leuten zurückzukehren, die sie gezwungenermaßen zurückgelassen hatten. Nun flog er mit dem Helikopter sieben Stunden, nachdem er sie verlassen hatte, wieder über das tote Land zurück. Unter ihm schien es nun mehr Bewegung denn je zu geben. Die vollkommen dunkle Landschaft schien nun dort, wo zuvor nur Stille und beklommenes Schweigen geherrscht hatten, vor Betriebsamkeit regelrecht zu wimmeln. Er konnte sehen, wie Leichen ungehindert über das Land wanderten und sich sinnlos und unablässig von Ort zu Ort bewegten. Er fragte sich, ob er sich Dinge einbildete, oder ob sein nervöser Geist etwas aufbauschte, was er tatsächlich unter sich sehen konnte und es schlimmer aussehen ließ, als es wirklich war. Als er ein Kind gewesen war, hatte er sich mit seinem jüngeren Bruder ein Schlafzimmer geteilt. Er erinnerte sich, wie es oft so gewirkt hatte, als würde sich das Gesicht seines Bruders in der Dunkelheit verdrehen und deformieren, wenn die Schlafzimmerbeleuchtung abgedreht wurde und die Schatten sowie Bruchteile des Lichtscheins der Straßenlaternen von draußen hereingesickert waren und seine Umrisse entstellt hatten. Möglicherweise geschah an diesem Morgen etwas Ähnliches. Der Himmel war klar, die Sonne würde bald aufgehen und die Dunkelheit ablösen. Vielleicht lag es am stumpfen grauen Licht, das die Lage am Boden weitaus schlimmer erscheinen ließ, als sie es tatsächlich war.
    Es war ein gefährlicher und wohl auch sinnloser Überflug. Als Lawrence den Flugplatz zuvor verlassen hatte, hatte er sich zerschlagen und verzweifelt gefühlt. Welche realistische Hoffnung konnte es für die ungefähr fünfzehn verbliebenen Menschen schon gegenüber den Abertausenden der unaufhaltsamen Leichen geben? Diese hatten sich, als er sie das letzte Mal sah, in die Richtung der Ansammlung aus ungesicherten und schutzlosen Gebäuden bewegt. Im Laufe des Fluges hatte er sich ein paar Mal überlegt, den Helikopter zu wenden und zurückzufliegen, da er sich fragte, ob er durch seinen Versuch irgendetwas erreichen konnte. Welchen Nutzen sollte das haben? Was würde er erreichen? Die Basis war überrannt worden – falls dort noch Überlebenden waren, wie sollte er es bewerkstelligen, sie aufzusammeln? Würde er durch seine Rückkehr nicht die, die zurückbleiben müssten, verhöhnen und ihre Qual verlängern? Würde er seine Zeit damit verbringen, um den Komplex zu fliegen und die anderen dabei beobachten, wie sie darauf warteten, zu sterben? So trüb und unumgänglich der Ausgang seines Fluges auch zu sein schien, so wusste Lawrence doch, dass er keine andere Wahl hatte. Er musste es versuchen.
    Der Flugplatz wurde durch die Dunkelheit, die sich am frühen Morgen nur langsam hob, verborgen. Lawrence stellte sich den Ort noch immer so vor, wie er ihn Stunden zuvor verlassen hatte – als eine kleine Ansammlung von Gebäuden, die ein leerer Raum umgab, der wiederum von dem Zaun eingefasst wurde, hinter dem sich Tausende Leichen befanden. Er wusste, dass es nun anders aussehen würde, doch es war nicht einfach, sich die Ausmaße vorzustellen, in der sich die dunkle Szenerie verändert haben mochte.
    Angst, Nervosität und Ermüdung hatten Lawrence verwirrt und dazu gebracht, seine Orientierung zu verlieren und am Flugplatz vorbeizufliegen. In der ununterbrochenen Finsternis sah alles gleich aus. Er befand sich schon beinahe über der Stadtmitte Rowleys, als ihm sein Fehler bewusst wurde. In einem weiten Bogen drehte er um und

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