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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Fenster zu sehen. Lawrence konnte ihn nicht hören.
    »Bin mir nicht sicher«, erwiderte Michael, der immer noch auf den Horizont starrte. »Ich kann nicht viel erkennen.«
    Lawrence lenkte das Fluggerät über das Meer, das täuschend eben und gleichmäßig aussah. Mit ein wenig mehr Zuversicht und Ungezwungenheit senkte er den Hubschrauber ab und flog näher an die Wellen heran. Die schäumende Brandung befand sich nur noch wenige Fuß unter ihnen und zum ersten Mal waren die Passagiere in der Lage, die Geschwindigkeit, mit der sie reisten, in vollem Umfang einzuschätzen. Der trübe, dunkle Fleck am Horizont nahm schnell an Größe und Klarheit zu, und im Handumdrehen befanden sie sich über der Insel.
    »Das ist sie also«, murmelte Guest, als er auf die raue Landschaft von Cormansey hinabspähte. Sie sah genauso aus, wie Michael erwartet hatte – kalt und trostlos, mit grauem Fels, der sich mit üppigem, grünem Grasland abwechselte, darin gelegentlich rötlichgelbe Fußpfade und orangebraune Vegetation. Die See klatschte schonungslos gegen die Küstenlinie der Insel. Mächtige Wellen krachten auf die Felsen nieder und rissen hohe Gischtschwaden und Wellen in die Luft empor. Unter ihnen befand sich das Dorf, das aus wenigen Straßen bestand, die von Kauf- und Wohnhäusern gesäumt waren und bislang von den Überlebenden, die nun diesen kleinen Flecken Erde bewohnten, unangetastet geblieben waren. Leichen lagen reglos mitten auf der Straße, wo sie Monate zuvor zusammengebrochen waren. Obwohl sie den grabähnlichen Ort in Sekundenschnelle hinter sich ließen, hatten sie genügend Zeit, um die Leichen zu sehen, die Unheil verkündend durch die Schatten schlurften. Eigenartig, dachte Michael, dass sie sich dort immer noch von etwas angezogen fühlten.
    Lawrence flog geradewegs über die Siedlung und folgte der gesamten Länge der Insel. Michael sah auf das Land hinunter und beobachtete, wie die kräftigen Farben lebhaft mit dem dunklen Graublau des Abendhimmels und dem schmutzigen Blaugrün des Ozeans kontrastierten. Das Wetter hatte sich den Tag über kontinuierlich verschlechtert, und es sah nach Sturm aus. Auf dem Erdboden konnte er deutlich schmale Straßen und Schotterwege erkennen, die zu den Türen der abgeschiedenen kleinen Hütten und Häuser führten. Gewissermaßen jeder Haushalt, obgleich oft in Sichtweite von einem oder zwei anderen Gebäuden, befand sich selbst von seinen engsten Nachbarn ein Stück weit entfernt. Einige davon waren so entlegen und freiliegend, dass sie einen Grad an Isolation anzubieten schienen, wie ihn selbst die Penn Farm nicht gewährt hatte.
    »Fast da«, rief der Pilot seinen Passagieren zu, als der Helikopter wieder in die Höhe kletterte und zügig anstieg, um eine Erhebung im ansonsten ziemlich flachen Niveau der Landschaft zu umgehen. Sie kamen an einer felsigen Narbe vorüber, die von Osten nach Westen verlief und sich beinahe über die gesamte Breite von Cormansey zog.
    Als sie sich erst einmal über den Felsen befanden, bot sich den Fluggästen ein ungetrübter Blick auf die restliche Insel. In der Ferne konnte Michael eine kurze Landebahn ausmachen, die in ein ausgedehntes Gebiet aus flachem Grünland geschnitten war. Noch ein wenig weiter voraus sah er weitere Gebäude. Hinter einer kleinen, weiß getünchten Hütte stieg eine Wolke aus schmutzigem Rauch auf und rankte sich in die stürmische Luft.
    Lawrence blieb von den wirbelnden Windstößen unbeeindruckt und setzte den Helikopter geschickt mitten auf der Landebahn auf. Zunächst taten weder Michael, Guest oder Talbot etwas anderes, als ihre Sicherheitsgurte zu lösen.
    Der Pilot, der möglicherweise ihr verständliches Unbehagen und ihre Unsicherheit fühlte, drehte sich um. »Sie werden in wenigen Minuten hier sein«, sagte er und verminderte die Lautstärke seiner Stimme, als sich der starke Motor verlangsamte und dann verstummte.
    »Wer wird hier sein?«, wollte Guest wissen.
    »Die anderen«, erklärte er. »Brigid, Harry und der Rest von ihnen.«
    Michael lehnte sich gegen das kalte und zusehends trüber werdende Fenster auf seiner Rechten und wischte einen Bereich davon sauber, damit er wieder ins Freie sehen konnte. Nun, da der Helikopter schwieg und sich nicht mehr bewegte, konnten sie die volle Stärke des grimmigen Windes hören und fühlen. Er pfiff durch die Rotorblätter und sie konnten fühlen, wie der Helikopter davon hin- und hergeschleudert wurde. Michael hatte sich in der Luft sicherer

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